WINNER OF THE FORWARD PRIZE FOR BEST COLLECTION 2015
WINNER OF THE NATIONAL BOOK CRITICS CIRCLE AWARD FOR POETRY 2015
WINNER OF THE PEN OPEN BOOK AWARD 2015
WINNER OF THE LOS ANGELES TIMES BOOK PRIZE FOR POETRY 2015
'Everywhere were flashes, a siren sounding and a stretched-out roar. Get on the ground. Get on the ground now. Then I just knew.
'And you are not the guy and still you fit the description because there is only one guy who is always the guy fitting the description.'
In this moving, critical and fiercely intelligent collection of prose poems, Claudia Rankine examines the experience of race and racism in Western society through sharp vignettes of everyday discrimination and prejudice, and longer meditations on the violence - whether linguistic or physical - which has impacted the lives of Serena Williams, Zinedine Zidane, Mark Duggan and others.
Citizen weaves essays, images and poetry together to form a powerful testamentto the individual and collective effects of racism in an ostensibly 'post-race' society.
WINNER OF THE NATIONAL BOOK CRITICS CIRCLE AWARD FOR POETRY 2015
WINNER OF THE PEN OPEN BOOK AWARD 2015
WINNER OF THE LOS ANGELES TIMES BOOK PRIZE FOR POETRY 2015
'Everywhere were flashes, a siren sounding and a stretched-out roar. Get on the ground. Get on the ground now. Then I just knew.
'And you are not the guy and still you fit the description because there is only one guy who is always the guy fitting the description.'
In this moving, critical and fiercely intelligent collection of prose poems, Claudia Rankine examines the experience of race and racism in Western society through sharp vignettes of everyday discrimination and prejudice, and longer meditations on the violence - whether linguistic or physical - which has impacted the lives of Serena Williams, Zinedine Zidane, Mark Duggan and others.
Citizen weaves essays, images and poetry together to form a powerful testamentto the individual and collective effects of racism in an ostensibly 'post-race' society.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.06.2018Ich habe Sie nicht gesehen
Poetisch und kämpferisch: Claudia Rankines "Citizen"
Als Serena Williams nach der Geburt ihrer Tochter zum Tennis zurückkehrte, betrat sie den Platz in einem knallengen pantherschwarzen Catsuit, der bei einigen Kommentierenden zu Vergleichen mit dem Marvel-Helden Black Panther führte. Williams selbst nannte medizinische Gründe - der Anzug schütze vor Blutgerinnseln -, doch der afroamerikanischen Sportlerin ist die ermächtigende Botschaft nicht entgangen, die jüngst in dem Blockbuster über den afroamerikanischen Superhelden ausgemacht wurde.
"Wie sieht ein siegreicher beziehungsweise geschlagener schwarzer Frauenkörper in einer historisch weißen Umgebung aus?" Claudia Rankine stellt diese Frage in ihrer Melange aus Essay, Gedicht und Memoir, dem ausgezeichneten "Citizen", gezielt mit Blick auf Serena Williams, wenn sie lyrisch erforscht, wie die Sport-Heldin in der Welt des Profitennis operiert und medialisiert wird und wie oft sie nicht in erster Linie als Sportlerin betrachtet wird, sondern als schwarze Frau, und so, als läge darin ein Manko. Nichts da!
Behutsam berichtend, zitiert Rankine eine Reaktion auf Serenas "Freudentanz auf dem Centre Court des All England Club", als sie während der Olympischen Spiele 2012 "die einzigen beiden Tennisgoldmedaillen" für die Vereinigten Staaten holte. Ein Kommentator verglich Serenas kurzen Jig mit dem afroamerikanischen Tanzstil "Crip-Walk am wohl blütenweißesten Ort der Welt" und meinte: "Was sie da tat, war unreif, das hat keine Klasse."
"Citizen" betrachtet zahlreiche Momente von alltäglichem Rassismus in Amerika: wie auf subtile Weise vermeintliche Rassengrenzen gezogen und selbst im liberalen Umfeld der an der Yale-Universität lehrenden Autorin habitualisiert und fortgeführt werden, wenn beispielsweise ein afroamerikanischer Mann in einem Vorort auf der Straße wartet und automatisch als Bedrohung und Impuls zum Polizeiruf angesehen wird.
