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Quentin Tarantino gehört nicht nur zu den berühmtesten Filmemachern der Gegenwart, sondern ist wohl auch der mitreißendste Filmliebhaber der Welt. Jahrelang hat er in Interviews davon gesprochen, dass er eines Tages Bücher über Filme schreiben werde. Jetzt ist es so weit, und das Ergebnis ist alles, was sich seine Fans und alle Filmliebhaber erhofft haben.
Dieses Buch, das sich um die wichtigsten amerikanischen Filme der 1970er-Jahre dreht, die Tarantino alle zum ersten Mal als junger Kinobesucher gesehen hat, ist durchwoben von überraschenden Erzählungen aus erster Hand über Tarantinos
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Produktbeschreibung
Quentin Tarantino gehört nicht nur zu den berühmtesten Filmemachern der Gegenwart, sondern ist wohl auch der mitreißendste Filmliebhaber der Welt. Jahrelang hat er in Interviews davon gesprochen, dass er eines Tages Bücher über Filme schreiben werde. Jetzt ist es so weit, und das Ergebnis ist alles, was sich seine Fans und alle Filmliebhaber erhofft haben.

Dieses Buch, das sich um die wichtigsten amerikanischen Filme der 1970er-Jahre dreht, die Tarantino alle zum ersten Mal als junger Kinobesucher gesehen hat, ist durchwoben von überraschenden Erzählungen aus erster Hand über Tarantinos Leben als junger Mann in L.A. - ein Blick auf das Hollywood der 70er, so nah und doch so fern. Dies sind die ersten Jahre der berühmten Tarantino-Ursprungsgeschichte.

Es ist zugleich Filmkritik, Filmtheorie, ein Meisterwerk der Reportage und eine wunderbare persönliche Geschichte, geschrieben mit der einzigartigen Stimme, die man sofort als die Quentin Tarantinos erkennt.
Autorenporträt
Quentin Tarantino, 1963 geboren, zweifacher Oscarpreisträger, ist einer der bekanntesten Regisseure der Welt. Seine Werke wie 'Pulp Fiction', 'Kill Bill', 'Inglourious Basterds' oder 'Django Unchained' prägen unser kulturelles Gedächtnis. Sein jüngster Film 'Once upon a Time in Hollywood' wurde allein in Deutschland von fast zwei Millionen Kinobesuchern gesehen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.04.2023

