Erstmals werden die globalen Veränderungen in der Weltwirtschaft analysiert, die durch Chinas geopolitisches Agieren zu erwarten sind und die sich als Gegenpol zum angelsächsischen Isolationismus abzeichnen. Das Reich der Mitte steht wie Deutschland in der US-amerikanischen Kritik zu hoher Handelsüberschüsse. Daher dreht sich das Buch um die chinesische Vision neuer Welthandelsrouten nach dem Vorbild der alten Seidenstraße(n) ins 21. Jahrhundert - die "One Belt One Road (OBOR)"-Initiative. Gestützt auf einen historischen Exkurs zu den einst weltgrößten Handelsstraßen wird gezeigt, wie sowohl Kontinente überspannend als auch auf dem maritimen Weg die betreffenden Regionen neu entwickelt und vernetzt werden sollen. Dabei geht es nicht nur um infrastrukturelle Maßnahmen, sondern auch um die Verbindung mit Innovationsstrategien in den Schlüsselbereichen jeder modernen Wirtschaft wie etwa Digitalisierung, Ressourcenschonung oder Mobilität.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.08.2018Europa muss antworten
Ein Buch über Chinas neue Seidenstraße
Kein Geringerer als der chinesische Staatspräsident Xi Jinping tritt gern als neuer engagierter Protagonist der freien Weltwirtschaft auf. Dies ist kein Wunder, denn China ist ebenso wie Deutschland einer der größten Gewinner der Globalisierung und eine Rückkehr zum Protektionismus hätte gravierende Konsequenzen für das Land. Daher propagieren chinesische Regierungsvertreter bei jeder Gelegenheit das gigantische Handelsprojekt neue Seidenstraße zu Lande und zu Wasser. Das Projekt ist alles andere als die spinnerte Vision einer Wiederbelebung der legendären Seidenstraße, die schon im 2. Jahrhundert vor Christus China über Zwischenstationen mit Europa verbunden hatte.
Mit diesem ambitionierten Megaprojekt möchte China im 21. Jahrhundert Asien und Europa nicht nur mit modernen Straßen, Schienennetzen, Schifffahrtslinien, Häfen, Industriekorridoren und Kommunikationsnetzen verbinden, sondern auch - wie von chinesischer Seite immer wieder betont wird - den friedlichen internationalen Wettbewerb zum gegenseitigen Vorteil und kulturellen Austausch fördern. Dennoch bleibt hierbei noch vieles nebulös. Daher kommt das vorliegende kenntnisreiche Buch, das von drei erkennbar sinophilen Wirtschaftswissenschaftlern verfasst wurde, zur rechten Zeit. Man nimmt es mit großen Erwartungen zur Hand und hegt die Hoffnung, hier nun eine Roadmap des Vorhabens zu finden. Stattdessen erhält man immerhin einen Kompass und vor allem viele interessante Hintergrundinformationen zum besseren Verständnis der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung Chinas.
Die Schrift beschränkt sich nicht auf die angedachten neuen logistischen Verbindungen zwischen China und Europa zu Lande und zu Wasser. Sie beschreibt den Aufbruch Chinas in die neue Zeit und vor allem auch Chinas Ambitionen, vollwertig und (mit)bestimmend in die Weltwirtschaft eingebunden zu werden. Das Autorentrio befasst sich daher auch weniger mit der Vergangenheit, in der China Werkbank des Westens für eher minderwertige, niedrigpreisige Massenprodukte war, als mit der zukünftigen Rolle des Reichs der Mitte in der digitalisierten Welt des 21. Jahrhunderts. Das Trio zeigt auf, wie China alles daransetzt, eine Spitzenposition auch technologisch zu erreichen, und welche Herausforderungen damit für den bisher eher abwartenden Westen verbunden sind. Die neue Seidenstraße soll als weltumspannende Kontinental- und Seeverbindung das 21. Jahrhundert verändern. China fordert mit der Seidenstraße die Vereinigten Staaten und Europa auf neue Weise nicht nur in Eurasien, sondern bis nach Afrika massiv heraus. Die Autoren beklagen völlig zu Recht, dass es sowohl Europa als auch den Vereinigten Staaten an einer passenden adäquaten Vision fehle.
Die Schrift skizziert vor allem das Licht und weniger den Schatten der neuen Seidenstraßen-Initiative. Im Einzelnen behandeln die Autoren die Themen Chinas neue Rolle in der Globalisierung, Dimensionen der Landprojekte der neuen Seidenstraße, Dimensionen der maritimen Seidenstraße und darin auch die besondere Rolle Griechenlands, Erfolgsbeispiele und Probleme chinesischer Innovationsstrategien insbesondere die beispielhaften und beeindruckenden Initiativen in den Feldern Digitalisierung und Elektromobilität. Das gut strukturierte Buch schließt mit einem ergänzenden lesenswerten Beitrag über den Forschungsstand zur historischen Seidenstraße.
Die Autoren äußern sich in der abschließenden Beurteilung optimistisch. Sie setzen bei ihren Bewertungen die leicht rosarot getönte Brille auf. So gehen sie kaum auf die Tatsache ein, dass China immer noch eine der restriktivsten Volkswirtschaften der Welt ist, und dass die Initiative Indien stärker in die Zange nimmt und die Anrainerstaaten in eine schwer zu schulternde Schuldenlast treibt. Es wird aber klar: Das Projekt bringt Bewegung in die zurzeit lahmende Globalisierung; dennoch dürfen die Pferdefüße des Projektes nicht ausgeblendet werden. Insbesondere muss Europa nicht nur verbal auf die chinesische Initiative antworten.
