Der kommunistische Superheld
Mao Tse Tung, der Vorsitzende mit seinem in alle Richtungen strahlenden, weichen, warmen, leicht rötlichem Gesicht, war eine feste Grösse auf den chinesischen Propagandapostern die von 1949 bis in die frühen 80er Jahre in der Volksrepublik produziert wurden. Diese berüchtigten Poster waren wiederum nicht wegzudenken aus den chinesischen Wohnungen, Schulen, Bahnhöfen, Zeitungen und Magazinen. Der Vorsitzende wurde porträtiert in allen möglichen Posen und Situationen 'als stoischer Superheld, alias "Grosser Lehrer", "Grosser Steuermann", "Grosser Führer, zigaretterauchend mit Bauern, mit Bademantel bekleidet am Ufer des Yangtse's stehend, flankiert von alterslosen, starken, gesunden Männern, maskulinen Frauen und Kindern mit sackartiger, geschlechtsloser Bekleidung. Ziel der Poster war, der Bevölkerung zu zeigen, was als moralisch korrekt zu gelten hatte und wie gut die Zukunft des kommunistischen werde wenn jeder den selben Weg Richtung Utopia beschritte. Der Sammler dieser Poster, Michael Wolf lebte acht Jahre in China und arbeitet als Fotograf für den "Stern", für dieses Buch wurden die besten und extrem seltenen Exemplare daraus ausgesucht. Die Autorin Anchee Min ("Rote Azalee und "Madame Mao"), war eine stramme Parteigängerin und sollte in einem Film, der nach seinem Tod gestoppt wurde, Mao's Frau spielen
Mao Tse Tung, der Vorsitzende mit seinem in alle Richtungen strahlenden, weichen, warmen, leicht rötlichem Gesicht, war eine feste Grösse auf den chinesischen Propagandapostern die von 1949 bis in die frühen 80er Jahre in der Volksrepublik produziert wurden. Diese berüchtigten Poster waren wiederum nicht wegzudenken aus den chinesischen Wohnungen, Schulen, Bahnhöfen, Zeitungen und Magazinen. Der Vorsitzende wurde porträtiert in allen möglichen Posen und Situationen 'als stoischer Superheld, alias "Grosser Lehrer", "Grosser Steuermann", "Grosser Führer, zigaretterauchend mit Bauern, mit Bademantel bekleidet am Ufer des Yangtse's stehend, flankiert von alterslosen, starken, gesunden Männern, maskulinen Frauen und Kindern mit sackartiger, geschlechtsloser Bekleidung. Ziel der Poster war, der Bevölkerung zu zeigen, was als moralisch korrekt zu gelten hatte und wie gut die Zukunft des kommunistischen werde wenn jeder den selben Weg Richtung Utopia beschritte. Der Sammler dieser Poster, Michael Wolf lebte acht Jahre in China und arbeitet als Fotograf für den "Stern", für dieses Buch wurden die besten und extrem seltenen Exemplare daraus ausgesucht. Die Autorin Anchee Min ("Rote Azalee und "Madame Mao"), war eine stramme Parteigängerin und sollte in einem Film, der nach seinem Tod gestoppt wurde, Mao's Frau spielen
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.11.2003Revolution ist Pop und vor allem witzig: Ein Bildband macht dem Kunstpublikum chinesische Propaganda schmackhaft
In seiner Abteilung "Pop Culture", wo sonst die bunten Bücher über Tatoos, Plattencover und Pin-up-Girls erscheinen, offeriert der Kölner Taschen Verlag jetzt einen großformatigen, verschwenderisch ausgestatteten Bildband mit Propagandaplakaten der Volksrepublik China. In exzellenter Druckqualität sieht man dort, meist über zwei Seiten hinweg, lachende Soldaten, Bauern, Arbeiter, Studenten und Kinder bei ihrer täglichen Arbeit, die, woran die sorgfältig übersetzten Schriftzeichen keinen Zweifel lassen, immer auch eine ideologische ist.