Obwohl ihr Text als nachdenkliches Selbstgespräch erscheint, sucht Rankine durch ein Erzählen in der zweiten Person Singular die direkte Ansprache ihrer Lesenden, und gleichzeitig hat die fortwährende Du-Form eine dem Thema angemessene bohrende und verhörende Dimension. Die 1963 in Jamaika geborene Autorin, die als Kind mit ihren Eltern in die Vereinigten Staaten emigrierte, kehrt in "Citizen", das im Originaluntertitel als "amerikanisches Gedicht" gekennzeichnet wird, subtil zurück zum Phänomen der Unsichtbarkeit, das im Klassiker "Der unsichtbare Mann" von Ralph Ellison als Kernmotiv der amerikanischen Segregation bezeichnet wurde: Unsichtbarmachen als Rassenhass.
In einer Szene beschreibt Rankines Sprecherin, wie ein Mann sich in der Drogerieschlange vordrängelt und, darauf angesprochen, sagt: "O Gott, ich habe Sie nicht gesehen." Der Text verdeutlicht, aber er deutet nicht, lässt ungewiss, ob es sich bei dem Drängler um einen Weißen handelt, und überlässt es den Lesenden, es zu inferieren und die Szene zu interpretieren. Rankines Verfahren stellt bloß hin und urteilt nicht ab. Immer wieder stachelt sie die Lesenden an, Meinungen über die politischen Kontexte des Buches hinzuzubilden, die sie vorenthält. Gleichzeitig provoziert der Text mit kollidierenden Sätzen wie: "Kontext ist nicht gleich Bedeutung." Und auch die durchgängig eingesetzten Fotografien und Abbildungen von Kunstwerken eröffnen Spiel- und Interpretationsräume, die anregen, aber nicht auserzählt werden.
Subtil inszeniert das Buch einen Widerstreit: den Text für sich zu betrachten und nur auf die ästhetische und emotionale Ausformung des Geschilderten zu achten oder die politischen Kontexte zu befreien und sie zur Interpretation heranzuziehen. Daraus hat Rankine ein sehr politisches, aber kein ideologisches Buch gemacht. Ein beeindruckendes Buch, gerade weil es die ideologischen Inhalte nicht übersteuert und sie stattdessen ständig ins Alltägliche einlegt, wo "Wörter in der Luft flirren wie Pollen" und ein Tag sich anfühlen kann wie "ein Seufzer". In diesen Momenten scheint das Buch anzudeuten, dass die Lyrik neben aller Politisierung das tun darf und soll, was sie am besten macht: auf das zu schauen und zu hören, was andere als unsichtbar erachten, die unbeachteten Phänomene des alltäglichen Daseins. Ob letztlich das Zischeln des Windes in den Blättern, ein Sonnenaufgang, der "Licht im Schlepptau" hat, oder die lakonische Feststellung "Jeder Körper ist fremdes Gestade" politisch aufgeladen sind oder sein müssen, das soll und darf jede Leserin und jeder Leser für sich entscheiden. Lesen sollten "Citizen" alle.
JAN WILM
Claudia Rankine: "Citizen".
Aus dem Amerikanischen von Uda Strätling. Spector Books, Leipzig 2018. 182 S., 25 Abb., br., 14,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Poetisch und kämpferisch: Claudia Rankines "Citizen"
Als Serena Williams nach der Geburt ihrer Tochter zum Tennis zurückkehrte, betrat sie den Platz in einem knallengen pantherschwarzen Catsuit, der bei einigen Kommentierenden zu Vergleichen mit dem Marvel-Helden Black Panther führte. Williams selbst nannte medizinische Gründe - der Anzug schütze vor Blutgerinnseln -, doch der afroamerikanischen Sportlerin ist die ermächtigende Botschaft nicht entgangen, die jüngst in dem Blockbuster über den afroamerikanischen Superhelden ausgemacht wurde.
"Wie sieht ein siegreicher beziehungsweise geschlagener schwarzer Frauenkörper in einer historisch weißen Umgebung aus?" Claudia Rankine stellt diese Frage in ihrer Melange aus Essay, Gedicht und Memoir, dem ausgezeichneten "Citizen", gezielt mit Blick auf Serena Williams, wenn sie lyrisch erforscht, wie die Sport-Heldin in der Welt des Profitennis operiert und medialisiert wird und wie oft sie nicht in erster Linie als Sportlerin betrachtet wird, sondern als schwarze Frau, und so, als läge darin ein Manko. Nichts da!
