AN INSTANT NEW YORK TIMES BESTSELLER! From the # 1 New York Times bestselling author of Eat Pray Love and The Signature of All Things, a delicious novel of glamour, sex, and adventure, about a young woman discovering that you don't have to be a good girl to be a good person. "A spellbinding novel about love, freedom, and finding your own happiness." - PopSugar "Intimate and richly sensual, razzle-dazzle with a hint of danger." -USA Today "Pairs well with a cocktail...or two." -TheSkimm "Life is both fleeting and dangerous, and there is no point in denying yourself pleasure, or being anything other than what you are." Beloved author Elizabeth Gilbert returns to fiction with a unique love story set in the New York City theater world during the 1940s. Told from the perspective of an older woman as she looks back on her youth with both pleasure and regret (but mostly pleasure), City of Girls explores themes of female sexuality and promiscuity, as well as the idiosyncrasies of true love. In 1940, nineteen-year-old Vivian Morris has just been kicked out of Vassar College, owing to her lackluster freshman-year performance. Her affluent parents send her to Manhattan to live with her Aunt Peg, who owns a flamboyant, crumbling midtown theater called the Lily Playhouse. There Vivian is introduced to an entire cosmos of unconventional and charismatic characters, from the fun-chasing showgirls to a sexy male actor, a grand-dame actress, a lady-killer writer, and no-nonsense stage manager. But when Vivian makes a personal mistake that results in professional scandal, it turns her new world upside down in ways that it will take her years to fully understand. Ultimately, though, it leads her to a new understanding of the kind of life she craves - and the kind of freedom it takes to pursue it. It will also lead to the love of her life, a love that stands out from all the rest. Now eighty-nine years old and telling her story at last, Vivian recalls how the events of those years altered the course of her life - and the gusto and autonomy with which she approached it. "At some point in a woman's life, she just gets tired of being ashamed all the time," she muses. "After that, she is free to become whoever she truly is." Written with a powerful wisdom about human desire and connection, City of Girls is a love story like no other.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Frankfurter Allgemeine ZeitungAus einem frivolen, aber sauberen Leben
Seit "Eat Pray Love" ist Elizabeth Gilbert Bestseller-Autorin und Wohlfühl-Guru. Schreibt ihr neues Buch die Erfolgsgeschichte fort?
Auf halber Strecke in ihren neuen, knapp fünfhundert Seiten durchmessenden Roman "City of Girls" hinein lädt Elizabeth Gilbert alle Follower, die ihr online auf sämtlichen biographischen Pfaden folgen, zum Realitätsabgleich ein. Da nämlich lässt sich die Ich-Erzählerin der konfettibunten Saga um ein Mädchen aus der amerikanischen Provinz, das unter Show-Girls im New York der vierziger Jahre die lästige Unschuld verliert und an Lebenslust gewinnt, mit einem Mann und einer Frau zugleich ein. Die Affäre gerät zum Skandal, der Skandal zum Wendepunkt der fiktiven Erinnerungen. Und Leser, die im Bilde darüber sind, was Elizabeth Gilbert auf Facebook, Instagram, Twitter und anderswo über sich ausbreitet, können sagen: Aha! Da hat sie doch wieder über sich selbst geschrieben, wie wir es von ihr erwarten! Dieses Mal über die Entdeckung der gleichgeschlechtlichen Liebe!
Kein Wunder. Erst seit "Liz" Gilbert über ihr eigenes Leben schreibt, ist sie ein Star. Mit Kurzgeschichten, einer Biographie und einem Roman hatte die 1969 geborene Schriftstellerin Achtungserfolge, aber keine größere Aufmerksamkeit erzielt. Dann schrieb sie das autobiographische Buch "Eat Pray Love" - und landete einen Megahit. Das war vor dreizehn Jahren. Die Story der Erinnerungen ist schnell erzählt: Eine Frau in den Dreißigern - Gilbert selbst - merkt, dass sie mit dem Falschen verheiratet und das Leben fade geworden ist. Ein Jahr lang zieht sie auf Selbstfindung durch Länder, die mit "I" beginnen wie das englische Wort für "ich": In Italien isst sie sich glücklich, in Indien meditiert sie sich glücklich, in Indonesien, auf Bali, verliebt sie sich glücklich. Der Brasilianer, den sie von dort mit nach Hause nimmt, heißt im Buch Felipe und im echten Leben José: Happyend - vorläufig.
