Süddeutsche ZeitungWok ’n’ Roll
Vier Bücher übers Reisen und Kochen
„Es heißt, Inder würden beim Frühstück über das Mittagessen reden und beim Mittagessen über das Abendessen“, schreibt Chetna Makan in ihrem Band „India Street Food“ – sie selbst ist da offenbar keine Ausnahme. Makan lebt inzwischen in England und arbeitet als Designerin. Der Küche ihrer indischen Heimat aber ist sie eng verbunden geblieben. So gut und authentisch man in Großbritannien jedoch indisch essen kann – Street Food gibt es dort kaum. Das aber ist Makans Leidenschaft, und so hat sie nach einem Buch über Gewürze nun eines veröffentlicht über Street Food in den vier größten Städten Indiens, in Chennai (Madras) also, Kolkata (Kalkutta), Mumbai und Delhi – verbunden natürlich mit einer ausführlichen Recherchereise.
Es ist ein Band mit etlichen Rezepten und einer jeweils kurzen Einführung in die regionalen kulinarischen Besonderheiten. Die Fotografien von Nassima Rothacker sind es jedoch vor allem, die einen hervorragenden Eindruck geben von dieser Ausprägung indischer Esskultur. Viele Straßenszenen sind abgebildet; das Chaos, für das Indien bekannt ist, kommt hier bei aller Betriebsamkeit zur Ruhe. Und vor allem sieht man, dass an den Street-Food-Ständen die sozialen Unterschiede in den Hintergrund treten. Das Buch ist eines über die Volksküche Indiens, und damit über den Alltag, über die Atmosphäre in den Metropolen, über die Lebensart.
Ein wenig anders funktioniert Fabio Haebels Band „It’s Market Day“. Auch darin finden sich etliche ästhetische Fotografien (auf denen Haebel selbst ein wenig zu oft abgebildet ist). Doch spannender ist, was der Koch auf acht Märkten erlebt, die er zu den angesagtesten in Europa erklärt. Haebel flaniert, kostet, kauft. Und auch er kommt dadurch dem jeweiligen Lebensgefühl in den betreffenden Städten oder zumindest Vierteln nah, sei es in Kopenhagen in der Torvehallerne, in Syrakus auf dem Mercato di Ortigia oder in der Berliner Markthalle Neun. Jedesmal verabredet Haebel sich mit einem Einheimischen, der ihm als Fährtensucher dient.
Auf sich allein gestellt waren hingegen Karsten Meyer und Elke Klinger, die die Seidenstraße bereist haben und unterwegs möglichst oft mit Zufallsbekannten kochen wollten. Ein charmantes Konzept, aus dem ein ambitioniertes Buch wurde. „Mann & Frau & Reisehunger“ kann man von vorne und hinten lesen, einmal mit Klingers und einmal mit Meyers Schilderungen, es enthält QR-Codes, über die man zu Fotos und Filmen gelangt. Nur eine überzeugende Geschichte fehlt. Die Erzählungen plätschern vor sich hin, von einer Banalität zur nächsten. Satt aber wird man als Leser nicht. Ein ähnliches Problem hat „Cook & Bike“ von Tom Perkins. Er ist mit einem Kumpel von London nach Kapstadt geradelt, mit Kochgeschirr in den Satteltaschen. Es gibt viele coole Fotos, dazu interessante Rezepte. Nur die vielen Menschen, mit denen Perkins gekocht hat und die diese Reise besonders gemacht hätten: Die tauchen kaum auf.
STEFAN FISCHER
Fabio Haebel: It’s Market Day. Marktfrisch auf den Teller. Brandstätter Verlag, Wien 2017. 240 Seiten, 29,90 Euro.
Chetna Makan: India Street Food. 100 authentische Rezepte aus Delhi, Kolkata, Mumbai und Chennai. Aus dem Englischen von Claudia Theis-Passaro und Annegret Hunke-Wormser. Christian Verlag, München 2017. 240 Seiten, 25 Euro.
Karsten Meyer, Elke Klinger: Mann & Frau & Reisehunger. Küchengeschichten und Schicksalsschläge auf der Seidenstraße. Stede Verlag, Jena 2017. 324 Seiten, 15,99 Euro.
Tom Perkins: Cook & Bike. Mit Rad und Wok von London nach Kapstadt. Aus dem Englischen von Anke Albrecht und Martina Walter. National Geographic Buchverlag, München 2016. 320 Seiten, 29,99 Euro.
Chennai hat unter Indiens Großstädten die kleinste Street-Food-Szene.
