Nachdem die Maler Vanessa Bell und Duncan Grant 1916 in Charleston, ein südlich von London gelegenes Landhaus, eingezogen waren, schmückten sie Wände und Mobiliar farbenfroh und phantasievoll. Ihr Landhaus, ehemals geselliger und gesellschaftlicher Treffpunkt, ist heute das bedeutendste Zeugnis für den Dekorationsstil der legendären Bloomsbury-Künstler. In historischen Schwarzweißfotos und zahlreichen Farbaufnahmen ist das damalige Leben und die Atmosphäre der Räume, die sich seither kaum verändert haben, eingefangen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.12.1998Bildbände
"Charleston. Ein englisches Landhaus des Bloomsbury-Kreises" von Quentin Bell und Virginia Nicholson, Fotos von Alen MacWeeney. Christian Verlag, München 1998. 152 Seiten, zahlreiche Farbabbildungen. Gebunden, 69,90 Mark. ISBN 3-88472-353-7.
Beneidenswert die Sammlung oder das Museum, die solch ein Buch als Katalog und Führer haben. Kein trockenes Verzeichnis, statt dessen ein Bildband voll mit stimmungsvollen und auskunftsbereiten Fotografien, dazu Erinnerungen und Beschreibungen aus erster Hand: Das ist die Darstellung von "Charleston Farmhouse", dem Heim des vor allem in Großbritannien bekannten Bloomsbury-Kreises. Der im ersten Drittel unseres Jahrhunderts wirkende Freundes- und Familienzirkel aus englischen Künstlern und Intellektuellen trägt seinen Namen nach dem Londoner Stadtteil, in dem er sich gefunden hatte. Doch sein Herzstück wurde bald ein Bauernhaus in Sussex, das die Signatur des schöpferischen Lebens jener Jahre in allen ausgemalten Räumen farbenfroh bis in die Gegenwart gerettet hat. Quentin Bell, Sohn der Künstlerin Vanessa Bell, einer Mittelpunktgestalt des Kreises, zugleich ein Neffe von Vanessas Schwester Virginia Woolf, Maler, Biograph, Professor, hat bis zu seinem Tod im Jahre 1996 noch selbst in Charleston als Töpfer gewirkt. Das Manuskript für die Lebensgeschichte des Hauses, in dem er aufgewachsen ist, hat seine Tochter Virginia Nicholsen nach seinem Tod bearbeitet, teils auch ergänzt. Mit den Fotos Alen MacWeeneys, eines Vertrauten der Familie, ist es ein lesenswertes und bestaunenswertes Dokument geworden, Zeugnis einer Lebensform und einer Kreativität, die beide über die gewohnten Grenzen gingen, moralisch ebenso wie künstlerisch. Das Düfte-Durcheinander von frischem Kuchen, Blumen, Ton und Terpentin, das die Erinnerung der Nachgeborenen Virginia bestimmt, hat in dem liebevoll gestalteten Buch eine geglückte Entsprechung gefunden. Schade nur, daß der deutsche Verlag dem Haus vor der ersten Begegnung gleich mehrmals den irreführenden Begriff vom "englischen Landhaus" vorangestellt hat. Es war ein Bauernhaus und heißt noch so: "Charleston Farmhouse". Und drum herum liegt nach wie vor die Farm. (mbe)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Charleston. Ein englisches Landhaus des Bloomsbury-Kreises" von Quentin Bell und Virginia Nicholson, Fotos von Alen MacWeeney. Christian Verlag, München 1998. 152 Seiten, zahlreiche Farbabbildungen. Gebunden, 69,90 Mark. ISBN 3-88472-353-7.
Beneidenswert die Sammlung oder das Museum, die solch ein Buch als Katalog und Führer haben. Kein trockenes Verzeichnis, statt dessen ein Bildband voll mit stimmungsvollen und auskunftsbereiten Fotografien, dazu Erinnerungen und Beschreibungen aus erster Hand: Das ist die Darstellung von "Charleston Farmhouse", dem Heim des vor allem in Großbritannien bekannten Bloomsbury-Kreises. Der im ersten Drittel unseres Jahrhunderts wirkende Freundes- und Familienzirkel aus englischen Künstlern und Intellektuellen trägt seinen Namen nach dem Londoner Stadtteil, in dem er sich gefunden hatte. Doch sein Herzstück wurde bald ein Bauernhaus in Sussex, das die Signatur des schöpferischen Lebens jener Jahre in allen ausgemalten Räumen farbenfroh bis in die Gegenwart gerettet hat. Quentin Bell, Sohn der Künstlerin Vanessa Bell, einer Mittelpunktgestalt des Kreises, zugleich ein Neffe von Vanessas Schwester Virginia Woolf, Maler, Biograph, Professor, hat bis zu seinem Tod im Jahre 1996 noch selbst in Charleston als Töpfer gewirkt. Das Manuskript für die Lebensgeschichte des Hauses, in dem er aufgewachsen ist, hat seine Tochter Virginia Nicholsen nach seinem Tod bearbeitet, teils auch ergänzt. Mit den Fotos Alen MacWeeneys, eines Vertrauten der Familie, ist es ein lesenswertes und bestaunenswertes Dokument geworden, Zeugnis einer Lebensform und einer Kreativität, die beide über die gewohnten Grenzen gingen, moralisch ebenso wie künstlerisch. Das Düfte-Durcheinander von frischem Kuchen, Blumen, Ton und Terpentin, das die Erinnerung der Nachgeborenen Virginia bestimmt, hat in dem liebevoll gestalteten Buch eine geglückte Entsprechung gefunden. Schade nur, daß der deutsche Verlag dem Haus vor der ersten Begegnung gleich mehrmals den irreführenden Begriff vom "englischen Landhaus" vorangestellt hat. Es war ein Bauernhaus und heißt noch so: "Charleston Farmhouse". Und drum herum liegt nach wie vor die Farm. (mbe)
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"(...)In dem ländlichen Domizil des Maler-Paares Vanessa Bell und Duncan Grant gingen ab 1916 die Zelebritäten der Londoner Intelligenz ein und aus (...) Das Leben des sogennanten "Bloomsbury-Kreises" hinterließ seine Spuren in und um das Anwesen in den Sussex Downs. Sichtbare Spuren (...), die dieser Band im Bild festhält: ("Ein Blick ins Country-Domizil der englischen Boheme kurz nach der Jahrhundertwende sowie allerlei Praktisches für Garten und Küche."). Ein Künstlerleben in seinen Eigenheiten jenseits bürgerlicher Konventionen wird hier mit Sympathie nachgezeichnet." (Country 1/99)