Was, wenn ein Mädchen sich entscheidet, als Mann zu leben? Ihre Haare abschneidet, Männerkleidung trägt und ihr Verhalten der neuen Rolle anpasst? Was, wenn sie die fremde Identität mit der Zeit immer mehr verinnerlicht? "Ganz von vorn beginnen, ein neuer Mensch, selber zusammengenäht, selber gestrickt in der Finsternis." "Catalina": Das ist die Geschichte von Catalina de Erauso, die im 17. Jahrhundert lebte, eine schmale Autobiographie hinterließ und ein unglaubliches Leben führte. Markus Orths erfindet dieses Leben noch einmal neu: packend, rasant, kenntnisreich und voll unglaublicher Ereignisse und Wendungen.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Was für ein Stoff für einen historischen Roman, stöhnt Tobias Rüther: eine transsexuelle Nonne im Baskenland des 17. Jahrhunderts! Das hätte vielleicht 1995 die Herzen der Kulturwissenschaftler, Historiker, Gender Studierenden höher schlagen lassen, mosert er, als man noch an Ego-Quellen und Körperpolitiken interessiert gewesen sei. Aber jetzt? Jetzt muss man wie der Karlsruher Autor Markus Orths das historisch verbürgte Geschehen möglichst konventionell wiedergeben, ohne Stimmenzersplitterung, gebrochene Perspektiven, verborgene Zeichen. Das ist Orths auf sattsame Weise gelungen, stellt Rüther klar: sein Roman sei ein richtiger Historienschinken, der sich "saftig, deftig, schillernd, schaurig" lese. Der also mit Wonne in Stichwunden wühlt, Eiterbeulen platzen sieht, Kurpfuscher bei der Arbeit beobachtet und die Pest sich ausbreiten lässt. Das alles ist mit soviel "Fingerfertigkeit" erzählt, dass sie Rüther etwas ratlos lässt, denn die ganze Kunstfertigkeit führe irgendwann zu Langeweile - trotz des gebildet-exotischen Sujets, stellt er fest. In den gelungensten Passagen, tritt der Rezensent dann wieder zur Ehrenrettung des Buches an, sei es aber eine "Hymne auf das Erzählen" selbst, und auch wenn man das als Rezensent nicht mehr schreiben dürfe, stimme es in diesem Fall einfach.
© Perlentaucher Medien GmbH
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