'A fascinating story about a religion in a surprisingly precarious position' Dan Jones, Sunday Times 'Superb storytelling ... captivating and profound' Literary Review 'A page-turner' The Spectator In the fourth century AD, a new faith exploded out of Palestine. Overwhelming the paganism of Rome, and converting the Emperor Constantine in the process, it resoundingly defeated a host of other rivals. Almost a thousand years later, all of Europe was controlled by Christian rulers, and the religion, ingrained within culture and society, exercised a monolithic hold over its population. But, as Peter Heather shows in this compelling history, there was nothing inevitable about Christendom's rise to Europe-wide dominance. In exploring how the Christian religion became such a defining feature of the European landscape, and how a small sect of isolated congregations was transformed into a mass movement centrally directed from Rome, Heather shows how Christendom constantly battled against both so-called 'heresies' and other forms of belief. From the crisis that followed the collapse of the Roman Empire, which left the religion teetering on the edge of extinction, to the astonishing revolution in which the Papacy emerged as the head of a vast international corporation, Heather traces Christendom's chameleon-like capacity for self-reinvention and willingness to mobilize well-directed force. Christendom's achievement was not, or not only, to define official Christianity, but - from its scholars and its lawyers, to its provincial officials and missionaries in far-flung corners of the continent - to transform it into an institution that wielded effective religious authority across nearly all of the disparate peoples of medieval Europe. This is its extraordinary story.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.02.2024In Nicäa hätte es auch anders ausgehen können
Herrscher und Eliten stellten die Weichen: Peter Heather über den Weg der lateinischen Christenheit
In der säkularisierten Gesellschaft erwacht ein neues Interesse am Christentum als historischem Gegenstand, und dies gerade bei manchen, die ihm fernstehen, ohne zu seinen Verächtern zu zählen. Den Schriftsteller Tom Holland könnte man hier nennen, ebenso Jürgen Habermas, aber auch Peter Heather, der in London mittelalterliche Geschichte lehrt. Er beschreibt sich als einen abgefallenen Anglikaner, wenngleich er weiterhin gerne zur Kirche gehe.
Eindringlich vergegenwärtigt er den Aufstieg des Christentums von der Zeit Kaiser Konstantins des Großen (306-337) bis ins vierzehnte Jahrhundert und würdigt zugleich Vielfalt und Veränderlichkeit der Religion. "Christendom" steht im Titel; faktisch geht es großenteils um die lateinische Christenheit, wie Heather selbst einräumt: Behandelt er für die ersten Jahrhunderte das gesamte Mediterraneum einschließlich des gräkophonen Ostens, so fokussiert er ab dem Vordringen des Islams ganz auf den lateinischsprachigen Westen. Gelegentlich blickt er auf Byzanz, noch seltener auf die sogenannten orientalischen Kirchen. Gerade die letztere Beschränkung hat auch inhaltliche Folgen: Heather behandelt ein Christentum an der Macht, während Christen im Nahen Osten sich mit der Dominanz religiöser Gegner arrangieren mussten und so ein anderes Verhältnis zur Politik entwickelten, auch eine andere Spiritualität und Theologie als die Okzidentalen.
Heathers Darstellung ist nicht handbuchartig gleichmäßig. Er identifiziert vielmehr drei "revolutionäre" Phasen, in denen politische Kontexte zu einem grundlegenden Wandel des Christentums führen. Den Beginn bildet die Romanisierung des Christentums - pointiert spricht Heather nicht, wie üblich, von der Christianisierung des Römischen Reiches, um so die prägende Wirkung des Politischen herauszustellen. War das Christentum vor Konstantin vielfältig gewesen, so hat nun der Kaiser die Möglichkeit, die Religion durch Beschlüsse von Konzilen und durch Gesetze zu homogenisieren. Wesentliche Bedeutung erlangen die Bischöfe, die den kaiserlichen Machtanspruch in die Weite des Reiches tragen. Überdies veranlasst die Entscheidung Konstantins die landbesitzenden Eliten dazu, sich dem Christentum zuzuwenden, um ihre soziale Position nicht zu gefährden.
Mit der Auflösung des Römischen Reiches setzt die nächste Phase ein. Das Ostreich schrumpft unter dem Druck der Araber. Ganz anders die Lage im Westen: Hier verschwindet das Kaisertum, und es entsteht eine Vielzahl oft prekärer postromanischer Königtümer, deren Herrscher nach und nach das Christentum annehmen. Nunmehr beruht der Erfolg des Christentums darauf, dass seine Vertreter sich kriegerische Werte anverwandeln. Denn auch in dieser Phase ist der Übertritt der Eliten, die sich eben militärisch definieren, ausschlaggebend.
