Sein neuester Werkzyklus führte den Fotografen Charles Fréger in achtzehn europäische Länder auf der Suche nach der mythologischen Figur des Wilden Mannes: Österreich, Italien, Ungarn, Slowenien, Slowakei, Spanien, Portugal, Polen, Deutschland, Griechenland, Mazedonien, Bulgarien, Tschechien, Kroatien, Schweiz, Finnland und Rumänien.Die Verwandlung des Menschen zum Biest ist ein zentraler Aspekt in über Jahrhunderte tradierten heidnischen Ritualen, die den Wechsel der Jahreszeiten, Fruchtbarkeit, Leben und Tod zelebrieren, heute noch lebendig in Fasnacht- oder Adventsbräuchen. Die Kostüme repräsentieren häufig Teufel, Ziegenböcke, wilde Eber, Bären oder den Tod, sie verwenden Masken, Hörner, Glocken, tierische Materialien wie Fell und Knochen oder pflanzliche Stoffe wie Stroh oder Kiefernzweige.Charles Fréger (_1975, Bourges, Frankreich) ist einer der wichtigsten Vertreter der jungen europäischen Fotografie. Seine Arbeit ist fast ausschließlich dem Porträt gewidmet, insbesondere der Studie uniformierter und kostümierter Kollektive und der wechselnden Identität deren Mitglieder zwischen eigenständigem Individuum und Teil einer Gemeinschaft. Fréger ist Mitbegründer der internationalen Künstlergruppe POC (Piece of Cake).
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.07.2012Wilder Mann, was tun?
Wenn die Menschen nicht länger warten wollen auf die Sonne und auf die Wärme, weil es ihnen reicht mit der Kälte und der Dunkelheit, dann verkleiden sie sich bis heute an vielen Orten Europas als wilde Figuren und treiben ihn aus, den Winter. Anderswo hingegen sollen solch wilde Figuren die Kinder davon überzeugen, künftig brav zu sein. Und wiederum in anderen Ländern vertreiben die schrecklichen Gesellen noch viel schlimmere Geister. Charles Fréger, der bekannt geworden ist mit künstlerischen Porträts, hat in achtzehn europäischen Ländern, überwiegend im Osten des Kontinents, aber auch in Finnland und Portugal, Menschen in ihren traditionellen Kostümen des Grusels fotografiert: vom Krampus übers Pelzmärtle bis zum Nuuttipukki. Entstanden ist eine beeindruckende Dokumentation am Schnittpunkt von Ethnologie, Esoterik - und Fantasy. (F.L.)
"Wilder Mann" von Charles Fréger. Mit einem Text von Robert McLiam Wilson. Kehrer Verlag, Heidelberg 2012. 272 Seiten, 170 Fotos. Gebunden, 30 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wenn die Menschen nicht länger warten wollen auf die Sonne und auf die Wärme, weil es ihnen reicht mit der Kälte und der Dunkelheit, dann verkleiden sie sich bis heute an vielen Orten Europas als wilde Figuren und treiben ihn aus, den Winter. Anderswo hingegen sollen solch wilde Figuren die Kinder davon überzeugen, künftig brav zu sein. Und wiederum in anderen Ländern vertreiben die schrecklichen Gesellen noch viel schlimmere Geister. Charles Fréger, der bekannt geworden ist mit künstlerischen Porträts, hat in achtzehn europäischen Ländern, überwiegend im Osten des Kontinents, aber auch in Finnland und Portugal, Menschen in ihren traditionellen Kostümen des Grusels fotografiert: vom Krampus übers Pelzmärtle bis zum Nuuttipukki. Entstanden ist eine beeindruckende Dokumentation am Schnittpunkt von Ethnologie, Esoterik - und Fantasy. (F.L.)
"Wilder Mann" von Charles Fréger. Mit einem Text von Robert McLiam Wilson. Kehrer Verlag, Heidelberg 2012. 272 Seiten, 170 Fotos. Gebunden, 30 Euro.
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