Einer geht noch
Regisseur Quentin Tarantino war zum Finale seiner Lesetour in Berlin.
Da tobt der Saal – und der Regisseur kündigt seinen letzten Film an
Ausgerechnet der berühmteste Filmregisseur der Gegenwart, der sein Leben den Bildern verschrieben hat, will nicht, dass man ihn filmt oder fotografiert: Im Berliner Admiralspalast an der Friedrichstraße herrscht am Mittwochabend Handyverbot.
Der Auftritt von Quentin Tarantino ist, wie es im schönsten Veranstalterdeutsch heißt, ein „phone-free event“. Alle Smartphones werden am Eingang in kleine Säckchen eingetütet und mit einem Verschluss versehen, den nur die dafür engagierte Firma am Ende der Veranstaltung wieder öffnen kann.
Tarantino möchte, so wird es eingangs vom Moderator erklärt, keine aus dem Zusammenhang gerissenen Youtube-Schnipsel seiner Lesetour im Internet. Auf dieser Tour stellt Tarantino sein Buch „Cinema Speculation“ vor, das vergangenen Herbst erschienen ist. Zunächst war er damit in den USA unterwegs, jetzt folgten ein paar Termine in Europa, unter anderem in London und Paris. Berlin ist der letzte Stopp.
„Cinema Speculation“ erzählt die Geschichte von Tarantinos Kinosozialisation im Los Angeles der Siebzigerjahre. Seine Mutter Connie und sein Stiefvater Curt sparten sich den Babysitter, indem sie den kleinen Quentin ab dem „Toddler-Alter“, also ab etwa sechs Jahren, abends mit in all die „adult movies“ nahmen, die sie schauten. Vermutlich durften nicht allzu viele Neunjährige den Film „Der Pate“ bei seiner Erstaufführung sehen. Das war möglich, weil die Altersfreigaben in den USA nicht wie in Europa bedeuten, dass gar keine Kinder, sondern dass sie nur in Begleitung Erwachsener in den Kinosaal reindürfen. Das Buch ist halb Memoir, halb nerdige Filmgeschichte über seine Lieblingskinos und Lieblingsfilme, vor allem über das New Hollywood. „Das war die beste Epoche in der Geschichte des amerikanischen Kinos“, sagt Tarantino – „damals war alles möglich.“
Es gibt wohl keinen anderen Regisseur auf der Welt, für den so viele Leute zu einer (nicht ganz günstigen) Lesung kommen würden. Der Admiralspalast fasst ungefähr 1500 Besucher, war nahezu voll, und die Karten kosteten bis zu 100 Euro das Stück. Da saßen Studentinnen und Filmkunstveteranen, die vermutlich schon nicht mehr ganz jung waren, als Tarantinos Regiedebüt „Reservoir Dogs“ 1992 ins Kino kam. Im Foyer hörte man Sätze wie diesen: „Lustig, dass du das erwähnst, dazu habe ich mal eine ausgezeichnete Retrospektive im MoMa gesehen.“ In einem solchen Moment denkt man kurz ans Frühwerk von Tocotronic: „Und um das alles zu begreifen / Wird man, was man furchtbar hasst, nämlich Cineast.“
Der ganze Saal rastete jedenfalls in Standing Ovations aus, als Tarantino gegen halb neun mit freundlicher Verspätung auf die Bühne kam, in Dad-Jeans und einem dunklen Hemd, das sympathisch über dem Bauch spannte. Der Mann ist, wie man bereits in zwei Interviewbegegnungen erleben durfte, auch an Wochentagen auf einem erstaunlichen Samstagabend-Energielevel. Auch an diesem Abend fragte man sich, ob er sich vorab noch ein Tässchen starken Kaffee gegönnt hatte, um in Schwung zu kommen für seine Fans. Egal ob für einen Zuhörer oder anderthalbtausend: Tarantino redet schnell und gern und laut, und er schnauft und schwitzt und schmatzt und lacht und flucht beim Sprechen (kann man allein in einem Satz zehnmal „fuck“ unterbringen – ja, man kann), dass es eine Freude ist.
Zunächst wurde er eine gute Stunde vom Moderator Steven Gätjen interviewt, Publikumsfragen waren genau wie Handys nicht gestattet. Er bezeichnete Steve McQueen als den größten Schauspieler aller Zeiten („So jemanden gibt es heute nicht mehr, höchstens Brad Pitt kommt nah dran“). Er schwärmte von den „Inglourious Basterds“-Dreharbeiten in Berlin und den dazugehörigen Trinkgelagen in der Haifisch-Bar. Und er schimpfte auf die Preise für Kinotickets: „Es ist heute viel zu teuer, ins Kino zu gehen. Hätten Kinotickets so viel gekostet, als ich ein Kind war oder ein junger Erwachsener mit einem kleinen Job, hätte ich es mir niemals leisten können, so oft ins Kino zu gehen – und dann wäre ich vielleicht nie Regisseur geworden.“