Gleich ob diese fröhlichen Menschen Schüsseln waschen, die Ernte einbringen, in den Krieg ziehen oder ihre Schulaufgaben erledigen: Immer haben sie dabei die Revolution und das Vaterland im Sinn. Noch die unscheinbarste Verrichtung wird zu einem "Kampf", dessen Bedeutung weit über den einzelnen hinausreicht. "Fest entschlossen sein, keine Opfer scheuen und alle Schwierigkeiten überwinden, um den Sieg zu erringen", heißt es in den "Worten des Vorsitzenden Mao Tse-tung", deren dreiunddreißig Kapitel die Gliederung des Bandes vorgeben. Die ausgewählten Parolen Maos sind in überdimensionierten weißen Lettern auf goldenem Grund gedruckt. Man kann sich fragen: Warum? Warum dieses ganze Buch? Zweifellos haben die Plakate aus der Sammlung des deutschen Fotografen Michael Wolf einen großen dokumentarischen Wert. Hier lassen sich die älteren ikonographischen Muster, auf die die Kommunisten zurückgriffen, ebenso gut studieren wie die Wandlung der Themen und Stile im Lauf der Jahrzehnte.
Doch die geschmäcklerische Machart legt nahe, daß dies nicht der Hauptzweck dieser Ausgabe ist. Die hyperrealistischen bunten Bilder scheinen hier eher als eine Schwundstufe der Pop-art durchzugehen. Als Andy Warhol seinen Siebdruck des klassischen Mao-Bildnisses machte, spielte er noch mit der Spannung von Macht, Ideologie und westlicher Massenkultur. Diese Spannung hat sich mittlerweile aufgelöst: Heute werden die Propagandaplakate offenbar als nichts anderes denn Pop wahrgenommen, der als gesunkenes Kulturgut seinerseits nichts anderes als ulkig sein will. Am Ende wirken die Bilder enthusiastischer Rotgardisten auf die internationale Kunstkonsumenten-Community, an die sich der Prachtband richtet, vielleicht noch witziger als die Autos aus den fünfziger Jahren, über die derselbe Verlag gleichfalls ein Buch im Programm hat.
Die realen Schrecken der maoistischen Ära können in den einleitenden Essays da natürlich nur am Rande vorkommen, Auf einigen der Plakate kann man sie freilich auch so erahnen. Unsere Abbildung trägt den Titel: "Schlagt den Bösewicht!" Das Kulturhaus des Kreises Xiong in der Provinz Hebei wollte damit offenbar schon den Kindern "die richtige Behandlung der Widersprüche im Volke" nahelegen, wie die Kapitelüberschrift lautet. Das Plakat vertrieb der Volks-Kunstverlag Hebei 1966; im selben Jahr begann die Kulturrevolution. ("Chinese Propaganda Posters". Mit Texten von Anchee Min, Duo Duo, Stefan R. Landsberger. Taschen Verlag, Köln 2003. 320 S., br., 29,99 [Euro].)
MARK SIEMONS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
In seiner Abteilung "Pop Culture", wo sonst die bunten Bücher über Tatoos, Plattencover und Pin-up-Girls erscheinen, offeriert der Kölner Taschen Verlag jetzt einen großformatigen, verschwenderisch ausgestatteten Bildband mit Propagandaplakaten der Volksrepublik China. In exzellenter Druckqualität sieht man dort, meist über zwei Seiten hinweg, lachende Soldaten, Bauern, Arbeiter, Studenten und Kinder bei ihrer täglichen Arbeit, die, woran die sorgfältig übersetzten Schriftzeichen keinen Zweifel lassen, immer auch eine ideologische ist.
