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Was geschieht, wenn zwei Jungs bei einem Einbruch Mist bauen? Was geschicht, wenn sich die beiden besser kennen lernen und dann so richtig in der Klemme stecken? Wer ist dafür verantwortlich, wenn sich zwei Cliquen bis auf die Knochen hassen und wer ist der Mörder eines vierzehnjährigen Mädchens? Und vor allem: Was haben Cengiz und Locke damit zu tun? ...

Produktbeschreibung
Was geschieht, wenn zwei Jungs bei einem Einbruch Mist bauen? Was geschicht, wenn sich die beiden besser kennen lernen und dann so richtig in der Klemme stecken? Wer ist dafür verantwortlich, wenn sich zwei Cliquen bis auf die Knochen hassen und wer ist der Mörder eines vierzehnjährigen Mädchens? Und vor allem: Was haben Cengiz und Locke damit zu tun? ...
Autorenporträt
Zoran Drvenkar, geb. wurde 1967 in Kroatien, zog als Dreijähriger mit seinen Eltern nach Berlin. Seit über 20 Jahren arbeitet er als freier Schriftsteller. Zoran schreibt Romane, Gedichte, Theaterstücke und Kurzgeschichten über Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Er wurde für seine Bücher mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis. Zoran Drvenkar lebt heute in der Nähe von Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.09.2002

Der Ton der Straße
Coolness und Stärke: Zoran Drvenkar auf der Spur der Banden

Freitagabend in Charlottenburg: Ein paar jugoslawische Mädchen und Jungen stehen auf der Straße vor der Disko, warten, plaudern, flirten, "checken, wer kommt und geht". Ein schöner Abend. Doch plötzlich fallen Schüsse, verletzt gehen die einen zu Boden, die anderen ducken sich, dann ist es vorbei. Mit diesem spektakulären Coup eröffnet Zoran Drvenkar seinen Roman "Cengiz & Locke", eine packende Geschichte aus der Welt jugendlicher Straßenbanden in Berlin. Wer hat geschossen? Was wird die einzige Zeugin, die einen der Täter identifizieren könnte, sagen? Und was wird aus der behutsam sich anbahnenden Liebesgeschichte? Die Polizei tappt im dunkeln, aber auf der Straße formieren sich die Gangs. Mittendrin stehen Cengiz und Locke, zwei Jugendliche aus jenem Milieu zwischen Langeweile, Machotum und Ziellosigkeit, aus dem kriminelle Banden ihren Nachwuchs rekrutieren. Schnell werden die beiden hineingezogen in einen verhängnisvollen Strudel aus Gewalt und Rache. Es folgt ein Einbruch, ein Mord, und schließlich stehen zwei Unversöhnliche einander gegenüber, vermeintliche Konkurrenten im Kampf um ihr Revier, die Waffe im Anschlag. Doch schließlich deutet sich eine andere Lösung an.

Das ist der Plot, eine starke, sicher aufgebaute Kriminalgeschichte aus dem sozialen Untergrund eines Berliner Bezirks, der auch in Bochum oder in Frankfurt liegen könnte. Denn Drvenkar, Potsdamer Autor kroatischer Herkunft, zeigt nicht das übliche Roman-Berlin, nicht die pseudorepräsentative Stadt der Jungautoren und Medienmacher, sondern die sozialen Peripherien mitten in der Stadt, die Terrains einer vernachlässigten, unbehausten Jugend. Dort geht man in schmierige Imbißstuben statt in Cafés, in laute Diskos statt in Insider-Clubs, dort lungert man auf den ewigen Parkbänken herum, den Hintern auf der Lehne, die Turnschuhe auf dem Sitz. Wer hier aufwächst, dem ist die Familie ein Greuel - mit Grund. Längst hat Cengiz' brutaler Vater den Kontakt zu seinem Sohn verloren, und auch Lockes Eltern taugen nur als abschreckende Beispiele zerrütteten Kleinbürgertums. Befangen in ihren eigenen Problemen, lösen sie in Locke, der richtig Matthias heißt, bestenfalls diffuse Beschützerinstinkte aus: "Kann es wirklich sein, daß Menschen, die solch einen Müll labern, die Erlaubnis und das Recht haben, Kinder zu zeugen und von anderen Menschen ernst genommen zu werden?" fragt er sich.

All dies zeigt Drvenkar ohne eine Spur von Sozialkitsch. Er vermeidet jede Romantisierung der jugendlichen Gegenwelten, und es gelingt ihm, ein nüchternes Soziogramm ihrer spezifischen, männlich geprägten Verkehrsformen zu entwerfen. Hier kommt es an auf Stärke, Coolness, schnelle Reaktionen. Rituale regeln das Miteinander, aber auch die Feindschaften, und rigide Hierarchien bestimmen das Leben in den Cliquen. Nach außen wird konsequent auf Abgrenzung gesetzt. Doch Drvenkar geht es nicht um eine Sozialstudie über tribalisierte Lebenswelten am Rande der Kriminalität. "Cengiz & Locke" ist vor allem ein Buch über die éducation sentimentale zweier Jungen in einer sehr harten Welt. Ihnen wird die Freundschaft zum eigentlichen Zuhause - auch wenn sie manchmal Grund haben, an der Loyalität des anderen zu zweifeln.

Aber nicht nur der Krimi-Plot und der Gehalt an gesellschaftlicher Realität machen den Reiz des Buches aus. Zoran Drvenkars Leistung besteht darin, daß er zuhören kann. Er trifft den Ton der Straße, geschmeidig, rhythmisch, hart, manchmal melancholisch. Er zeigt die sprachlichen und habituellen Codes einer Subkultur mit all ihrer Poesie, mit all ihren standardisierten Manierismen: "Cool. Du kannst es kaum abwarten, hier zu verschwinden und Locke die Pillen zu präsentieren. Yo. Die Zeit brennt dir unter den Fingernägeln und dein Scheißhaar wird hoffentlich auch bald trocken, damit du das Gel reinschmieren kannst." Drvenkar erzählt das Geschehen aus verschiedenen Perspektiven und erzeugt so eine ästhetische Offenheit, die auch geübte Leser faszinieren kann. Nicht jedem muß behagen, wie beharrlich er dabei am "Du" als einer Erzählfigur an der Grenze von Bericht und Selbstgespräch festhält. Aber jeder, der sich einmal auf das atmosphärisch überzeugende Porträt zweier störrischer Helden eingelassen hat, wird Cengiz und Locke bis zum Ende die Treue halten.

HANS-JOACHIM NEUBAUER

Zoran Drvenkar: "Cengiz & Locke". Carlsen Verlag, Hamburg 2002. 317 S., geb., 16,50 [Euro]. Ab 14 J.

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