Tarantino hat schon vor Jahren angekündigt, nach zehn Filmen in die Regisseursrente zu gehen. Aktuell steht er bei neun (wenn man „Kill Bill Vol. 1“ und „Kill Bill Vol. 2“ als einen Film zählt). In Berlin nickt er zu der Frage, ob sein nächster Film wirklich sein letzter werde, und bestätigt, dass das Projekt „The Movie Critic“ heißt: „Wir werden wahrscheinlich im sehr, sehr späten Herbst drehen. Das Skript ist fast fertig, vielleicht noch eine Runde Überarbeitung.“ Worum es geht, verrät er nicht, aber in der Branche wird schon länger gemunkelt, dass der Film in den späten Siebzigerjahren spielen soll.
Er könnte von der von ihm sehr verehrten Filmkritikerin Pauline Kael handeln, die für den New Yorker schrieb. Filmkritiker sind womöglich keine guten Protagonisten für einen Film. Aber wer, wenn nicht Tarantino könnte diese Meinung revidieren?
Er hat oft in Interviews erzählt, dass Regisseure im fortgeschrittenen Alter ihre schlechtesten Filme drehen würden – und er deshalb rechtzeitig aufhören wolle. Für seine These ist er das lebende Gegenbeispiel. Sein letzter Film „Once Upon A Time in Hollywood“ ist sein bester. Gut, man darf auch anderer Meinung sein, aber mit Leuten, die in diesem Fall anderer Meinung sind, sollte man vorsichtshalber den Kontakt abbrechen.
Tarantino ist vor ein paar Wochen 60 geworden. Sollte er die Sache durchziehen und sollte „The Movie Critic“ sein letzter Film werden, empfiehlt er sich an diesem Abend in Berlin definitiv für eine erste Frührentnerbeschäftigung. Nach einer kurzen Pause – die er als Cineast natürlich „Intermission“ nennt und in der er vermutlich noch mal ein Tässchen starken Kaffee getrunken hat –, liest er in der zweiten Hälfte der Veranstaltung aus seinem Buch. Und wie er mit Lesebrille und Mikro jongliert, wie er auf und ab gehend über die Bühne zappelt, kann man ihn sich bestens als nutty professor vorstellen. Einer, der Hörsäle an einem grauen Montagmorgen um acht mit seinen letztgültigen Weisheiten zur Kinematografie zum Toben bringt. Falls also irgendwo demnächst eine Honorarprofessur in Filmwissenschaften frei werden sollte (und die entsprechende Universität „phone-free Vorlesungen“ gewährleisten kann): bitte melden.
DAVID STEINITZ
Er möchte nicht, dass Schnipsel
seiner Lesung in Netz landen.
Deshalb: Alle Handys weg
Regisseure drehen im Alter ihre
schlechtesten Filme, sagte
Tarantino in Interviews. Nun denn
„Das war die beste Epoche in der Geschichte des amerikanischen Kinos“, sagt Quentin Tarantino über New Hollywood – das er in seinem Buch „Cinema Speculation“ fein nerdig abhandelt.
Foto: Julian Ungano
Tarantino tourt mit seinem Buch durch Europa – und trifft dabei auf Fans wie hier in Mailand.
Foto: Alessandro Bremec/AP
Quention Tarantino:
Cinema Speculation.
Aus dem Amerikanischen
von Stephan Kleiner.
KiWi, Köln 2022.
400 Seiten, 26 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent und Filmkritiker Bert Rebhandl schüttelt fasziniert den Kopf bei der Lektüre von Quentin Tarantinos Buch über die Filmgeschichte, das für ihn mehr ein "Traumprotokoll" ist. Denn einerseits spreche ein ungeheures Wissen aus Tarantinos "atemloser" Nacherzählung seiner ersten prägenden Kinoerfahrungen: mit zehn Jahren ging er mit seiner Mutter und deren Begleitung oft in wenig altersangemessene Filme des später so genannten "New Hollywood" der siebziger Jahre, liest Rebhandl; und diese Filme liefern dem Starregisseur allerlei Stoff für vergleichende Analysen vor allem gewalttätiger Szenen, so Rebhandl. Das Ergebnis findet er oft "idiosynkratisch" und "luzide"; auch sehr "libidinös". Andererseits muss er auch eine "geniale Einseitigkeit" konstatieren: ziemliche Männerfilme, mit denen der Starregisseur sich da ausschließlich auseinandersetze, und auch ein überraschend "identifikatorischer", also heldenorientierter Ansatz, den er vertrete, überlegt der Kritiker. Übersetzt sei das alles "tapfer", aber nicht immer gelungen von Stephan Kleiner. Am Ende ergibt sich der Eindruck eines rasanten, wissensreichen, sehr tarantinoesken, im Grunde aber "populären Kurses für Filmanalysen" beim Rezensenten, der nicht abgeneigt wirkt.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.11.2022