Gleich ob diese fröhlichen Menschen Schüsseln waschen, die Ernte einbringen, in den Krieg ziehen oder ihre Schulaufgaben erledigen: Immer haben sie dabei die Revolution und das Vaterland im Sinn. Noch die unscheinbarste Verrichtung wird zu einem "Kampf", dessen Bedeutung weit über den einzelnen hinausreicht. "Fest entschlossen sein, keine Opfer scheuen und alle Schwierigkeiten überwinden, um den Sieg zu erringen", heißt es in den "Worten des Vorsitzenden Mao Tse-tung", deren dreiunddreißig Kapitel die Gliederung des Bandes vorgeben. Die ausgewählten Parolen Maos sind in überdimensionierten weißen Lettern auf goldenem Grund gedruckt. Man kann sich fragen: Warum? Warum dieses ganze Buch? Zweifellos haben die Plakate aus der Sammlung des deutschen Fotografen Michael Wolf einen großen dokumentarischen Wert. Hier lassen sich die älteren ikonographischen Muster, auf die die Kommunisten zurückgriffen, ebenso gut studieren wie die Wandlung der Themen und Stile im Lauf der Jahrzehnte.
Doch die geschmäcklerische Machart legt nahe, daß dies nicht der Hauptzweck dieser Ausgabe ist. Die hyperrealistischen bunten Bilder scheinen hier eher als eine Schwundstufe der Pop-art durchzugehen. Als Andy Warhol seinen Siebdruck des klassischen Mao-Bildnisses machte, spielte er noch mit der Spannung von Macht, Ideologie und westlicher Massenkultur. Diese Spannung hat sich mittlerweile aufgelöst: Heute werden die Propagandaplakate offenbar als nichts anderes denn Pop wahrgenommen, der als gesunkenes Kulturgut seinerseits nichts anderes als ulkig sein will. Am Ende wirken die Bilder enthusiastischer Rotgardisten auf die internationale Kunstkonsumenten-Community, an die sich der Prachtband richtet, vielleicht noch witziger als die Autos aus den fünfziger Jahren, über die derselbe Verlag gleichfalls ein Buch im Programm hat.
Die realen Schrecken der maoistischen Ära können in den einleitenden Essays da natürlich nur am Rande vorkommen, Auf einigen der Plakate kann man sie freilich auch so erahnen. Unsere Abbildung trägt den Titel: "Schlagt den Bösewicht!" Das Kulturhaus des Kreises Xiong in der Provinz Hebei wollte damit offenbar schon den Kindern "die richtige Behandlung der Widersprüche im Volke" nahelegen, wie die Kapitelüberschrift lautet. Das Plakat vertrieb der Volks-Kunstverlag Hebei 1966; im selben Jahr begann die Kulturrevolution. ("Chinese Propaganda Posters". Mit Texten von Anchee Min, Duo Duo, Stefan R. Landsberger. Taschen Verlag, Köln 2003. 320 S., br., 29,99 [Euro].)
MARK SIEMONS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Der Taschen Verlag offeriert diesen großformatigen und "verschwenderisch ausgestatteten Bildband", dessen dreiunddreißig Kapitel eingeleitet und gegliedert werden durch die "in überdimensionierten weißen Lettern auf goldenem Grund" gedruckten "Worte des Vorsitzenden Mao Tse-Tung", in seiner Abteilung "Pop Culture", berichtet Mark Siemons - in einer Reihe also, in der sonst "Tatoos, Plattencover und Pin-up-Girls" erscheinen. Der Rezensent findet dies zumindest bemerkenswert und erklärt sich diesen Umstand so: "Heute werden die Propagandaplakate offenbar als nichts anderes denn Pop wahrgenommen, der als gesunkenes Kulturgut seinerseits nichts als ulkig sein will." Auf die "internationale Kunstkonsumenten-Community", an die dieser Prachtband sich richte, würden die Bilder enthusiastischer Rotarmisten, vermutet Siemons, am Ende vielleicht sogar noch witziger wirken als die Autos aus den fünfziger Jahren, über die Taschen ebenfalls ein Buch im Programm habe. Aber selbst wenn die Schrecken der maoistischen Ära "natürlich" auch in den einleitenden Essays nur am Rande vorkommen könnten, so könne man sie, wie Siemons abschließend anmerkt, auf einigen der Plakate freilich auch so erahnen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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