Für die dritte Phase steht das Kaisertum der Karolinger, Ottonen und auch der Salier. Sie prägen das zweite Zeitalter eines christlichen Reiches, das zunächst wieder auf einen Kaiser ausgerichtet ist. Die lateinische Christenheit dehnt sich weit nach Norden und Osten aus, versucht sogar, das Heilige Land zurückzugewinnen. Gerade diese Ausdehnung trägt indes dazu bei, dass anstelle des Kaisers der Bischof von Rom zur überall anerkannten Schlüsselgestalt wird, was sich bei den Kreuzzügen ebenso zeigt wie in der Vereinheitlichung des kanonischen Rechts. Der Papst beruft jetzt Konzile ein, nicht der Kaiser.
Diese eher abstrakten Entwicklungen beschreibt Heather plastisch. Cameos, die dem Leser einzelne Personen nahebringen, bereichern die Darstellung ebenso wie die packende Erzählung bestimmter Episoden. Dass bei einem so weit ausgreifenden Werk manches Umstrittene wie gesichertes Wissen erscheint, dass auch Irrtümer vorkommen, versteht sich. Diese müssen die jeweiligen Spezialisten benennen; sie schmälern indes nicht das anregende Potential des Werkes. Besonders nachdrücklich betont Heather die Kontingenz des Triumphs des Christentums. Oft führten durch äußere Umstände bedingte Geschehnisse zu christlichen Erfolgen. Keineswegs entsprach es einer theologischen Eigenlogik, wenn bestimmte Formen des Christentums sich behaupteten. Obgleich heute das Glaubensbekenntnis des Konzils von Nicäa für alle Christen verbindlich ist, hätten sich auch dessen Gegner durchsetzen können, die lange die postromanischen Königtümer im westlichen Mittelmeerraum dominierten. Erst als der nicänisch gesinnte Kaiser Justinian die Mächtigsten unter ihnen beseitigte, war der Sieg seiner Konfession gesichert.
Das entspricht dem Grundgedanken des Buchs: Der Triumph des Christentums erfolgt großenteils machtgestützt, abhängig von Entscheidungen der Herrscher, denen die Eliten folgen und dann auch die anderen. Zwar leugnet Heather die Bedeutung von Frömmigkeit als Handlungsmotivation keineswegs. Letztlich sind es jedoch machtvolle Monarchen und der Papst, die den Gang der Geschichte steuern; Zwang, der den Nächsten zum wahren Glauben führen soll, spielt eine große Rolle - darüber handelt nicht zufällig das letzte Kapitel. Fragen der Grenzen von herrscherlicher Macht erörtert Heather nur am Rande. Die Notwendigkeit für jeden Herrscher, mit seinen Maßnahmen die Akzeptanz wichtiger Gruppen und dann auch von Frommen zu gewinnen, die eine Förderung des Christentums wünschten, stellt er selten in Rechnung.
So entsteht eine Geschichte des Christentums, die der zentralen politischen Macht ein großes, möglicherweise zu großes Gewicht zuschreibt. Doch das bedeutet nicht, dass der Autor den Sieg des Christentums auf Machtfragen reduziert; bestimmend bleibt vielmehr eine Haltung von respektvollem Unglauben, ein gelassener Umgang mit einem historischen Phänomen, das früher die Gemüter zu erregen vermochte. HARTMUT LEPPIN
Peter Heather: "Christendom". The Triumph of a Religion.
Penguin Random House, New York 2023. 736 S., Abb., geb., 23,75 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Herrscher und Eliten stellten die Weichen: Peter Heather über den Weg der lateinischen Christenheit
In der säkularisierten Gesellschaft erwacht ein neues Interesse am Christentum als historischem Gegenstand, und dies gerade bei manchen, die ihm fernstehen, ohne zu seinen Verächtern zu zählen. Den Schriftsteller Tom Holland könnte man hier nennen, ebenso Jürgen Habermas, aber auch Peter Heather, der in London mittelalterliche Geschichte lehrt. Er beschreibt sich als einen abgefallenen Anglikaner, wenngleich er weiterhin gerne zur Kirche gehe.
Eindringlich vergegenwärtigt er den Aufstieg des Christentums von der Zeit Kaiser Konstantins des Großen (306-337) bis ins vierzehnte Jahrhundert und würdigt zugleich Vielfalt und Veränderlichkeit der Religion. "Christendom" steht im Titel; faktisch geht es großenteils um die lateinische Christenheit, wie Heather selbst einräumt: Behandelt er für die ersten Jahrhunderte das gesamte Mediterraneum einschließlich des gräkophonen Ostens, so fokussiert er ab dem Vordringen des Islams ganz auf den lateinischsprachigen Westen. Gelegentlich blickt er auf Byzanz, noch seltener auf die sogenannten orientalischen Kirchen. Gerade die letztere Beschränkung hat auch inhaltliche Folgen: Heather behandelt ein Christentum an der Macht, während Christen im Nahen Osten sich mit der Dominanz religiöser Gegner arrangieren mussten und so ein anderes Verhältnis zur Politik entwickelten, auch eine andere Spiritualität und Theologie als die Okzidentalen.
