Nach den Superreichen jetzt die Wunderschönen: Der neue Roman von Dirk Wittenborn, Autor des Bestsellers »Unter Wilden«
Schön, schöner, am schönsten
In seinem neuen Roman erzählt Dirk Wittenborn vom stürmischen Aufstieg und vom mysteriösen Abtauchen eines glamourösen Models namens Zoe.
Die Geschichte dieser American Beauty schildert der Modefotograf Warren Evans: Der lernt in New York das schöne und widerspenstige Mädchen aus der texanischen Provinz kennen, deren Fotos der erste Freund und Kleinganove Nicky an eine Agentur geschickt hat. Warren Evans gelingt es, Zoe mit seinen Bildern auf den Titelseiten von "Glamour" und "Vogue" zum internationalen Model-Star einer schrillen Branche zu machen. Zoe ist angekommen im Barbie-Wonderland - mit Laufstegen, Fototerminen, drogenseligen Publicity-Partys in Paris und New York, unter Filmregisseuren und Milliardären. Was keiner ahnt: Zoe sehnt sich zurück zu Nicky, zu ihrer ersten Liebe. Eines Tages taucht er wieder auf...
Catwalk erzählt eine turbulente und irrwitzige Geschichte, ein überhitztes und zugleich eisiges Gegenwartsmärchen um die Traumfabrik der Models.
Schön, schöner, am schönsten
In seinem neuen Roman erzählt Dirk Wittenborn vom stürmischen Aufstieg und vom mysteriösen Abtauchen eines glamourösen Models namens Zoe.
Die Geschichte dieser American Beauty schildert der Modefotograf Warren Evans: Der lernt in New York das schöne und widerspenstige Mädchen aus der texanischen Provinz kennen, deren Fotos der erste Freund und Kleinganove Nicky an eine Agentur geschickt hat. Warren Evans gelingt es, Zoe mit seinen Bildern auf den Titelseiten von "Glamour" und "Vogue" zum internationalen Model-Star einer schrillen Branche zu machen. Zoe ist angekommen im Barbie-Wonderland - mit Laufstegen, Fototerminen, drogenseligen Publicity-Partys in Paris und New York, unter Filmregisseuren und Milliardären. Was keiner ahnt: Zoe sehnt sich zurück zu Nicky, zu ihrer ersten Liebe. Eines Tages taucht er wieder auf...
Catwalk erzählt eine turbulente und irrwitzige Geschichte, ein überhitztes und zugleich eisiges Gegenwartsmärchen um die Traumfabrik der Models.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Nicht viel übrig hat Ingeborg Harms für Dirk Wittenborns Roman "Catwalk" aus dem New Yorker Model-Milieu, der zu ihrem Ärger auch noch als das neueste Produkt Wittenborns verkauft wird, obwohl der Roman schon 21 Jahre alt ist. Wittenborn arbeitet seit längerem erfolgreich als Drehbuchautor für Warner und Disney, und diese Ausrichtung gen Hollywood ist auch "Catwalk" anzumerken, berichtet Harms. Der Roman scheint eher als Drehbuch konzipiert zu sein, denn als literarische Erzählung. "Junk Food" für Analphabeten, lautet ihr harsches Urteil, und sie zählt Wittenborns Verfehlungen auf: ständiges Namedropping, die Ansammlung der üblichen Klischees, das Totreden von Pointen, die Reproduktion nationaler Vorurteile, das Verschenken wichtiger Themen, kurzum: der Märchenstoff vom hässlichen Entlein, das nach New York und als Model entdeckt wird, wurde verschenkt.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.09.2004Im Rinnstein des Herzens
Keine Angst vor großen Tieren: Dirk Wittenborns Model-Roman
Auf dem Schutzumschlag wird "Catwalk" als der "neue Roman" des Bestsellerautors von "Unter Wilden" gepriesen. Tatsächlich ist Dirk Wittenborns Räuberpistole aus dem Modelmilieu einundzwanzig Jahre alt und jetzt dazu verurteilt, auf der Erfolgswelle des Vorgängers nach Europa zu segeln. Die "Häßliches Entlein"-Geschichte handelt von Zoe, einem texanischen Mädchen, das Anfang der siebziger Jahre von einem modernen Robin Hood für die Modewelt entdeckt wird, während ihr edler Freund nach Vietnam geht. Ein paar Bettgeschichten und Parties später kehrt er zurück, wird abgewiesen und bewährt sich. Der Märchenstoff ist wie gemacht für Hollywood, und diese Richtung hat der seither zum Drehbuchautor "für 20th Century Fox, Disney und Warner Brothers" avancierte Autor dick über jede Seite geschrieben. Als Leser hat man daher beständig das Gefühl, im falschen Stück zu sitzen, denn der Stoff wird gleichsam für Analphabeten und mit den Bildern filmischer Junk-food-Konsumenten erzählt.
