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""Wärst Du nur jetzt bei mir! Es sind überall große breite Betten, und Du solltest Dich nicht beklagen, wie es manchmal zu Hause geschieht. Ach! mein Liebchen! Es ist nichts besser als beisammen zu sein. Wir wollen es uns immer sagen." Goethe an Christiane, 10. September 1792
Als die 41jährige Christiane Vulpius und der 57jährige Johann Wolfgang Goethe am 19. Oktober 1806 in der Sakristei der Jakobskirche zu Weimar getraut werden, leben beide schon 18 Jahre lang in freier Liebe zusammen. Christiane hat fünf außereheliche Kinder geboren, von denen allein der erstgeborene Sohn August noch…mehr

Produktbeschreibung
""Wärst Du nur jetzt bei mir! Es sind überall große breite Betten, und Du solltest Dich nicht beklagen, wie es manchmal zu Hause geschieht. Ach! mein Liebchen! Es ist nichts besser als beisammen zu sein. Wir wollen es uns immer sagen."
Goethe an Christiane, 10. September 1792

Als die 41jährige Christiane Vulpius und der 57jährige Johann Wolfgang Goethe am 19. Oktober 1806 in der Sakristei der Jakobskirche zu Weimar getraut werden, leben beide schon 18 Jahre lang in freier Liebe zusammen. Christiane hat fünf außereheliche Kinder geboren, von denen allein der erstgeborene Sohn August noch lebt. Goethe hatte ihn 1801 als seinen Sohn legitimiert, nun also wird auch Christiane Goethes Namen tragen, wird "die Geheime Räthin", später die "Frau Staatsministerin" werden.
Nach ihrem frühen Tod am 6. Juni 1816 wird Goethe über die achtundzwanzig gemeinsamen Jahre zeitlebens schweigen. Viele Dokumente ihrer Beziehung hatte er ohnehin schon 1797 verbrannt. Die gehässigen Urteile Dritter - die gehässigsten stammen von Goethe-Verehrern - werden das Bild Christianes mehr und mehr verzeichnen; Thomas Mann wird sie "un bel pezzo di carne" nennen, ein schönes Stück Fleisch, "gründlich ungebildet".

Sigrid Damm, die sich schon mit ihrer Cornelia Goethe und ihrer Lenz-Biographie, Vögel, die verkünden Land, im unmittelbaren Umkreis von Goethe bewegte und sich dabei, wie auch in ihren beiden autobiographisch bestimmten Romanen Ich bin nicht Ottilie und Diese Einsamkeit ohne Überfluß, als eine Meisterin erzählten und psychologisch gedeuteten Alltags, auch des Alltags der Liebe, erwiesen hatte, geht in ihrem neuen Roman der Frage nach, wer Christiane Vulpius verheiratete Goethe wirklich war und was sie Goethe als Partnerin hat bedeuten können.
Nach einer aufwendigen Spurensuche, bei der sie in Nachlässen, Kirchenbüchern und amtlichen Dokumenten auf erstaunliche Zeugnisse gestoßen ist, vermittelt sie ein Bild von Christiane, von ihrer Herkunft und Kindheit, ihrem Leben an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert in Weimar, von ihren gemeinsamen Jahren mit Goethe, das ausschließlich auf Tatsachen beruht. Auf Fiktionen, das Ausfüllen von Leerstellen durch erzählerische Phantasie verzichtend, erzählt sie einfühlsam und voller Sympathie für die Frau wie für den auf seine Freiräume bedacht sein müssenden Künstler von den Höhen und Tiefen eines außergewöhnlichen Lebens. Wo immer es möglich ist, läßt sie Christiane selbst sprechen - eine Frau mit einer erstaunlich direkten Sprache für ihren Körper, ihre Weiblichkeit, ihre Sexualität, eine Frau, die unablässig tätig ist, zuständig für zwei Haushalte, ein Landgut, zwei Gärten; die Erbschaftsangelegenheiten erledigt und Geldgeschäfte tätigt. Sie kann einen Schlitten kutschieren. Sie geht allein auf Reisen, trägt zwei Pistolen bei sich. Sie ißt gern, trinkt gern, am liebsten Champagner. Sie tanzt ausgezeichnet, als Fünfundvierzigjährige nimmt sie noch bei einem Tanzmeister Unterricht. Sie liebt dieKomödie, weniger das Lesen. Heiter ist sie, witzig, stets gutgelaunt. Und sie ist eine Frau, die unter dem Tod ihrer Kinder leidet, die lebenslang von Krankheiten gequält wird, Bluthochdruck, Nierenprobleme. Die das Altwerden zu fürchten hat. Die ständig überfordert ist, weil sie eine Rolle spielen muß, für die niemand ihr den Text vorgibt, und dennoch hat sie Tag für Tag die Bühne zu betreten, für die sie nicht geschaffen ist.
Mit diesem Lebensbild Christianes gelingt Sigrid Damm zugleich das Bild einer spannungsvollen Partnerschaft und darüber hinaus eine überraschend neue Einblicke vermittelnde Darstellung von Goethes Lebensalltag in den Jahren 1788 bis 1816, von den Entstehungsbedingungen seines Werkes in dieser Zeit und von seinem Verhältnis zu Frauen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.06.2015

NEUE TASCHENBÜCHER
Muse und
Spielverderberin
Eine Charlotte von Stein war sie nicht, die Vulpius. Aber warum musste man sie so hochnäsig abkanzeln, wie dies die Weimarer Gesellschaft mit geradezu sadistischer Verleumdungslust tat? Der vornehmste Titel – und die offizielle Bezeichnung bei Hofe – für die langjährige Geliebte und spätere Ehefrau des Dichters lautete: „die von Goethische Haushälterin“. Mag sein, dass dies in der Sache trifft, aber man wollte damit wohl auch zeigen, dass man sich um die exklusive Gesellschaft Goethes und die mit ihm verbundene exklusive arkadische Aura betrogen sah. Die Vulpius habe alles verdorben, meinte Herzog August. Für Goethe war sie aber mehr als nur Kammerzofe und Bettgenossin; der Schriftsteller hatte sehr wohl auch einen Sinn für das, was man gemeinhin Herzensbildung nennt. Ob man Christiane Vulpius auch als Dichtermuse sehen muss, wie dies Sigrid Damm nahelegt, mag man nach der Lektüre dieser umfänglichen Darstellung zumindest bedenkenswert finden. Die Qualität dieses Buches liegt gleichwohl in der Zurückhaltung der Autorin, die lieber Originalquellen sprechen lässt, als sich selber mit überzogenen Thesen zu profilieren.  HELMUT MAURÓ
    
  
      
Sigrid Damm: Christiane und Goethe. Eine Recherche. Insel Verlag, Berlin 2015. 531 Seiten, 12 Euro.
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"Die Qualität des Buches liegt gleichwohl in der der Zurückhaltung der Autorin, die lieber Originalquellen sprechen lässt, als sich selber mit überzogenen Thesen zu profilieren."
Helmut Mauró, Süddeutsche Zeitung 10.06.2015