Einige Stände bieten ganze Mahlzeiten, andere Snacks. Mit Hühnchenfleisch gefüllte Pantaras (o.) sind eine Spezialität aus Kolkata, Poha ist
ein Frühstücksgericht, das man überall bekommt. Fotos: Nassima Rothacker
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Vier Bücher übers Reisen und Kochen
„Es heißt, Inder würden beim Frühstück über das Mittagessen reden und beim Mittagessen über das Abendessen“, schreibt Chetna Makan in ihrem Band „India Street Food“ – sie selbst ist da offenbar keine Ausnahme. Makan lebt inzwischen in England und arbeitet als Designerin. Der Küche ihrer indischen Heimat aber ist sie eng verbunden geblieben. So gut und authentisch man in Großbritannien jedoch indisch essen kann – Street Food gibt es dort kaum. Das aber ist Makans Leidenschaft, und so hat sie nach einem Buch über Gewürze nun eines veröffentlicht über Street Food in den vier größten Städten Indiens, in Chennai (Madras) also, Kolkata (Kalkutta), Mumbai und Delhi – verbunden natürlich mit einer ausführlichen Recherchereise.
Es ist ein Band mit etlichen Rezepten und einer jeweils kurzen Einführung in die regionalen kulinarischen Besonderheiten. Die Fotografien von Nassima Rothacker sind es jedoch vor allem, die einen hervorragenden Eindruck geben von dieser Ausprägung indischer Esskultur. Viele Straßenszenen sind abgebildet; das Chaos, für das Indien bekannt ist, kommt hier bei aller Betriebsamkeit zur Ruhe. Und vor allem sieht man, dass an den Street-Food-Ständen die sozialen Unterschiede in den Hintergrund treten. Das Buch ist eines über die Volksküche Indiens, und damit über den Alltag, über die Atmosphäre in den Metropolen, über die Lebensart.
Ein wenig anders funktioniert Fabio Haebels Band „It’s Market Day“. Auch darin finden sich etliche ästhetische Fotografien (auf denen Haebel selbst ein wenig zu oft abgebildet ist). Doch spannender ist, was der Koch auf acht Märkten erlebt, die er zu den angesagtesten in Europa erklärt. Haebel flaniert, kostet, kauft. Und auch er kommt dadurch dem jeweiligen Lebensgefühl in den betreffenden Städten oder zumindest Vierteln nah, sei es in Kopenhagen in der Torvehallerne, in Syrakus auf dem Mercato di Ortigia oder in der Berliner Markthalle Neun. Jedesmal verabredet Haebel sich mit einem Einheimischen, der ihm als Fährtensucher dient.
Auf sich allein gestellt waren hingegen Karsten Meyer und Elke Klinger, die die Seidenstraße bereist haben und unterwegs möglichst oft mit Zufallsbekannten kochen wollten. Ein charmantes Konzept, aus dem ein ambitioniertes Buch wurde. „Mann & Frau & Reisehunger“ kann man von vorne und hinten lesen, einmal mit Klingers und einmal mit Meyers Schilderungen, es enthält QR-Codes, über die man zu Fotos und Filmen gelangt. Nur eine überzeugende Geschichte fehlt. Die Erzählungen plätschern vor sich hin, von einer Banalität zur nächsten. Satt aber wird man als Leser nicht. Ein ähnliches Problem hat „Cook & Bike“ von Tom Perkins. Er ist mit einem Kumpel von London nach Kapstadt geradelt, mit Kochgeschirr in den Satteltaschen. Es gibt viele coole Fotos, dazu interessante Rezepte. Nur die vielen Menschen, mit denen Perkins gekocht hat und die diese Reise besonders gemacht hätten: Die tauchen kaum auf.
STEFAN FISCHER
Fabio Haebel: It’s Market Day. Marktfrisch auf den Teller. Brandstätter Verlag, Wien 2017. 240 Seiten, 29,90 Euro.
Chetna Makan: India Street Food. 100 authentische Rezepte aus Delhi, Kolkata, Mumbai und Chennai. Aus dem Englischen von Claudia Theis-Passaro und Annegret Hunke-Wormser. Christian Verlag, München 2017. 240 Seiten, 25 Euro.
Karsten Meyer, Elke Klinger: Mann & Frau & Reisehunger. Küchengeschichten und Schicksalsschläge auf der Seidenstraße. Stede Verlag, Jena 2017. 324 Seiten, 15,99 Euro.
Tom Perkins: Cook & Bike. Mit Rad und Wok von London nach Kapstadt. Aus dem Englischen von Anke Albrecht und Martina Walter. National Geographic Buchverlag, München 2016. 320 Seiten, 29,99 Euro.
Chennai hat unter Indiens Großstädten die kleinste Street-Food-Szene.
Einige Stände bieten ganze Mahlzeiten, andere Snacks. Mit Hühnchenfleisch gefüllte Pantaras (o.) sind eine Spezialität aus Kolkata, Poha ist
ein Frühstücksgericht, das man überall bekommt. Fotos: Nassima Rothacker
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