Ich möchte dieser Rezension vorausschicken, dass ich seit Jahren gerne Kunde des Mantikore Verlags bin. Umso frustrierender ist es nun, was Mantikore mit Choose Cthulhu 1 dem Leser zumutet.
Die Erzählstruktur hat wenig mit den Konventionen eines SPIEL-Buchs zu tun, sondern gestaltet sich als
reinrassige Choose-your-own-Adventure-Geschichte ohne Regelwerk, Würfel oder Charakterbogen. An sich…mehrIch möchte dieser Rezension vorausschicken, dass ich seit Jahren gerne Kunde des Mantikore Verlags bin. Umso frustrierender ist es nun, was Mantikore mit Choose Cthulhu 1 dem Leser zumutet.
Die Erzählstruktur hat wenig mit den Konventionen eines SPIEL-Buchs zu tun, sondern gestaltet sich als reinrassige Choose-your-own-Adventure-Geschichte ohne Regelwerk, Würfel oder Charakterbogen. An sich noch kein Problem, jedoch ist die erzählte Geschichte denkbar simpel und linear aufgebaut. Man folgt einem schnurgeraden Storyschlauch, der an einigen wenigen Stellen erlaubt, die Reihenfolge der Geschehnisse zu bestimmen – mehr aber nicht. Keine interessanten Entscheidungen, kein Gefühl der Interaktion. Zwischendurch werden ein paar unmotivierte Todes- oder Wahnsinns-Gameovers eingestreut. Die überwältigende Mehrheit der 111 bzw. 100 Abschnitte (dazu gleich mehr) endet in der Anweisung, beim nächsten Abschnitt weiterzulesen. Bis zu sechs Mal hintereinander. Hier wurde ganz offensichtlich nicht für ein Spielbuch geschrieben, sondern eine existierende Kurzgeschichte ein wenig verhackstückt.
Dies alles lässt sich allerdings noch als Geschmacksfrage verbuchen.
Das Buch strotzt nur so vor handwerklichen Fehlern. Der erste Klopper befindet sich bereits auf dem Klappentext. Weitere orthographische, grammatische, lexikalische oder Interpunktions-Fehler finden sich auf den Seiten 7 (mehrfach), 10, 16, 17, 22, 28, 30, 31, 41 (mehrfach), 43, 47 (mehrfach), 49, 50, 52, 56, 58 (mehrfach), 66, 79, 81 (mehrfach), 83, 84, 88, 89, 95, 96, 98, 100, 105, 109, 111, 120 (mehrfach) und 124. Das ist für ein Buch mit 175 Seiten Umfang nicht akzeptabel. Dabei sind inhaltliche Unstimmigkeiten und inkonsistente Begrifflichkeiten wie auf den Seiten 12, 48, 49, 91, 97 und 99 noch nicht mit eingerechnet.
Die sprachliche Qualität bewegt sich allgemein auf einem erschreckend niedrigen Niveau. Dieses Produkt hat merklich nie ein Lektorat bzw. eine Qualitätskontrolle durchlaufen. Unschöne Satz- und Layout-Unarten wie bis zu sechs (!) aufeinanderfolgende, teilweise falsche Trennungen am Zeilenende sind da noch die Spitze des sprichwörtlichen Eisbergs. Wirr verschachtelte Parataxen-Labyrinthe wechseln sich mit kindlichsten Hauptsatzreihungen ab. Ständige Wortwiederholungen und monotoner Satzbau („Du gehst… Du kletterst… Du weißt…“) sind die Regel. Holprige Einschübe durch Gedankenstriche oder Klammern machen es zusätzlich unnötig schwer, dem Sinn der Erzählung zu folgen. Die durchgehend ungelenke Wortwahl und krachend schiefe Bildsprache unterstreichen das katastrophale literarische Gesamtbild.
Wo wir schon bei der Frage des Gegenwerts sind, kommen wir nun zum Hauptgegenstand meiner Kritik: Nur 111 der ohnehin mageren 175 Seiten des Buchs werden vom Spielbuch ausgefüllt. Stolze 57 Seiten nehmen ein völlig überflüssiger Anhang sowie eine gemeinfreie Lovecraft-Kurzgeschichte ein, die in einem Spielbuch nichts verloren hat und ganz offensichtlich als massiver Seitenfüller mit ins Buch gepackt wurde. Zudem werden die 11 im Spielbuch enthaltenen einseitigen Illustrationen ohne erkennbaren Grund als eigene Abschnitte behandelt – ein beinahe verzweifelt wirkendes Manöver, um die Zahl der Spielabschnitte mit Ach und Krach auf 111 zu strecken.
Für diesen Preis ist das völlig indiskutabel. Um der in diesem speziellen Fall wirklich irritierenden Produkt- und Preispolitik noch die Krone aufzusetzen, wird die Seitenzahl im Mantikore-Shop und allen entsprechenden Online-Portalen mit 220 angegeben. Das ist falsch. Sie beträgt 175, und da sind all die oben genannten Füller noch abzuziehen. Das Buch wird mit einem Viertel mehr Umfang beworben als tatsächlich vorhanden ist.
An diesem Punkt fällt es langsam schwer, keine planvolle Irreführung des Käufers zu vermuten.
Mein Vertrauen als Kunde ist nachhaltig erschüttert – dies war mit Sicherheit mein letzter Kauf ohne eingehende Recherche im Vorfeld.