Dass ein Buch, das sich ohne Anstrengung wegsnacken lässt, ein Weltbestseller wurde - in mehr als dreißig Sprachen übersetzt, mehr als zwölf Millionen Mal verkauft - und mit Julia Roberts ein ebenso erfolgreicher wie schlechter Film voller Klischees, sagt viel über die Sehnsucht nach sanften Seelenführern, die Konsumenten - hier vor allem weiblichen - Erlösung und spirituelle Erleuchtung durch Self-Care predigen. Und nebenbei zeigen, wie man reich und berühmt wird.
In Amerika ist das Konzept ungeheuer populär. Gilbert wurde, von Oprah Winfrey promotet, als Lebenshilfe-Guru in den Medien herumgereicht. Ihr nächstes Buch handelte vom Kampf um Felipes/Josés Aufenthaltsgenehmigung für die Vereinigten Staaten und den Entschluss, ihn zu heiraten. Es landete wie der Vorgänger an der Spitze der Bestsellerliste der "New York Times". Auf dem Höhepunkt der TED-Talk-Mode sprach Gilbert über "kreatives Leben jenseits der Angst" und veröffentlichte den aus ihrer Schreibpraxis schöpfenden Ratgeber "Big Magic". In ihm erläutert sie ihr spirituelles Verhältnis zur Inspiration und umarmt die Leser, die wie auf Gilberts Web-Präsenzen mit "ihr Lieben" (dear ones) angeredet werden.
Umso überraschender war es, als die Autorin anschließend mit einem recherchesatten historischen Roman demonstrierte, dass sie mehr als den Liz-ist-deine-beste-Freundin-Plauderton beherrscht: In "Das Wesen der Dinge und der Liebe" eignet sich die Schriftstellerin eine altertümelnde Sprache an, um den Lebensweg einer fiktiven Pflanzenforscherin im frühen neunzehnten Jahrhundert nachzuzeichnen. Weibliche Selbstfindung, mal wieder, doch in einem interessanten neuen Gewand jenseits des eigenen Egos. Das fand Zuspruch bei Kritikern wie dem Publikum. Aber so erfolgreich, so reichweitenstark, wie Elizabeth Gilbert es mit Geschichten aus ihrem wahren Leben ist, wurde es nie.
Denn dort herrschte Revolution, und alle konnten mitlesen. Erster Paukenschlag: Trennung von José. Das Ende des literarischen Traumpaars sandte Schockwellen durch den Fan-Pool. Dann gab Gilbert bekannt, dass sie sich in ihre beste Freundin Rayya Elias verliebt habe, die unheilbar an Krebs erkrankt sei, und zeigte Fotos der Verpartnerungszeremonie auf Instagram und Facebook. Später teilte Gilbert dort den Tod ihrer Partnerin mit. Und ein paar Monate darauf mit Bild, dass es einen neuen Mann in ihrem Leben gebe, der ein gemeinsamer Freund von ihr und Rayya sei.
Solche realen Plot-Twists stellen jede Fiktion in den Schatten. Die Gilbert-Anhänger lesen aus ihnen die von radikaler Liebesfähigkeit getriebene Selbstverwirklichung einer Frau über kulturelle Grenzen und Gender-Normen hinweg. Dass Gilbert ihr Leben öffentlich "teilt", bürgt für sie für die Authentizität des Gefühls. Die Marke Elizabeth Gilbert funktioniert nur so: als Einheit von Leben und Schreiben.
Das hat Folgen. Als Gilbert "City of Girls" bei Oprah Winfrey in "Super Soul Sunday" vorstellte, war offensichtlich, wie viel interessanter die Gastgeberin das tragische Liebesleben der Autorin als das Buch fand. Andererseits: Ohne das gelebte Leben hinter dem Roman fände das fiktive zwischen den Buchdeckeln kaum so viel Beachtung. Die neue Variation zum Thema "eine Frau geht ihren Weg und findet sich selbst", die bei Riverhead Books erschienen ist nächstes Frühjahr bei S. Fischer auf Deutsch herausgebracht wird, ist keine Offenbarung, sondern solide Unterhaltungsliteratur für gehobene Ansprüche. Auf Facebook legt Gilbert anhand des Fotos einer Tagebuchaufzeichnung, die sie kurz nach dem Tod ihrer Partnerin geschrieben hat, eine andere, persönlichere und gewichtigere Lesart nahe: ",City of Girls' soll deine Medizin sein", steht da als Teil eines Kontraktes mit sich selbst. Wer werkimmanente Lektüre schätzt, hat es mit Elizabeth Gilbert nicht leicht.