Nachdem wir auf den ersten acht Seiten der Schilderung einer ziemlich durchschnittlichen Göre lauschen müssen, die sich mit ihrem Bruder streitet und von ihrer Mutter schminken läßt, wirft der Erzähler, ein allwissender New Yorker Fotograf, bewundernd ein: "Wie soll man sie sich erklären? War ihre DNS für sie verantwortlich? Das Schicksal? Das Leben?" Nein, Dirk Wittenborn, muß man antworten, denn es fehlt die charismatische Schauspielerin, die das Geheimnis in die Teenagerfigur gelegt hätte, das der Autor auf den nächsten dreihundert Seiten so erfolglos beschwört. Um den Platz ohne große dramatische Entwicklungen zu füllen, läßt er viele Luftblasen entstehen, sein Personal versteht sich nicht mehr und dann doch wieder, reist ab und kehrt vom Flughafen zurück.
Zoe beansprucht unsere Bewunderung vor allem deshalb, weil sie "herrlich souverän und kühn" einfach keinen bewundert und die "Berühmten, die Wichtigen, die Exzentrischen" wie auch die "Guten, die Bösen und die Häßlichen" mit Grobheiten abfertigt. Im O-Ton klingt das so: "Hey, Warren, hat du Lust auf die Party, die Andy Warhol für den Schah von Persien gibt? Du weißt doch, der alte Sack, der diese Dingsbums in Paris mit dem weißen Mantel entlohnt hat?" Name dropping ist Wittenborns Lieblingsmethode, den Leser in die Knie zu zwingen. Er mischt es furchtlos mit dem Granatfeuer der gängigsten Klischees auf: Daß beim ersten Kuß die Zähne ungeschickt gegeneinanderschlagen, Robin Hood der verschämten Heldin beim ersten Beischlaf "die Arme von den Brüsten" ziehen muß und sie bei ihrem Wiedersehen zu Tiffany's stolzieren, ist ebenso öde wie die Versicherung, daß es sich bei den Entwürfen des Designers Claude um "genialen Wahnsinn" handelt.
Wie provinziell der Blick ist, den Wittenborns Erzähler auf die große Welt wirft, zeigt sich an umständlichen Erläuterungen der kleinsten Pointe. Die Robin-Hood-Figur habe das mit Fotos berühmter Freunde vollgehängte Arbeitszimmer seines Vaters "Dads Trophäenraum" genannt. "Was der Junge damit gemeint hatte", erfahren wir, "war leicht nachzuvollziehen. Zwar hingen keine Geweihe oder ausgestopfte Raubtierköpfe an den Wänden, aber die vielen gerahmten und datierten Fotos waren zweifellos Trophäen." Eine Nummer zu groß sind auch die Metaphern, mit denen "Catwalk" sich einen literarischen Anstrich gibt. "Das Napalm hatte riesige Löcher in den Rücken des Landes gebrannt", ist über Vietnam zu hören. Eine Diskothek wird so bestürmt, als wäre sie "in Berlin die einzig sichere Zuflucht vor den einmarschierenden Russen". Die von Zoe im Erzähler geweckten Gefühle sollen schlicht "den Rinnstein meines Herzens reinigen".
