Der Komponist, Sänger, Dirigent und Liederdichter Carl Loewe (1796-1869) war aktiver Freimaurer, was bisher eher wie eine biografische Randnotiz betrachtet wurde. Doch ergeben sich gerade aus der näheren Betrachtung dieses biografischen Aspektes neue Perspektiven sowohl auf Loewe als Komponisten wie auch als Menschen. Betrachtet man die preußischen Logen des 19. Jahrhunderts, zu denen Loewes Loge "Zu den drei Zirkeln" in Stettin zählte, schließen sich religiöse und freimaurerische Ideen keineswegs aus. Auf seinen Reisen besuchte Loewe vor Ort nicht nur andere Logen, sondern komponierte auch für sie. Der Band interpretiert diese bisher weitgehend ignorierte Facette aus Loewes Leben, indem er sich auf bis dato unbekannte Quellenfunde bezieht und von da zu weiterführenden Fragestellungen hinsichtlich der Oratorien und Balladen des Komponisten führt. Es wird an pauschalen Vorbehalten hinsichtlich der Freimaurerei gelegen haben, wenn Loewes Logengesänge bislang kaum Beachtung fanden. Die nationalsozialistische Musikgeschichtsschreibung etwa blendete die Freimaurerei aus ideologischen Gründen vollständig aus, was bis heute nachwirkt. Dabei - so belegt Franz Josef Ratte in seinem kulturgeschichtlich-biografischen Essay - ist gerade der Logengesang von großer Bedeutung für den deutschen Männergesang. Indem der Autor in seiner ausführlichen Studie vorgefertigte Urteile hinterfragt, schafft er eine breitere Kontextualisierung von Loewe-Kompositionen, die in einem kulturwissenschaftlichen Sinne biografische und gesellschaftliche Aspekte mit der Musik zusammenführt zu einer ganzheitlichen und neuen Sichtweise auf Carl Loewe.