Von einer Rückkehr Chinas spricht man, weil das Reich der Mitte über den größten Teil unserer Zeitrechnung hinweg nicht nur das bei weitem bevölkerungsreichste Land und die größte Volkswirtschaft der Erde war, sondern die technologisch und administrativ fortgeschrittenste Zivilisation. Im neunzehnten Jahrhundert versank das hochentwickelte Land in tiefe Armut und wurde Halbkolonie des Westens, Russlands und Japans. Es war das Jahrhundert der Demütigung, das bis heute jeden Chinesen prägt. Im zwanzigsten Jahrhundert folgten die Schrecken der Mao-Zeit. Aber seit Dengs Reform 1978 ist China die am schnellsten wachsende Volkswirtschaft der Welt. Seine Wirtschaft ist heute fast doppelt so groß wie die Indiens und Russlands zusammen und übersteigt nach Kaufkraftparität die Japans. Setzt China seinen Aufstieg fort, wird es um 2035 die USA überholen. In den nächsten Jahrzehnten kommt eine Wirtschaftsmacht von "mehreren Japans" auf die Weltmärkte zu. Die Kraft und Ausstrahlung des chin esischen Festlandes vereint sich mit dem weltweiten Netz der Übersee-Chinesen. Während amerikanische Unternehmer am Horizont ein weltumspannendes chinesisches Wirtschaftsimperium aufsteigen sehen, tritt in der amerikanischen Außenpolitik China als der große künftige Rivale an die Stelle der früheren Sowjetunion.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Von 1995 bis 1999 hatte Konrad Seitz als deutscher Botschafter in Peking Gelegenheit, in China hinter die Kulissen zu blicken, erzählt Erwin Wickert. Sein Buch hat dem Rezensenten denn auch verdeutlicht, dass Seitz beachtliche Kenntnisse über die chinesische Geschichte und Wirtschaft besitzt. Wirtschaftliche Zusammenhänge habe der Autor sehr gut - auch anhand zahlreicher Tabellen und Grafiken - analysiert. Wickert hält das Buch daher für die beste Einführung in die gegenwärtige wirtschaftliche und finanzielle Situation Chinas, Hongkongs und Taiwans. Er bemängelt aber an der Ausgabe, dass der Verlag kein Personen- und Sachindex angefügt hat. Außerdem meint Wickert, dass Seitz die Wirtschaft zu sehr in den Vordergrund gehoben habe und wichtige innen- und außenpolitische Ereignisse entweder gar nicht oder nur ungenügend betrachtet hätte. Und dessen Prognose, China sei in 20 Jahren wieder mit Taiwan vereinigt, ist für Wickert schlicht eine Glaubensfrage.
© Perlentaucher Medien GmbH
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