Sein Herz schreit weniger nach Ata als nach lindernden Essenzen, denn er ist als Impotenter von Neid zerfressen. Das Tabu-Thema wird indessen durch laue Witzchen verschenkt: "Unfähig, Gottes Sinn für Humor zu teilen, zog ich die Decke über meine Schande." Wenn der Witz nicht noch schlechter wäre, könnte man bei den Beischlafszenen von schlappen Slapsticks sprechen. Sie sind keine besonders überzeugende Entschuldigung für die vorurteilsbeladene Grimmigkeit, die der Erzähler bei der Schilderung des Modemilieus in Anschlag bringt. Ein Staragent wird als "schmuddliger Krämer" apostrophiert. Es ist der "kleine, dunkelhäutige Xavier mit dem vielen Gold im Mund, der von sich sagte, er sei ein nordafrikanischer Jude".
Als sich ein Deutscher unter die Menge mischt, ist endgültig exotisches Terrain erreicht: Sein Reichtum verrät sich durch die "D-Mark-Zeichen in den braunen Augen". Dem Disney-Texter Wittenborn zuliebe sollte man die D-Mark-Zeichen nachträglich erfinden. Daß Xavier andernorts als "kleiner Franzose" auftaucht, nützt ihm nichts, denn französische Männer sind Meister darin, "auf ölige, aufreizende Weise den dämlichsten Schwachsinn wie eine aus tiefstem Herzen kommende Wahrheit klingen zu lassen". Dirk Wittenborn hätte einiges von ihnen zu lernen.
INGEBORG HARMS.
Dirk Wittenborn: "Catwalk". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Volker Oldenburg. Dumont Verlag, Köln 2004, 316 S., geb., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Keine Angst vor großen Tieren: Dirk Wittenborns Model-Roman
Auf dem Schutzumschlag wird "Catwalk" als der "neue Roman" des Bestsellerautors von "Unter Wilden" gepriesen. Tatsächlich ist Dirk Wittenborns Räuberpistole aus dem Modelmilieu einundzwanzig Jahre alt und jetzt dazu verurteilt, auf der Erfolgswelle des Vorgängers nach Europa zu segeln. Die "Häßliches Entlein"-Geschichte handelt von Zoe, einem texanischen Mädchen, das Anfang der siebziger Jahre von einem modernen Robin Hood für die Modewelt entdeckt wird, während ihr edler Freund nach Vietnam geht. Ein paar Bettgeschichten und Parties später kehrt er zurück, wird abgewiesen und bewährt sich. Der Märchenstoff ist wie gemacht für Hollywood, und diese Richtung hat der seither zum Drehbuchautor "für 20th Century Fox, Disney und Warner Brothers" avancierte Autor dick über jede Seite geschrieben. Als Leser hat man daher beständig das Gefühl, im falschen Stück zu sitzen, denn der Stoff wird gleichsam für Analphabeten und mit den Bildern filmischer Junk-food-Konsumenten erzählt.
Nachdem wir auf den ersten acht Seiten der Schilderung einer ziemlich durchschnittlichen Göre lauschen müssen, die sich mit ihrem Bruder streitet und von ihrer Mutter schminken läßt, wirft der Erzähler, ein allwissender New Yorker Fotograf, bewundernd ein: "Wie soll man sie sich erklären? War ihre DNS für sie verantwortlich? Das Schicksal? Das Leben?" Nein, Dirk Wittenborn, muß man antworten, denn es fehlt die charismatische Schauspielerin, die das Geheimnis in die Teenagerfigur gelegt hätte, das der Autor auf den nächsten dreihundert Seiten so erfolglos beschwört. Um den Platz ohne große dramatische Entwicklungen zu füllen, läßt er viele Luftblasen entstehen, sein Personal versteht sich nicht mehr und dann doch wieder, reist ab und kehrt vom Flughafen zurück.