Ohne Identifikation geht gar nichts

Im Bann der brutalsten Männerphantasien: Quentin Tarantino lässt die Filmgeschichte in Form eines atemlosen Traumprotokolls Revue passieren.

Als Quentin Tarantino in den Neunzigerjahren mit "Reservoir Dogs" und "Pulp Fiction" dem amerikanischen Kino seinen Stempel aufdrückte, wurde das allgemein als eine Epochenwende begriffen. Die Filme begannen sich von sich selbst zu ernähren, wichtig war nicht mehr so sehr ein wie auch immer künstlerisch geprägter Wirklichkeitsbezug, sondern dass die Dialogzeilen, Posen und Actionszenen es mit Vorbildern aus früheren Filmen aufnehmen konnten, sich an ihnen maßen, sie ironisch überboten und unterliefen. "Pulp Fiction" gab sich schon mit seinem Titel als programmatisch zu erkennen, und Tarantino verschaffte dem Kino eine neue Identifikationsfigur: Ein "dreister, besserwisserischer Filmnerd" hatte es allen gezeigt.

Damals wurde viel über Tarantinos Bildungsgeschichte in einer Videothek geschrieben. Mit seinem Buch "Cinema Speculation" gibt er sich nun allerdings nicht nur mit Wucht noch einmal als dieser Nerd zu erkennen, er betont auch, dass er im genuinen Sinn ein Kind des Kinos ist - und erst in zweiter Linie der VHS-Kassetten-Revolution der Achtzigerjahre. Denn sein Talent bildete sich wohl in so etwas wie einer produktiven Überforderung heraus: "Der kleine Q guckt die großen Filme" heißt das erste Kapitel. Es erzählt davon, dass Tarantino um 1970 in Los Angeles mit seiner alleinerziehenden Mutter und deren unterschiedlichen Begleitungen häufig ins Kino ging, in Filme für Erwachsene, bei denen der noch keine zehn Jahre alte Junge bald begriff, dass er keine altklugen Fragen stellen sollte, wollte er sich seinen Zugang zu nicht jugendfreiem Stoff nicht verderben. So sah er weit vor der Pubertät einen Kanon des amerikanischen Kinos, der bald unter der Chiffre eines New Hollywood eingeordnet wurde.

Neu war an diesem Hollywood vieles. Zum Beispiel ein offenerer Umgang mit Sexualität. Wobei "die hintergründigste und verstörendste brutale Sequenz im frühen Kino der Siebziger, die nicht von Sam Peckinpah inszeniert wurde", über diesen offeneren Umgang deutlich hinausging: In "Deliverance" von John Boorman sah Tarantino eine anale Vergewaltigung, in deren retrospektive Beschreibung sich das ganze Filmwissen mischt, das "Cinema Speculation" ausbreitet. Und zwar eben oft mit diesem komparatistischen Gestus, der direkt aus den Double Features zu erwachsen scheint: Tarantino sammelt die brutalsten Szenen von Peckinpah und hält sie gegen die brutalsten Szenen bei Don Siegel, John Flynn oder Martin Scorsese, reflektiert zugleich über den Charakter dieser filmischen Brutalität und über die Häufigkeit der eigenen Verwendung des Adjektivs "brutal". Es wird bei der Beschreibung der vielen "heftigen Filme" nun einmal sehr oft benötigt.

In den Vereinigten Staaten hatte sich in den Jahren, in denen der kleine Quentin ins Kino zu gehen begann, eine filmkritische Spielart entwickelt, die von der französischen Autorentheorie abgeschaut war, und die zum Listenwesen tendierte: Wenn ein Filmemacher einmal als Autor - also als Künstler - anerkannt war, dann musste man ihm einfach folgen, und bei jedem neuen Film überprüfen, ob er seinem Standard noch gerecht wurde. Tarantino schließt mit seiner leidenschaftlichen Filmgeschichte an diese katalogisierende Kanonisierung, die vor allem mit dem Namen Andrew Sarris verbunden ist, implizit an, lässt sie aber zugleich durch immer neue Differenzierungen explodieren. "Ach Quentin, Sie drehen aber auch wirklich jeden Stein um", sagt Walter Hill, selber einer der Regisseure, die ihren Status stark der Autorenkritik verdanken, einmal zu ihm.