Im Roman beginnt alles mit einem Brief, den die hochbetagte Vivian von der Tochter eines verstorbenen Freundes oder Liebhabers - was zutrifft, bleibt bis zuletzt offen - erhält. Die Tochter will wissen, was da war zwischen Vivian und ihrem Vater. Die weitschweifige Antwort ist die fiktionale Biographie, die folgt und die Kriegs- und Nachkriegswelt der weißen angelsächsischen Protestanten an der Ostküste auf eine Varieté-Bühne bringt. Vom Vassar College wegen Leistungsschwäche entlassen, findet die Tochter aus konservativem Haus 1940 Zuflucht bei einer exzentrischen Tante, die in New York mit ihrer Lebenspartnerin ein Theater betreibt. Erst Kostümbildnerin, dann Designerin von Brautkleidern, in Partnerschaft mit einer ehemaligen Lumpenhändlerin - das ist vordergründig ihr Karriere- und Lebensweg.
Tatsächlich geht es um Lehrjahre der Gefühle im zwanzigsten Jahrhundert - aus feministischer Perspektive. Vivian lernt viel und schnell: was Freundschaft unter Frauen wert ist und Ruhm, wie Sex als Erledigung und als Erfüllung funktioniert, was Verrat bedeutet und welch unterschiedliche Formen von Beziehungen eine Tiefe erreichen können, die Dauer verspricht. Wir bewegen uns durch ein Panoptikum der anrührenden und komischen Gestalten: die skurrile Tante, ihre noch skurrilere Partnerin und Managerin und ihr bombastisch liebenswürdig hedonistischer Ehemann; Wesen des Glamours wie das junge Showgirl Celia Ray, die alternde Diva Edna Parker mit ihrem Toyboy-Gemahl und jede Menge hungriger junger Kerle in Nachtclubs, durch die Vivian sich schläft. Der pflichtbewusst in den Krieg ziehende Bruder tritt auf und schließlich Frank, der Veteran, eine Liebe der unerwarteten Art.
Die Machtfrage zwischen den Geschlechtern, die #Metoo neu stellte, unterläuft der Roman, indem er Frauen ins Zentrum rückt, die tun, was Männern vorbehalten war: sich sexuell auszuleben. Es geht frivol zu, aber auf amerikanisch saubere Weise - entjungfert wird gegen Bezahlung beim Arzt. Neben einem Buch wie Leila Slimanis "All das zu verlieren", in dem eine verheiratete Pariserin sich Fremden sexuell hingibt, wirkt "City of Girls" wie dekoratives Handlettering neben einer Malerei von Cy Twombly.
Der Charme von "City of Girls" liegt in der flirrenden Fülle, die uns durch halb distanzierte, ironisch überhauchte Beobachtungen der Heldin erschlossen wird. Versiert sind historische Fakten und Figuren mit erfundenen verwebt - ohne allerdings je die Illusion historischer Authentizität schaffen zu können. Vivian plaudert daher im typischen Gilbert-Ton, nie wird es dringlich, nie geht es an die Substanz. Das sorgt für eine verstörend gefühlskalte Unterströmung, auf der feministische Kalenderweisheiten treiben wie "Ich lernte, dass, wenn Frauen ohne Männer versammelt sind, sie nichts Spezielles sein müssen, sie können einfach sein."
Dass auch zwei Frauen ein Kind großziehen können, dürfte auch vor fünfzig Jahren niemand in Amerika für unmöglich gehalten haben; in "City of Girls" erscheint dieser Aspekt, wie viele andere, als Teil einer Agenda, die abgearbeitet werden muss in einem Roman mit Botschaft: Schäme dich nicht, als Frau (oder anderes) zu sein, wer du bist. Und genieße dein kleines, wundervolles Leben. Damit schließt sich der Kreis: Elizabeth Gilbert ist eine Feelgood-Lebenshilfe-Autorin geblieben. Auch wenn sie nicht mehr über sich selbst schreibt.
URSULA SCHEER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Seit "Eat Pray Love" ist Elizabeth Gilbert Bestseller-Autorin und Wohlfühl-Guru. Schreibt ihr neues Buch die Erfolgsgeschichte fort?
