Im Herbst 2024 wählt Österreich einen neuen Nationalrat, ein Jahr zuvor hat der Wahlkampf längst begonnen. Thomas Köck führt Buch über die alltäglichen politischen Entgleisungen: Da werden Messer auf Wahlkampfveranstaltungen geschliffen und Journalisten vor laufender Kamera in den Schwitzkasten genommen, während österreichische Aktivisten der Neuen Rechten in Deutschland Vorträge über Massenabschiebungen halten und Spenden aus bürgerlichen Kreisen sammeln. Köck kommt mit seinem Protokoll der (sprachlichen) Eskalation kaum noch hinterher. Aber er belässt es nicht bei der Buchführung: Unter Rückgriff auf Fragen nach Klasse, Herkunft und Ökonomie versucht er zu verstehen, wie Österreich zum Prototyp rechter Subjektbildung in Europa werden konnte. Es entsteht eine wütende, bisweilen ironisch bissige Intervention in jenem Wahljahr, in dem die rechte FPÖ unter Herbert Kickl erstmals in der Geschichte des Landes eine Nationalratswahl gewinnt.
»Die Geschichte wiederholt sich immer zweimal, right? Das erste Mal als Tragödie, das zweite Mal als Farce. In Österreich wiederholt sich nur noch die Farce, und die vergisst irgendwann ihr Gesicht und wird wieder zur Fratze, zur Groteske.«
»Die Geschichte wiederholt sich immer zweimal, right? Das erste Mal als Tragödie, das zweite Mal als Farce. In Österreich wiederholt sich nur noch die Farce, und die vergisst irgendwann ihr Gesicht und wird wieder zur Fratze, zur Groteske.«
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Rezensent Uwe Mattheiß scheint berechtigt zu finden, auf welche Weise sich Thomas Köck dem Thema Rechtspopulismus in Österreich widmet, der für Köck gleichsam das "Modell" für jeglichen anderen Rechtspopulismus sei. Der österreichische Dramatiker hangelt sich darin innerhalb eines Jahres an tagtäglichen verharmlosten "Regelverletzungen" von rechten Politikern entlang und ziele dabei vor allem auf die Sprache als Teil des "vorpolitischen" Raumes ab, der von rechter Seite vereinnahmt werde und die öffentliche Wahrnehmung schon tiefgreifend präge, bevor irgendjemand tatsächlich an die politische Macht gelange. Das scheint Mattheiß inhaltlich auf jeden Fall angebracht zu finden , er sieht hier auch zumindest das Potenzial zu "möglicherweise brillanten Essays", lässt dann aber durchblicken, dass Köck ihm etwas zu sehr von der eigenen Subjektivität her schreibt. Immerhin "eignet" sich das Buch für ihn zu zeigen, dass sowohl die neoliberale Ökonomie als auch die liberale "Erzählung von Vielfalt und Chancengleichheit" Ungleichheit und autoritäre Verhältnisse befördern - für den Kritiker anscheinend eine wertvolle Einsicht.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Köck betreibt Gesellschaftskritik als minutiöse Sprachanalyse ... Seine Beobachtungen sind geeignet, die verbindende Erzählung von Vielfalt und Chancengleichheit zu erschüttern, mit der der liberale Common Sense dem populistischen Ressentiment entgegenzutreten versucht.« Uwe Mattheiß wochentaz 20240929