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Mit Bubikopf, schmalen Hüften und offensivem Blick erkundet die »Neue Frau« zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein neues Terrain: Das »City Girl« erobert die Leinwand. Der Band enthält Daten und Kritiken zu sämtlichen Filmen der »City Girls«-Retrospektive der Berlinale: ein unverzichtbarer Begleiter während der Filmfestspiele und ein zuverlässiges Nachschlagewerk über den Tag hinaus.

Produktbeschreibung
Mit Bubikopf, schmalen Hüften und offensivem Blick erkundet die »Neue Frau« zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein neues Terrain: Das »City Girl« erobert die Leinwand. Der Band enthält Daten und Kritiken zu sämtlichen Filmen der »City Girls«-Retrospektive der Berlinale: ein unverzichtbarer Begleiter während der Filmfestspiele und ein zuverlässiges Nachschlagewerk über den Tag hinaus.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.02.2007

City Girls

Nach den Traumfrauen der fünfziger Jahre bei der letzten Berlinale ist die Retrospektive dieses Mal den "City Girls" der Zwanziger gewidmet - einem vollkommen neuen Frauentyp, modern, selbständig, oft androgyn, sexuell unbekümmert, gefährlich manchmal und rätselhaft, immer soghaft attraktiv. Der Katalog, dem wir die Bilder auf dieser Seite entnehmen, erscheint wieder im Bertz + Fischer Verlag, Berlin.

Das gewisse Etwas.

Das It-Girl: Clara Bow, Jahrgang 1905.

Sie war das legendäre It-Girl, das Mädchen mit dem gewissen Etwas, nach dem Paramount in einer landesweiten, publicityträchtigen Suche gefahndet hatte, ehe die "It"-Romanautorin Elinor Glyn höchstpersönlich Clara Bow auswählte. Die hatte sich alle Filme von Colleen Moore angesehen und erkannt, dass es etwas gab, was sie dem Star voraus hatte: ein Talent, ihre körperlichen Vorteile zur Schau zu stellen. Und das macht sie dann auch als It-Girl in Clarence Badgers Film in allen möglichen Varianten, um es als Verkäuferin ganz nach oben zu bringen, bis zum großen Boss. Clara Bow nutzte ihren jähen Ruhm weidlich aus und hatte teilweise gleichzeitig Affären mit Gary Cooper, Bela Lugosi oder John Gilbert. Aber obwohl sie in dem ersten Oscar-Sieger "Wings" eine Hauptrolle spielte, hatte sie im Tonfilm wenig Glück, beendete 1933 ihre Karriere und hatte mit dem Cowboydarsteller Rex Bell zwei Söhne. 1949 wurde bei ihr Schizophrenie diagnostiziert, 1965 ist sie gestorben, aber einen Moment lang hat ihr die Welt zu Füßen gelegen. Denn sie hatte It.

malt.

Die Großaufnahme.

Gloria Swanson, Jahrgang 1897.

"Wir brauchten keine Dialoge - wir hatten Gesichter!" Wenn es eines Beweises bedurft hätte, dass der berühmte Satz, den Gloria Swanson ein Vierteljahrhundert später in Billy Wilders "Sunset Boulevard" sprach, seine Berechtigung hatte, dann ist es dieses Foto aus "Why Change Your Wife". Der Film stammt von Cecil B. DeMille, für dessen Großaufnahme Swanson auch später noch jederzeit bereit war, und erzählt von einem Mann, der an der erlahmten erotischen Strahlkraft seiner Ehefrau verzweifelt, die sich lieber der Lektüre als ihm hingibt. Auch ein frivoles Nachthemd, das er ihr kauft, wird zurückgewiesen. Als er sich nach der Scheidung mit dem Nachthemd-Model einlässt, stellt er bald fest, dass auch sie nach der Eheschließung schnell ihre Reize verliert. Letztendlich kehrt er zu Swanson zurück, die schließlich auch der Superstar jener Jahre war, über zwanzigtausend Dollar in der Woche verdiente, nebenher sechs Männer verschliss, ihre Filme selber produzierte und 1934 dem Geschäft den Rücken kehrte - bis zu ihrem "Close-up" in "Sunset Boulevard".

malt.

Die ewig Göttliche.

So viel Seele und so müde immer: Greta Garbo, Jahrgang 1905.

Ohne das Kino wäre aus Greta Garbo nie die Garbo geworden. Auf dem schwedischen Theater, wo sie eigentlich ihr Leben verbringen wollte, wäre sie eine möglicherweise gute Schauspielerin, aber eine unter anderen geblieben. Vor der Kamera aber verwandelte sie sich. Der selektive Blick des Objektivs, der sie entweder in weite Ferne entrückte oder ganz nah heranzog wie in unserer Abbildung, die sie mit John Gilbert in "Flesh and the Devil" aus den Jahren 1926/27 zeigt, machte aus ihr einen Star der reinsten Form, der Welt enthoben und doch deutlich voll von ihr. Sie blieb in jedem Kostüm die Göttin der Moderne, sinnlich, aber in dieser Sinnlichkeit träge, ein wenig überdrüssig auch all der Bewunderung, die ihr zuteil wurde. Denn außer schön war sie auch noch intelligent, selbstbewusst, standhaft und unabhängig, und erst in diesem Spannungsfeld von ewig göttlich und ganz aus der modernen Zeit geboren entstand das, was heute ihr Mythos heißt. Ihre Karriere beim Film dauerte nur achtzehn Jahre und endete 1941. Von da an mied sie die Öffentlichkeit und blieb geheimnisvoll bis zu ihrem Tod im Jahr 1990.

lue.