Auf halber Strecke in ihren neuen, knapp fünfhundert Seiten durchmessenden Roman "City of Girls" hinein lädt Elizabeth Gilbert alle Follower, die ihr online auf sämtlichen biographischen Pfaden folgen, zum Realitätsabgleich ein. Da nämlich lässt sich die Ich-Erzählerin der konfettibunten Saga um ein Mädchen aus der amerikanischen Provinz, das unter Show-Girls im New York der vierziger Jahre die lästige Unschuld verliert und an Lebenslust gewinnt, mit einem Mann und einer Frau zugleich ein. Die Affäre gerät zum Skandal, der Skandal zum Wendepunkt der fiktiven Erinnerungen. Und Leser, die im Bilde darüber sind, was Elizabeth Gilbert auf Facebook, Instagram, Twitter und anderswo über sich ausbreitet, können sagen: Aha! Da hat sie doch wieder über sich selbst geschrieben, wie wir es von ihr erwarten! Dieses Mal über die Entdeckung der gleichgeschlechtlichen Liebe!
Kein Wunder. Erst seit "Liz" Gilbert über ihr eigenes Leben schreibt, ist sie ein Star. Mit Kurzgeschichten, einer Biographie und einem Roman hatte die 1969 geborene Schriftstellerin Achtungserfolge, aber keine größere Aufmerksamkeit erzielt. Dann schrieb sie das autobiographische Buch "Eat Pray Love" - und landete einen Megahit. Das war vor dreizehn Jahren. Die Story der Erinnerungen ist schnell erzählt: Eine Frau in den Dreißigern - Gilbert selbst - merkt, dass sie mit dem Falschen verheiratet und das Leben fade geworden ist. Ein Jahr lang zieht sie auf Selbstfindung durch Länder, die mit "I" beginnen wie das englische Wort für "ich": In Italien isst sie sich glücklich, in Indien meditiert sie sich glücklich, in Indonesien, auf Bali, verliebt sie sich glücklich. Der Brasilianer, den sie von dort mit nach Hause nimmt, heißt im Buch Felipe und im echten Leben José: Happyend - vorläufig.
Dass ein Buch, das sich ohne Anstrengung wegsnacken lässt, ein Weltbestseller wurde - in mehr als dreißig Sprachen übersetzt, mehr als zwölf Millionen Mal verkauft - und mit Julia Roberts ein ebenso erfolgreicher wie schlechter Film voller Klischees, sagt viel über die Sehnsucht nach sanften Seelenführern, die Konsumenten - hier vor allem weiblichen - Erlösung und spirituelle Erleuchtung durch Self-Care predigen. Und nebenbei zeigen, wie man reich und berühmt wird.
In Amerika ist das Konzept ungeheuer populär. Gilbert wurde, von Oprah Winfrey promotet, als Lebenshilfe-Guru in den Medien herumgereicht. Ihr nächstes Buch handelte vom Kampf um Felipes/Josés Aufenthaltsgenehmigung für die Vereinigten Staaten und den Entschluss, ihn zu heiraten. Es landete wie der Vorgänger an der Spitze der Bestsellerliste der "New York Times". Auf dem Höhepunkt der TED-Talk-Mode sprach Gilbert über "kreatives Leben jenseits der Angst" und veröffentlichte den aus ihrer Schreibpraxis schöpfenden Ratgeber "Big Magic". In ihm erläutert sie ihr spirituelles Verhältnis zur Inspiration und umarmt die Leser, die wie auf Gilberts Web-Präsenzen mit "ihr Lieben" (dear ones) angeredet werden.
Umso überraschender war es, als die Autorin anschließend mit einem recherchesatten historischen Roman demonstrierte, dass sie mehr als den Liz-ist-deine-beste-Freundin-Plauderton beherrscht: In "Das Wesen der Dinge und der Liebe" eignet sich die Schriftstellerin eine altertümelnde Sprache an, um den Lebensweg einer fiktiven Pflanzenforscherin im frühen neunzehnten Jahrhundert nachzuzeichnen. Weibliche Selbstfindung, mal wieder, doch in einem interessanten neuen Gewand jenseits des eigenen Egos. Das fand Zuspruch bei Kritikern wie dem Publikum. Aber so erfolgreich, so reichweitenstark, wie Elizabeth Gilbert es mit Geschichten aus ihrem wahren Leben ist, wurde es nie.