ROBERT FIETEN
Wolf D. Hartmann, Wolfgang Maennig, Run Wang: Chinas neue Seidenstraße. Kooperation statt Isolation - Der Rollentausch im Welthandel. Frankfurter Allgemeine Buch. Frankfurt am Main 2017, 214 Seiten, 19,90 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein Buch über Chinas neue Seidenstraße
Kein Geringerer als der chinesische Staatspräsident Xi Jinping tritt gern als neuer engagierter Protagonist der freien Weltwirtschaft auf. Dies ist kein Wunder, denn China ist ebenso wie Deutschland einer der größten Gewinner der Globalisierung und eine Rückkehr zum Protektionismus hätte gravierende Konsequenzen für das Land. Daher propagieren chinesische Regierungsvertreter bei jeder Gelegenheit das gigantische Handelsprojekt neue Seidenstraße zu Lande und zu Wasser. Das Projekt ist alles andere als die spinnerte Vision einer Wiederbelebung der legendären Seidenstraße, die schon im 2. Jahrhundert vor Christus China über Zwischenstationen mit Europa verbunden hatte.
Mit diesem ambitionierten Megaprojekt möchte China im 21. Jahrhundert Asien und Europa nicht nur mit modernen Straßen, Schienennetzen, Schifffahrtslinien, Häfen, Industriekorridoren und Kommunikationsnetzen verbinden, sondern auch - wie von chinesischer Seite immer wieder betont wird - den friedlichen internationalen Wettbewerb zum gegenseitigen Vorteil und kulturellen Austausch fördern. Dennoch bleibt hierbei noch vieles nebulös. Daher kommt das vorliegende kenntnisreiche Buch, das von drei erkennbar sinophilen Wirtschaftswissenschaftlern verfasst wurde, zur rechten Zeit. Man nimmt es mit großen Erwartungen zur Hand und hegt die Hoffnung, hier nun eine Roadmap des Vorhabens zu finden. Stattdessen erhält man immerhin einen Kompass und vor allem viele interessante Hintergrundinformationen zum besseren Verständnis der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung Chinas.
Die Schrift beschränkt sich nicht auf die angedachten neuen logistischen Verbindungen zwischen China und Europa zu Lande und zu Wasser. Sie beschreibt den Aufbruch Chinas in die neue Zeit und vor allem auch Chinas Ambitionen, vollwertig und (mit)bestimmend in die Weltwirtschaft eingebunden zu werden. Das Autorentrio befasst sich daher auch weniger mit der Vergangenheit, in der China Werkbank des Westens für eher minderwertige, niedrigpreisige Massenprodukte war, als mit der zukünftigen Rolle des Reichs der Mitte in der digitalisierten Welt des 21. Jahrhunderts. Das Trio zeigt auf, wie China alles daransetzt, eine Spitzenposition auch technologisch zu erreichen, und welche Herausforderungen damit für den bisher eher abwartenden Westen verbunden sind. Die neue Seidenstraße soll als weltumspannende Kontinental- und Seeverbindung das 21. Jahrhundert verändern. China fordert mit der Seidenstraße die Vereinigten Staaten und Europa auf neue Weise nicht nur in Eurasien, sondern bis nach Afrika massiv heraus. Die Autoren beklagen völlig zu Recht, dass es sowohl Europa als auch den Vereinigten Staaten an einer passenden adäquaten Vision fehle.
Die Schrift skizziert vor allem das Licht und weniger den Schatten der neuen Seidenstraßen-Initiative. Im Einzelnen behandeln die Autoren die Themen Chinas neue Rolle in der Globalisierung, Dimensionen der Landprojekte der neuen Seidenstraße, Dimensionen der maritimen Seidenstraße und darin auch die besondere Rolle Griechenlands, Erfolgsbeispiele und Probleme chinesischer Innovationsstrategien insbesondere die beispielhaften und beeindruckenden Initiativen in den Feldern Digitalisierung und Elektromobilität. Das gut strukturierte Buch schließt mit einem ergänzenden lesenswerten Beitrag über den Forschungsstand zur historischen Seidenstraße.
Die Autoren äußern sich in der abschließenden Beurteilung optimistisch. Sie setzen bei ihren Bewertungen die leicht rosarot getönte Brille auf. So gehen sie kaum auf die Tatsache ein, dass China immer noch eine der restriktivsten Volkswirtschaften der Welt ist, und dass die Initiative Indien stärker in die Zange nimmt und die Anrainerstaaten in eine schwer zu schulternde Schuldenlast treibt. Es wird aber klar: Das Projekt bringt Bewegung in die zurzeit lahmende Globalisierung; dennoch dürfen die Pferdefüße des Projektes nicht ausgeblendet werden. Insbesondere muss Europa nicht nur verbal auf die chinesische Initiative antworten.
ROBERT FIETEN
Wolf D. Hartmann, Wolfgang Maennig, Run Wang: Chinas neue Seidenstraße. Kooperation statt Isolation - Der Rollentausch im Welthandel. Frankfurter Allgemeine Buch. Frankfurt am Main 2017, 214 Seiten, 19,90 Euro
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