Aufgabe der experimentellen und klinischen Forschung in unserem Fach ist es, über die Empirie hinaus den Weg für die praktische Chirurgie von morgen zu bahnen. Beide Richtungen werden dann besonders fruchtbar sein, wenn sie sich nicht als Gegensatz, sondern als Ergänzung verstehen. Selbstverständlich ist sich der verantwortungsvolle Chirurg stets mit Anerkennung und Dankbarkeit all der Fortschritte bewußt, die gerade in den letzten 100 Jahren die nicht-chirurgischen Disziplinen mit ihrer Grundlagenforschung (wie zum Beispiel die Pathologie und Bakteriologie, Haematologie, Biochemie und Elektronik bis zur Immunologie etc.) der operativen Medizin beschert haben. Trotzdem sollte die chirurgische Forschung in der Klinik ebenso wie im experimentellen Laboratorium Anregung und Ziel ihrer Arbeitsprojekte vorwiegend als Dienst am kranken Menschen verstehen. Hierbei ist es keineswegs ausgeschlossen, daß die Exposition mit dem Krankenbett oftmals ganz unerwartet den Anstoß für neuartige Entwicklungen eröffnet, die in ganz anderer Richtung zum klinischen Tragen kommen. Als viel leicht spektakulärstes Beispiel sei hier nur die Entwicklung des extra korporalen Kreislaufs durch John Gibbon angeführt, die ursprünglich dem verzweifelten Wunsch eines jungen Chirurgen nach einem tempo rären "Lungenersatz" zur Behandlung der fulminanten pulmonalen Em bolie entsprang und in der Folgezeit das Tor zu den bis dahin unvorstell baren Operationsverfahren am offenen Herzen aufstieß.
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