Heathers Darstellung ist nicht handbuchartig gleichmäßig. Er identifiziert vielmehr drei "revolutionäre" Phasen, in denen politische Kontexte zu einem grundlegenden Wandel des Christentums führen. Den Beginn bildet die Romanisierung des Christentums - pointiert spricht Heather nicht, wie üblich, von der Christianisierung des Römischen Reiches, um so die prägende Wirkung des Politischen herauszustellen. War das Christentum vor Konstantin vielfältig gewesen, so hat nun der Kaiser die Möglichkeit, die Religion durch Beschlüsse von Konzilen und durch Gesetze zu homogenisieren. Wesentliche Bedeutung erlangen die Bischöfe, die den kaiserlichen Machtanspruch in die Weite des Reiches tragen. Überdies veranlasst die Entscheidung Konstantins die landbesitzenden Eliten dazu, sich dem Christentum zuzuwenden, um ihre soziale Position nicht zu gefährden.
Mit der Auflösung des Römischen Reiches setzt die nächste Phase ein. Das Ostreich schrumpft unter dem Druck der Araber. Ganz anders die Lage im Westen: Hier verschwindet das Kaisertum, und es entsteht eine Vielzahl oft prekärer postromanischer Königtümer, deren Herrscher nach und nach das Christentum annehmen. Nunmehr beruht der Erfolg des Christentums darauf, dass seine Vertreter sich kriegerische Werte anverwandeln. Denn auch in dieser Phase ist der Übertritt der Eliten, die sich eben militärisch definieren, ausschlaggebend.
Für die dritte Phase steht das Kaisertum der Karolinger, Ottonen und auch der Salier. Sie prägen das zweite Zeitalter eines christlichen Reiches, das zunächst wieder auf einen Kaiser ausgerichtet ist. Die lateinische Christenheit dehnt sich weit nach Norden und Osten aus, versucht sogar, das Heilige Land zurückzugewinnen. Gerade diese Ausdehnung trägt indes dazu bei, dass anstelle des Kaisers der Bischof von Rom zur überall anerkannten Schlüsselgestalt wird, was sich bei den Kreuzzügen ebenso zeigt wie in der Vereinheitlichung des kanonischen Rechts. Der Papst beruft jetzt Konzile ein, nicht der Kaiser.
Diese eher abstrakten Entwicklungen beschreibt Heather plastisch. Cameos, die dem Leser einzelne Personen nahebringen, bereichern die Darstellung ebenso wie die packende Erzählung bestimmter Episoden. Dass bei einem so weit ausgreifenden Werk manches Umstrittene wie gesichertes Wissen erscheint, dass auch Irrtümer vorkommen, versteht sich. Diese müssen die jeweiligen Spezialisten benennen; sie schmälern indes nicht das anregende Potential des Werkes. Besonders nachdrücklich betont Heather die Kontingenz des Triumphs des Christentums. Oft führten durch äußere Umstände bedingte Geschehnisse zu christlichen Erfolgen. Keineswegs entsprach es einer theologischen Eigenlogik, wenn bestimmte Formen des Christentums sich behaupteten. Obgleich heute das Glaubensbekenntnis des Konzils von Nicäa für alle Christen verbindlich ist, hätten sich auch dessen Gegner durchsetzen können, die lange die postromanischen Königtümer im westlichen Mittelmeerraum dominierten. Erst als der nicänisch gesinnte Kaiser Justinian die Mächtigsten unter ihnen beseitigte, war der Sieg seiner Konfession gesichert.
Das entspricht dem Grundgedanken des Buchs: Der Triumph des Christentums erfolgt großenteils machtgestützt, abhängig von Entscheidungen der Herrscher, denen die Eliten folgen und dann auch die anderen. Zwar leugnet Heather die Bedeutung von Frömmigkeit als Handlungsmotivation keineswegs. Letztlich sind es jedoch machtvolle Monarchen und der Papst, die den Gang der Geschichte steuern; Zwang, der den Nächsten zum wahren Glauben führen soll, spielt eine große Rolle - darüber handelt nicht zufällig das letzte Kapitel. Fragen der Grenzen von herrscherlicher Macht erörtert Heather nur am Rande. Die Notwendigkeit für jeden Herrscher, mit seinen Maßnahmen die Akzeptanz wichtiger Gruppen und dann auch von Frommen zu gewinnen, die eine Förderung des Christentums wünschten, stellt er selten in Rechnung.
So entsteht eine Geschichte des Christentums, die der zentralen politischen Macht ein großes, möglicherweise zu großes Gewicht zuschreibt. Doch das bedeutet nicht, dass der Autor den Sieg des Christentums auf Machtfragen reduziert; bestimmend bleibt vielmehr eine Haltung von respektvollem Unglauben, ein gelassener Umgang mit einem historischen Phänomen, das früher die Gemüter zu erregen vermochte. HARTMUT LEPPIN
Peter Heather: "Christendom". The Triumph of a Religion.
Penguin Random House, New York 2023. 736 S., Abb., geb., 23,75 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main