Zoe beansprucht unsere Bewunderung vor allem deshalb, weil sie "herrlich souverän und kühn" einfach keinen bewundert und die "Berühmten, die Wichtigen, die Exzentrischen" wie auch die "Guten, die Bösen und die Häßlichen" mit Grobheiten abfertigt. Im O-Ton klingt das so: "Hey, Warren, hat du Lust auf die Party, die Andy Warhol für den Schah von Persien gibt? Du weißt doch, der alte Sack, der diese Dingsbums in Paris mit dem weißen Mantel entlohnt hat?" Name dropping ist Wittenborns Lieblingsmethode, den Leser in die Knie zu zwingen. Er mischt es furchtlos mit dem Granatfeuer der gängigsten Klischees auf: Daß beim ersten Kuß die Zähne ungeschickt gegeneinanderschlagen, Robin Hood der verschämten Heldin beim ersten Beischlaf "die Arme von den Brüsten" ziehen muß und sie bei ihrem Wiedersehen zu Tiffany's stolzieren, ist ebenso öde wie die Versicherung, daß es sich bei den Entwürfen des Designers Claude um "genialen Wahnsinn" handelt.
Wie provinziell der Blick ist, den Wittenborns Erzähler auf die große Welt wirft, zeigt sich an umständlichen Erläuterungen der kleinsten Pointe. Die Robin-Hood-Figur habe das mit Fotos berühmter Freunde vollgehängte Arbeitszimmer seines Vaters "Dads Trophäenraum" genannt. "Was der Junge damit gemeint hatte", erfahren wir, "war leicht nachzuvollziehen. Zwar hingen keine Geweihe oder ausgestopfte Raubtierköpfe an den Wänden, aber die vielen gerahmten und datierten Fotos waren zweifellos Trophäen." Eine Nummer zu groß sind auch die Metaphern, mit denen "Catwalk" sich einen literarischen Anstrich gibt. "Das Napalm hatte riesige Löcher in den Rücken des Landes gebrannt", ist über Vietnam zu hören. Eine Diskothek wird so bestürmt, als wäre sie "in Berlin die einzig sichere Zuflucht vor den einmarschierenden Russen". Die von Zoe im Erzähler geweckten Gefühle sollen schlicht "den Rinnstein meines Herzens reinigen".
Sein Herz schreit weniger nach Ata als nach lindernden Essenzen, denn er ist als Impotenter von Neid zerfressen. Das Tabu-Thema wird indessen durch laue Witzchen verschenkt: "Unfähig, Gottes Sinn für Humor zu teilen, zog ich die Decke über meine Schande." Wenn der Witz nicht noch schlechter wäre, könnte man bei den Beischlafszenen von schlappen Slapsticks sprechen. Sie sind keine besonders überzeugende Entschuldigung für die vorurteilsbeladene Grimmigkeit, die der Erzähler bei der Schilderung des Modemilieus in Anschlag bringt. Ein Staragent wird als "schmuddliger Krämer" apostrophiert. Es ist der "kleine, dunkelhäutige Xavier mit dem vielen Gold im Mund, der von sich sagte, er sei ein nordafrikanischer Jude".
Als sich ein Deutscher unter die Menge mischt, ist endgültig exotisches Terrain erreicht: Sein Reichtum verrät sich durch die "D-Mark-Zeichen in den braunen Augen". Dem Disney-Texter Wittenborn zuliebe sollte man die D-Mark-Zeichen nachträglich erfinden. Daß Xavier andernorts als "kleiner Franzose" auftaucht, nützt ihm nichts, denn französische Männer sind Meister darin, "auf ölige, aufreizende Weise den dämlichsten Schwachsinn wie eine aus tiefstem Herzen kommende Wahrheit klingen zu lassen". Dirk Wittenborn hätte einiges von ihnen zu lernen.
INGEBORG HARMS.
Dirk Wittenborn: "Catwalk". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Volker Oldenburg. Dumont Verlag, Köln 2004, 316 S., geb., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Meisterhaft lakonische Beschreibung der Superreichen." (Stern)
"Dirk Wittenborn erzählt so liebevoll vom Schmerz des Erwachsenwerdens und der ersten Liebe, dass man sich nach der eigenen Pubertät zurücksehnt. Wundervoll" (Amica)
"Dirk Wittenborn erzählt so liebevoll vom Schmerz des Erwachsenwerdens und der ersten Liebe, dass man sich nach der eigenen Pubertät zurücksehnt. Wundervoll" (Amica)