Vom 18. Dezember 1978 an veröffentlichte der "Nouvel Observateur" eine Chronik, die bis Ende März 1979 auf 55 Fragmente anwuchs. Ihrem Autor, Roland Barthes, ging es weniger um die Beurteilung "weltbewegender" Tagesereignisse als um die Kleinigkeiten, die ihn direkt betrafen. Auch sie "eine Chronik der Gefühle", diesmal nicht nomumental wie die Alexander Kluges, sondern minutiös."Die Form, die ich erreichen wollte, war die Kurzform, oder, wenn man so will, die 'sanfte' Form: weder die Feierlichkeit der Maxime noch die Strenge des Epigramms; etwas, das - zumindest entfernt - an ein japanisches Haiku, die joycesche Epiphanie, an bruchstückhafte Aufzeichnungen eines geheimen Tagebuchs erinnern sollte."Barthes legt in seiner "Chronik" wöchentlich Rechenschaft ab über die Vorfälle, die ihn aufmerken ließen, gleich wie "unscheinbar, flüchtig und unbedeutend" sie auch sein mochten, den Vorwurf in Kauf nehmend, nur von "Nichtigkeiten" zu berichten."Denn schließlich gibt es einen Kampf für die Sanftheit: Wird sie nicht zur Stärke, wenn sie nur entschieden genug ist?" (26.03.1979)
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
"Es gibt Menschen, die sind in die Macht verknallt, und andere, die sind es in die Ohnmacht", räsoniert Franz Schuh zu Beginn seiner Besprechung der Bartheschen Chronik. Außerdem gebe es noch die, deren Ekel vor der Macht recht pompös daherkomme. Roland Barthes' schmales Bändchen steht im Zeichen einer ganz sanften Ohnmacht und umfasst Texte, die Barthes von Dezember 1978 bis März 1979 für den Nouvel Observateur geschrieben hat, lauter kleine Stücke, Pointen und Besinnlichkeiten, zu den Dingen am Rande des Weltgeschehens. Nichts werde in ihnen durchdrungen, nur leicht berühre Barthes seinen Gegenstand, schreibt Schuh, der jedoch versichert, dass diese Leichtigkeit keinen Verlust an Tiefe oder Aussagekraft bedeute.
© Perlentaucher Medien GmbH
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