»Fritz Heinle war Dichter«, erklärte Walter Benjamin in seiner »Berliner Chronik« apodiktisch. Benjamins Begeisterung für die Gedichte seines früh verstorbenen Jugendfreundes Christoph Friedrich Heinle (1894-1914), der kurz nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges mit 20 Jahren Selbstmord beging, rief bei seinen Weggefährten unterschiedliche Reaktionen hervor: Florens Christian Rang erinnerten Heinles Gedichte ebenso wie Benjamin an »Hölderlins letzte«. Beide hielten sie für »Entscheidungen über die deutsche Sprache«. Hugo von Hofmannsthal, in dessen »Neuen Deutschen Beiträgen« Benjamin die Gedichte Heinles nach dessen Tod publizieren wollte, konnte hingegen »die entscheidende Offenbarung des dichterischen Geistes, die im einmaligen herrlichen Wort, nicht erkennen«. Werner Kraft, dem zu verdanken ist, dass Heinles Gestalt nicht vollständig verdunkelt ist, stellte sich die Frage, ob Benjamins »große Urteilskraft vor Gedichten hier versagt hat«. Er ließ die Antwort jedoch offen: »Hatte er recht, wir wissen es nicht.« Denn zu Lebzeiten wurden nur wenige Texte Heinles gedruckt. Benjamins lebenslanges Bemühen, dessen Gedichte postum zu publizieren, blieb vergeblich. Zudem ging der von Benjamin gehütete Nachlass Heinles auf dessen Flucht vor den Nationalsozialisten verloren.Deshalb ist die Figur Heinle immer noch ein Rätsel, zu dessen Lösung dieser Band beitragen möchte. Er versammelt alle Texte Heinles, die in den Nachlässen seiner Freunde Walter Benjamin, Herbert Blumenthal, Philipp Keller, Ernst Schoen und Ludwig Strauß aufbewahrt wurden. Die gemeinsame Publikation dieses Materials ermöglicht es, sich ein Bild des jungen Dichters Heinle zu machen.
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