In "Cinema Speculation" dreht Tarantino tatsächlich nahezu jeden Stein in einer Reihe von Kultfilmen um, die für ihn das Maß aller Dinge sind. Filme von ausschließlich männlichen Regisseuren, in deren Zentrum eine Konstellation von ein paar Namen steht, mit denen Tarantino dann auch konkret spekuliert. Denn zwischen Brian De Palma, Paul Schrader, Martin Scorsese und John Milius wandern Stoffe und Ideen so hin und her, dass "Taxi Driver" für Tarantino zu einer Art von hypothetischer Größe wird - ein Klassiker des Kinos, den er sich auch in allen denkbaren Varianten vorstellt, mit anderem Regisseur oder anderer Besetzung entscheidender Rollen.

In seinen Analysen spricht dabei immer schon auch der spätere Regisseur, der bei aller Intellektualität des Zugangs doch einen stark identifikatorischen Ansatz vertritt. "Schaut man einen Film, will man den Helden mögen." Für ihn zählt, ob und wie man an einer Figur dranbleibt, wie sehr man ihr vertraut oder sich umgekehrt ausschütten (oder "im Gang wälzen") muss vor Lachen, weil sie so unglaubwürdig oder unbeholfen konzipiert oder gespielt wird. "Cinema Speculation" ist so auch ein zwar idiosynkratischer, im Kern aber populärer Kurs für Filmanalysen, der von seinem ungeheuren Wissen profitiert.

Das Buch ist aber im Kern vor allem ungeheuer libidinös. Selten hat man die Konstellation des Mediums Kino, das ja Leib und Seele in einer kulturhistorisch davor ungekannten Weise beansprucht, so intensiv gespiegelt gesehen wie bei Tarantino. Man ist beinahe versucht, sein gigantisches Gedächtnis und seine unerschöpfliche Assoziationskraft dem überwältigenden Eindruck zuzurechnen, dem er als kleines Kind auch medientechnologisch ausgesetzt wurde. Den atemlosen Duktus seines Erinnerungsstroms hat Stephan Kleiner tapfer in ein Deutsch gebracht, das manchmal Züge latenter Parodie annimmt, wenn das amerikanische Englisch allzu wörtlich genommen wird ("Er wollte verdammt sein, wenn er ,The Getaway' drehte").

Den Höhepunkt erreicht die Kinospekulation in einem Kapitel über John Flynns "Rolling Thunder", den Film, auf den Tarantino die allergrößten Stücke hält. Das Drehbuch stammt von Paul Schrader, eine Szene daraus ließ sich nicht realisieren, dabei hätte sie wohl alles auf den Punkt gebracht, was damals an Männerphantasien im Neuen Hollywood im Umlauf war: Der Held, ein stark beschädigter Vietnam-Veteran, "steigt in seinen großen roten Cadillac und fährt zu einem texanischen Autokino, im dem ,Deep Throat' läuft. Während er sich den Pornofilm mit Linda Lovelace ansieht, schaut er zu dem Mann im Auto neben ihm hinüber, und es ist Travis Bickle!"

Männer allein in ihren Autos, der berüchtigte Pornoklassiker auf der Leinwand und der Held aus "Taxi Driver" im falschen respektive umso richtigeren Film - eine bessere Klitterung für das, was den kleinen Q noch im reiferen Alter umtreibt, ist kaum denkbar. Und so wird man sein Buch am besten nicht so sehr als Filmgeschichte lesen, sondern als eine Art Traumprotokoll, das durch große Luzidität, aber auch durch geniale Einseitigkeit fasziniert. BERT REBHANDL

Quentin Tarantino: "Cinema Speculation".

Aus dem Englischen von Stephan Kleiner. Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2022. 400 S., geb., 26,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Tarantinos Film-Analysen sind derart leidenschaftlich, dass man sich fragt, was man falsch gemacht hat, wenn er Filme lobt, die man nicht mag, und sich freut, wenn er Filme in den Himmel hebt, die zu mögen man sich womöglich schämt.« Sassan Niasseri Rolling Stone 20221222