Behutsam berichtend, zitiert Rankine eine Reaktion auf Serenas "Freudentanz auf dem Centre Court des All England Club", als sie während der Olympischen Spiele 2012 "die einzigen beiden Tennisgoldmedaillen" für die Vereinigten Staaten holte. Ein Kommentator verglich Serenas kurzen Jig mit dem afroamerikanischen Tanzstil "Crip-Walk am wohl blütenweißesten Ort der Welt" und meinte: "Was sie da tat, war unreif, das hat keine Klasse."
"Citizen" betrachtet zahlreiche Momente von alltäglichem Rassismus in Amerika: wie auf subtile Weise vermeintliche Rassengrenzen gezogen und selbst im liberalen Umfeld der an der Yale-Universität lehrenden Autorin habitualisiert und fortgeführt werden, wenn beispielsweise ein afroamerikanischer Mann in einem Vorort auf der Straße wartet und automatisch als Bedrohung und Impuls zum Polizeiruf angesehen wird.
Obwohl ihr Text als nachdenkliches Selbstgespräch erscheint, sucht Rankine durch ein Erzählen in der zweiten Person Singular die direkte Ansprache ihrer Lesenden, und gleichzeitig hat die fortwährende Du-Form eine dem Thema angemessene bohrende und verhörende Dimension. Die 1963 in Jamaika geborene Autorin, die als Kind mit ihren Eltern in die Vereinigten Staaten emigrierte, kehrt in "Citizen", das im Originaluntertitel als "amerikanisches Gedicht" gekennzeichnet wird, subtil zurück zum Phänomen der Unsichtbarkeit, das im Klassiker "Der unsichtbare Mann" von Ralph Ellison als Kernmotiv der amerikanischen Segregation bezeichnet wurde: Unsichtbarmachen als Rassenhass.
In einer Szene beschreibt Rankines Sprecherin, wie ein Mann sich in der Drogerieschlange vordrängelt und, darauf angesprochen, sagt: "O Gott, ich habe Sie nicht gesehen." Der Text verdeutlicht, aber er deutet nicht, lässt ungewiss, ob es sich bei dem Drängler um einen Weißen handelt, und überlässt es den Lesenden, es zu inferieren und die Szene zu interpretieren. Rankines Verfahren stellt bloß hin und urteilt nicht ab. Immer wieder stachelt sie die Lesenden an, Meinungen über die politischen Kontexte des Buches hinzuzubilden, die sie vorenthält. Gleichzeitig provoziert der Text mit kollidierenden Sätzen wie: "Kontext ist nicht gleich Bedeutung." Und auch die durchgängig eingesetzten Fotografien und Abbildungen von Kunstwerken eröffnen Spiel- und Interpretationsräume, die anregen, aber nicht auserzählt werden.
Subtil inszeniert das Buch einen Widerstreit: den Text für sich zu betrachten und nur auf die ästhetische und emotionale Ausformung des Geschilderten zu achten oder die politischen Kontexte zu befreien und sie zur Interpretation heranzuziehen. Daraus hat Rankine ein sehr politisches, aber kein ideologisches Buch gemacht. Ein beeindruckendes Buch, gerade weil es die ideologischen Inhalte nicht übersteuert und sie stattdessen ständig ins Alltägliche einlegt, wo "Wörter in der Luft flirren wie Pollen" und ein Tag sich anfühlen kann wie "ein Seufzer". In diesen Momenten scheint das Buch anzudeuten, dass die Lyrik neben aller Politisierung das tun darf und soll, was sie am besten macht: auf das zu schauen und zu hören, was andere als unsichtbar erachten, die unbeachteten Phänomene des alltäglichen Daseins. Ob letztlich das Zischeln des Windes in den Blättern, ein Sonnenaufgang, der "Licht im Schlepptau" hat, oder die lakonische Feststellung "Jeder Körper ist fremdes Gestade" politisch aufgeladen sind oder sein müssen, das soll und darf jede Leserin und jeder Leser für sich entscheiden. Lesen sollten "Citizen" alle.
JAN WILM
Claudia Rankine: "Citizen".
Aus dem Amerikanischen von Uda Strätling. Spector Books, Leipzig 2018. 182 S., 25 Abb., br., 14,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wonderfully capacious and innovative. In her riffs on the demotic, in her layering of incident, Rankine finds a new way of writing about race in America Nick Laird New York Review of Books