Die Eigenwillige.

Louise Brooks, Jahrgang 1906.

Sie war ein Stummfilmstar in Hollywood, wo sie in der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre mit Regisseuren wie Howard Hawks und William Wellman drehte. Dann kam sie nach Berlin und stahl den deutschen Kolleginnen erst die Rollen, dann die Schau: in der "Büchse der Pandorra" und dem "Tagebuch einer Verlorenen", zwei der bis heute bekanntesten Filme von G.W. Pabst. Für kurze Zeit war sie damit auch in Europa ein Star, wurde dann vergessen und tauchte erst Mitte der fünfziger Jahre in Paris wieder auf, wo Henri Langlois eine Retrospektive für sie organisierte, Godard ihre Filme sah und sich ein kleiner Kult um die Schauspielerin bildete, die in Amerika längst begonnen hatte, kluge Essays zur Filmgeschichte zu veröffentlichen. Stilbildend wirkt sie bis heute, mit der glatten Ponyfrisur und den auf die Wangen gekämmten Wellen, die sie für sich erfunden hatte und niemals ablegte. Von Anna Karina bis Kate Moss versuchten über die Jahrzehnte viele Frauen, die auf sich halten, auszusehen wie sie.

lue.

Der erste Vamp.

Hamlet war eine Frau: Asta Nielsen, Jahrgang 1881.

Sie ist der Inbegriff des Vamps, lange vor allen anderen, ein Vamp von nordischer Mystik umflort und solch expressiver Kraft, dass sie ihr Publikum vollkommen in Bann schlägt. Wenn man dem Stummfilm eine einzige Muse zuordnen müsste, es wäre Asta Nielsen. Nach ersten Rollen bei Theater und Film in ihrem Heimatland Dänemark und einer langen Zusammenarbeit mit ihrem ersten Mann, dem Regisseur Urban Gad, mit dem sie auch einen "Hamlet" drehte, kam sie 1911 nach Deutschland, wo sie bis 1936 blieb. Ohne ihr Gesicht mit den schwarzumrandeten Augen und ohne ihre Hände, mit denen sie mechanisch oder ausdrucksstark ihr Mimenspiel unterstrich, wäre der deutsche Stummfilm ärmer. In Pabsts "Freudloser Gasse" (1925) gab sie sich körperlich passiv, nur ihr Gesicht arbeitete, wie es scheint, und eben ihre Hände, die ihr etwas Marionettenhaftes geben. Diese ganz eigene Art des Spiels wiederholte sie in Bruno Rahns "Dirnentragödie" 1927. 1936 kehrte sie nach Dänemark zurück, wo sie 1972 starb.

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Spiegel der Frau.

Germaine Dulac, Jahrgang 1882.

Sie gehörte zu den ersten Frauen, die im Filmgewerbe "ihren Mann" standen: Germaine Dulac war nach Alice Guy die zweite Frau überhaupt, die in Frankreich als Regisseurin arbeitete. Die Tochter eines Kavallerie-Obersts heiratete 1905 den Ingenieur und Romancier Marie-Louis Albert Dulac, der ihre ersten Schritte im Journalismus ermutigte. Sie wurde Herausgeberin von La Française, dem Organ der Sufragetten, und stieg zu einer der führenden Feministinnen ihrer Zeit auf. 1915 gründete sie mit ihrem Mann eine Produktionsfirma und machte sich auf die Suche nach dem "reinen" Kino, die auch zu einer stürmischen Zusammenarbeit mit Antonin Artaud führte. Ein Meisterwerk aus dem Jahr 1923 war jedoch "La souriante Madame Beudet", in dem Germaine Dermoz (Foto) eine Art Madame Bovary spielt, die Musik und Poesie liebt und in der Provinz in einer Ehe mit einem Fabrikanten fast erstickt, bis sie beschließt, seinen Tod herbeizuführen. Kaum ein anderer Film jener Jahre hat sich so auf die Innenwelt seiner Heldin eingelassen.

malt.

Madame wünscht keine Kinder.

Sie ließ die Männer im Regen stehen: Maria Corda, Jahrgang 1898.

Wenn ein Film "Madame wünscht keine Kinder" heißt, dann kann das ja nur bedeuten, dass es letztlich auf Mutterschaft hinausläuft. Das hindert Madame (Maria Corda), bis es so weit ist, aber keineswegs daran, sich kinderlosen Vergnügungen hinzugeben. Erst muss ihr Verlobter (Harry Liedtke) ewig warten, während sie sich mit ihrer Zofe einer Ankleidungsorgie hingibt, dann lässt sie ihn buchstäblich im Regen stehen, während sie Hüte anprobiert. Die restliche Zeit treibt sie sich mit Freundinnen oder der eigenen Mutter in Jazzlokalen herum, ärgert sich über lärmende Kinder oder gibt sich dem Konsum hin. Maria Corda war die Ehefrau des Regisseurs Alexander Korda und ihrem Mann aus Budapest nach Wien, Berlin und Hollywood gefolgt, wo der Tonfilm ihre Karriere schnell beendete, weil sie zu schlecht Englisch sprach. Sie kehrte nach Europa zurück, ließ sich scheiden, ging wieder nach New York, versuchte sich als Romanautorin und starb 1975 am Genfer See. Aber Mitte der Zwanziger war ihr Ruhm als "Schöne Helena", "Dubarry von heute" und "Jedermanns Weib" so groß, dass es vermutlich nicht verkehrt ist, hinter ihren Kleiderorgien persönliche Erfahrungen zu vermuten.

malt

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