Seit knapp zwanzig Jahren regiert er unangefochten die bayerische Landeshauptstadt München. Jetzt will er Ministerpräsident des weiß-blauen Freistaats werden: Christian Ude, der nach Ansicht der BayernSPD "bekannteste und beliebteste Politiker Bayerns". Wird es ihm im September 2013 gelingen, was seit über einem halben Jahrhundert noch keinem SPD-Politiker in Bayern gelungen ist, die Christsozialen in die Opposition zu schicken? Die neue Biographie folgt den mannigfachen Spuren dieser charismatischen und vielseitig begabten Persönlichkeit. Einst als Jungsozialist und "Schrecken der Miethaie" gefürchtet, dann als Münchner "Sonnenkönig" gerühmt, der auf Mykonos ein schmuckes Ferienhaus besitzt, beim Oktoberfest auf Anhieb ein Fass Bier anzapft und gleichzeitig als Kabarettist mit Witz und Ironie auf der Bühne glänzt. Die Geschichte eines Mannes, glänzend erzählt, spannend geschrieben, amüsant, mitunter augenzwinkernd ironisch.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.01.2013Isar-Pegel
Alles über Christian Ude
Den Biographen verlässt rasch der Mut. Das Buch über Christian Ude trägt den forschen Untertitel "Vom Rathaus in die Staatskanzlei" - als sei es unausweichlich, dass der Münchner Oberbürgermeister und Sozialdemokrat im nächsten Herbst zum bayerischen Ministerpräsidenten gewählt wird. Schon nach wenigen Sätzen mag Rainer Ostermann Voraussagen, wie es um ein Avancement Udes stehen wird, nur noch "Astrologen" zubilligen, zu denen er sich nicht gesellen will. Schwer zu sagen, mit wem der Leser mehr Mitleid haben sollte: mit Ude, der einen Biographen gefunden hat, der ihm so wenig zutraut - oder mit Ostermann, dem schwant, dass seiner Fleißarbeit ein baldiger Exitus auf den Tischen des modernen Antiquariats beschieden sein könnte. Niemand wird, wenn er das Buch aus der Hand legt, sagen können, er sei nicht umfassend über Udes Leben und Wirken informiert worden, von seinen Anfängen als Jungsozialist bis zum langjährigen Stadtoberhaupt, dem nachgesagt wurde, er habe sein Parteibuch verlegt. Manche Leser, zumal wenn ihnen das Schicksal einer Isar-fernen Existenz beschieden ist, werden es gar nicht so genau wissen wollen. Ostermann kennt die sozialdemokratische Spielart des Schwabinger Juste Milieu, in dem Ude groß geworden ist, aus engster Anschauung; er ist Mitglied in Udes Ortsverein. Er verhehlt nicht seine Grundsympathie für Ude; eine sozialdemokratische Heiligenlegende hat Ostermann aber nicht verfasst. Dieses Genre liebt seine Partei ohnehin nicht.
Ostermann muss nicht mit einer Exkommunikation durch die SPD rechnen, weil er anmerkt, dass Udes Fähigkeit, beim Oktoberfest im bayerischen Honoratioren-Idiom "O'zapft is!" ins Bierzelt zu rufen, nicht mit Volksnähe zu verwechseln sei. Auch die kecke Feststellung, Ude habe sich einem "politischen Eklektizismus" verschrieben, wird nicht zur Verstoßung führen. Als strafmildernd dürfte ihm zugute gehalten werden, dass er vornehm von "Imponderabilien" spricht, wenn er die Perspektiven für die Landtagswahl erörtert. Schöner lässt sich kaum sagen, dass es der astrologischen Fähigkeiten bedarf, die Zukunft eines Bündnisses aus SPD, Grünen und Freien Wählern, das Ude über die Schwelle der Staatskanzlei führen soll, in einem rosigen Licht zu sehen.
ALBERT SCHÄFFER
Rainer Ostermann: Christian Ude. Vom Rathaus in die Staatskanzlei. MZ Buchverlag GmbH, Regensburg 2012. 256 S., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Alles über Christian Ude
Den Biographen verlässt rasch der Mut. Das Buch über Christian Ude trägt den forschen Untertitel "Vom Rathaus in die Staatskanzlei" - als sei es unausweichlich, dass der Münchner Oberbürgermeister und Sozialdemokrat im nächsten Herbst zum bayerischen Ministerpräsidenten gewählt wird. Schon nach wenigen Sätzen mag Rainer Ostermann Voraussagen, wie es um ein Avancement Udes stehen wird, nur noch "Astrologen" zubilligen, zu denen er sich nicht gesellen will. Schwer zu sagen, mit wem der Leser mehr Mitleid haben sollte: mit Ude, der einen Biographen gefunden hat, der ihm so wenig zutraut - oder mit Ostermann, dem schwant, dass seiner Fleißarbeit ein baldiger Exitus auf den Tischen des modernen Antiquariats beschieden sein könnte. Niemand wird, wenn er das Buch aus der Hand legt, sagen können, er sei nicht umfassend über Udes Leben und Wirken informiert worden, von seinen Anfängen als Jungsozialist bis zum langjährigen Stadtoberhaupt, dem nachgesagt wurde, er habe sein Parteibuch verlegt. Manche Leser, zumal wenn ihnen das Schicksal einer Isar-fernen Existenz beschieden ist, werden es gar nicht so genau wissen wollen. Ostermann kennt die sozialdemokratische Spielart des Schwabinger Juste Milieu, in dem Ude groß geworden ist, aus engster Anschauung; er ist Mitglied in Udes Ortsverein. Er verhehlt nicht seine Grundsympathie für Ude; eine sozialdemokratische Heiligenlegende hat Ostermann aber nicht verfasst. Dieses Genre liebt seine Partei ohnehin nicht.
Ostermann muss nicht mit einer Exkommunikation durch die SPD rechnen, weil er anmerkt, dass Udes Fähigkeit, beim Oktoberfest im bayerischen Honoratioren-Idiom "O'zapft is!" ins Bierzelt zu rufen, nicht mit Volksnähe zu verwechseln sei. Auch die kecke Feststellung, Ude habe sich einem "politischen Eklektizismus" verschrieben, wird nicht zur Verstoßung führen. Als strafmildernd dürfte ihm zugute gehalten werden, dass er vornehm von "Imponderabilien" spricht, wenn er die Perspektiven für die Landtagswahl erörtert. Schöner lässt sich kaum sagen, dass es der astrologischen Fähigkeiten bedarf, die Zukunft eines Bündnisses aus SPD, Grünen und Freien Wählern, das Ude über die Schwelle der Staatskanzlei führen soll, in einem rosigen Licht zu sehen.
ALBERT SCHÄFFER
Rainer Ostermann: Christian Ude. Vom Rathaus in die Staatskanzlei. MZ Buchverlag GmbH, Regensburg 2012. 256 S., 19,90 [Euro].
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