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Hätte Schiller vor 250 Jahren als 'Friederike' das Licht der Welt erblickt, wäre alles anders gekommen: Frauen seiner Zeit traute man Kreativität nur in Ausnahmefällen zu und selbst dann stand ihr Geschlecht schnell wieder im Zentrum. 'Frauenzimmerlichkeiten' nannte es Goethe, wenn Weimarer Damen dichteten. Als Autorinnen interessierten Frauen kaum, die Biographen erzählten stattdessen ihre Beziehungen zu berühmten Männern. Friedrich Schillers Ehefrau Charlotte, gebürtige von Lengefeld (1766-1826), galt von jeher als mustergültig in der Erfüllung ihrer weiblichen Pflichten. Dass und was sie in…mehr

Produktbeschreibung
Hätte Schiller vor 250 Jahren als 'Friederike' das Licht der Welt erblickt, wäre alles anders gekommen: Frauen seiner Zeit traute man Kreativität nur in Ausnahmefällen zu und selbst dann stand ihr Geschlecht schnell wieder im Zentrum. 'Frauenzimmerlichkeiten' nannte es Goethe, wenn Weimarer Damen dichteten. Als Autorinnen interessierten Frauen kaum, die Biographen erzählten stattdessen ihre Beziehungen zu berühmten Männern.
Friedrich Schillers Ehefrau Charlotte, gebürtige von Lengefeld (1766-1826), galt von jeher als mustergültig in der Erfüllung ihrer weiblichen Pflichten. Dass und was sie in fast einem halben Jahrhundert schrieb, erfährt dagegen nur, wer sich ins Archiv begibt: Gedichte und Balladen, Erzählungen und Romanentwürfe, historische Dramen und Komödien, Reiseschilderungen und Reflexionen über Literatur und Philosophie. Gaby Pailer hat die handschriftlichen Nachlässe in Weimar und Marbach a. N. ausgewertet. Sie räumt mit angestaubten Mythen auf und stellt erstmals Charlotte Schillers literarische Tätigkeit im persönlichen und kulturellen Umfeld dar - vor, mit und nach dem Klassiker an ihrer Seite.
Autorenporträt
Gaby Pailer, geboren 1961, ist Professorin für Germanistik an der University of British Colombia in Vancouver, Kanada.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.08.2010

Versuch einer Ehrenrettung
Gaby Pailer widmet sich Charlotte Schiller

Charlotte Schillers Ruf ist nicht eben gut. Sie gilt als etwas biedere, klatschfreudige Frau, die sich ihrem Mann völlig unterordnete und ihn blind verehrte. Andere Frauen im Umfeld des klassischen Weimar, etwa Charlotte von Kalb oder selbst noch die eigene Schwester Caroline von Wolzogen, die mit dem Roman "Agnes von Lilien" hervorgetreten ist, haben weitaus interessantere Lebensläufe und genießen höhere intellektuelle Wertschätzung. Man muss dies voranschicken, um Gaby Pailers grundlegenden Impetus zu verstehen. Ihr geht es darum, zu zeigen, dass sich auch Charlotte Schiller weit mehr als gedacht in den literarisch-kulturellen Kontext der Zeit einfügt und sie in allen Lebensphasen literarisch aktiv war. Mithin sei sie zuvorderst als Schriftstellerin zu würdigen.

Dementsprechend bildet neben dem konventionellen Abhandeln ihrer Biographie ein fundierter Überblick über ihre literarische Hinterlassenschaft das Hauptaugenmerk des Buches. Allerdings sind dem enge Grenzen gesetzt, wie Gaby Pailer selbst konzediert. Zum einen liegt nur ein Bruchteil der Texte ediert vor, und zum anderen äußert sich Charlotte Schiller in ihren Briefen kaum zu ihren Werken, was die Datierung oftmals erschwert bis unmöglich macht. Literarischer Ehrgeiz hat ihr, wie vielen, aber eben nicht allen ihrer Geschlechtsgenossinnen ferngelegen, das Schreiben war eher eine weitgehend im Verborgenen ausgeübte Nebenbeschäftigung. Große Werke konnten ohnehin nur von Männern hervorgebracht werden, so die an Geschlechterstereotypen gebundene Einschätzung der Zeitgenossen, die Charlotte vollauf teilte.

Die Bandbreite ihrer Texte ist weit und reicht von lyrischen Versuchen über dramatische Entwürfe bis hin zu Erzählungen und Romanfragmenten. Auch thematisch zeigen sich Bezüge zur Literatur der Zeit, sei es in der Zuwendung zu antiken Themen oder im Rückgriff auf französische Erzählliteratur. Es fragt sich allerdings, ob dies nicht erwartbar war und ob man sie deshalb wirklich schon als Schriftstellerin anzusehen hat. Gaby Pailer vermeidet zwar selbst jede ästhetische oder literaturkritische Wertung, aber fast sämtliche der von ihr angeführten Zitate wecken Zweifel an der literarischen Qualität der Texte. Eine große Dichterin blieb hier sicherlich nicht unentdeckt.

Auch sonst geht Pailer äußerst wohlwollend mit ihrer Protagonistin um. Berühmt-berüchtigte Briefstellen werden exkulpiert oder dem Kontext der Zeit zugeschrieben, anderes nicht angesprochen oder rein sachlich referiert. Wenn Charlotte Schiller anlässlich des Todes der Schwester von Christiane Vulpius schreibt, dass es sie schmerzt, dass Goethes "Tränen um solche Gegenstände fließen müssen", geht dies sicherlich über die übliche Ablehnung von Goethes "dicker Hälfte" in Weimar hinaus. Und dass sie maßgeblich zur Idealisierung, ja fast schon Sakralisierung Schillers nach seinem Tod beigetragen hat, die rezeptionsgeschichtlich so fatal gewirkt hat, deutet Gaby Pailer allenfalls an. So verständlich der Versuch einer Rehabilitierung auch sein mag, überzeugender gerät er, wenn er einen kritischen Blickwinkel nicht ausschließt.

THOMAS MEISSNER

Gaby Pailer: "Charlotte Schiller". Leben und Schreiben im klassischen Weimar. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2009. 203 S., geb., 39,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Thomas Meissner vermisst den kritischen Blickwinkel in dieser die Biografie und das literarische Werk Charlotte Schillers vorstellenden Band von Gaby Pailer. Apropos literarisch. Den eher schlechten Ruf Charlotte Schillers scheint Meissner nicht zuletzt ihren lyrischen, dramatischen und prosaischen Versuchen anzulasten. Durch die von Pailer ausgewählten Textbeispiele fühlt sich der Rezensent diesbezüglich eher bestätigt denn widerlegt, die schwierige Quellenlage mit berücksichtigt. Der für Meissner auffällig wohlwollende Umgang der Autorin mit ihrer Protagonistin scheint dem Rezensenten weder mit der hier ausgebreiteten Biografie noch mit dem umfassend vorgestellten Werk Schillers begründbar.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Gaby Pailers ansprechende und kundige Monografie schließt eine lang bestehende Lücke, da sie unter Berücksichtigung vieler Archivmaterialien erstmals quellengestützt herausarbeitet, wie Charlotte auch an der Seite ihres berühmten Gatten nicht zuletzt zu ihrer dichterischen Individualität zu finden vermag.« literaturkritik.de »Gaby Pailers Buch ist ein wichtiger Beitrag zur Erforschung der Weimarer Klassik.« iasl-online