Denn dort herrschte Revolution, und alle konnten mitlesen. Erster Paukenschlag: Trennung von José. Das Ende des literarischen Traumpaars sandte Schockwellen durch den Fan-Pool. Dann gab Gilbert bekannt, dass sie sich in ihre beste Freundin Rayya Elias verliebt habe, die unheilbar an Krebs erkrankt sei, und zeigte Fotos der Verpartnerungszeremonie auf Instagram und Facebook. Später teilte Gilbert dort den Tod ihrer Partnerin mit. Und ein paar Monate darauf mit Bild, dass es einen neuen Mann in ihrem Leben gebe, der ein gemeinsamer Freund von ihr und Rayya sei.
Solche realen Plot-Twists stellen jede Fiktion in den Schatten. Die Gilbert-Anhänger lesen aus ihnen die von radikaler Liebesfähigkeit getriebene Selbstverwirklichung einer Frau über kulturelle Grenzen und Gender-Normen hinweg. Dass Gilbert ihr Leben öffentlich "teilt", bürgt für sie für die Authentizität des Gefühls. Die Marke Elizabeth Gilbert funktioniert nur so: als Einheit von Leben und Schreiben.
Das hat Folgen. Als Gilbert "City of Girls" bei Oprah Winfrey in "Super Soul Sunday" vorstellte, war offensichtlich, wie viel interessanter die Gastgeberin das tragische Liebesleben der Autorin als das Buch fand. Andererseits: Ohne das gelebte Leben hinter dem Roman fände das fiktive zwischen den Buchdeckeln kaum so viel Beachtung. Die neue Variation zum Thema "eine Frau geht ihren Weg und findet sich selbst", die bei Riverhead Books erschienen ist nächstes Frühjahr bei S. Fischer auf Deutsch herausgebracht wird, ist keine Offenbarung, sondern solide Unterhaltungsliteratur für gehobene Ansprüche. Auf Facebook legt Gilbert anhand des Fotos einer Tagebuchaufzeichnung, die sie kurz nach dem Tod ihrer Partnerin geschrieben hat, eine andere, persönlichere und gewichtigere Lesart nahe: ",City of Girls' soll deine Medizin sein", steht da als Teil eines Kontraktes mit sich selbst. Wer werkimmanente Lektüre schätzt, hat es mit Elizabeth Gilbert nicht leicht.
Im Roman beginnt alles mit einem Brief, den die hochbetagte Vivian von der Tochter eines verstorbenen Freundes oder Liebhabers - was zutrifft, bleibt bis zuletzt offen - erhält. Die Tochter will wissen, was da war zwischen Vivian und ihrem Vater. Die weitschweifige Antwort ist die fiktionale Biographie, die folgt und die Kriegs- und Nachkriegswelt der weißen angelsächsischen Protestanten an der Ostküste auf eine Varieté-Bühne bringt. Vom Vassar College wegen Leistungsschwäche entlassen, findet die Tochter aus konservativem Haus 1940 Zuflucht bei einer exzentrischen Tante, die in New York mit ihrer Lebenspartnerin ein Theater betreibt. Erst Kostümbildnerin, dann Designerin von Brautkleidern, in Partnerschaft mit einer ehemaligen Lumpenhändlerin - das ist vordergründig ihr Karriere- und Lebensweg.
Tatsächlich geht es um Lehrjahre der Gefühle im zwanzigsten Jahrhundert - aus feministischer Perspektive. Vivian lernt viel und schnell: was Freundschaft unter Frauen wert ist und Ruhm, wie Sex als Erledigung und als Erfüllung funktioniert, was Verrat bedeutet und welch unterschiedliche Formen von Beziehungen eine Tiefe erreichen können, die Dauer verspricht. Wir bewegen uns durch ein Panoptikum der anrührenden und komischen Gestalten: die skurrile Tante, ihre noch skurrilere Partnerin und Managerin und ihr bombastisch liebenswürdig hedonistischer Ehemann; Wesen des Glamours wie das junge Showgirl Celia Ray, die alternde Diva Edna Parker mit ihrem Toyboy-Gemahl und jede Menge hungriger junger Kerle in Nachtclubs, durch die Vivian sich schläft. Der pflichtbewusst in den Krieg ziehende Bruder tritt auf und schließlich Frank, der Veteran, eine Liebe der unerwarteten Art.
Die Machtfrage zwischen den Geschlechtern, die #Metoo neu stellte, unterläuft der Roman, indem er Frauen ins Zentrum rückt, die tun, was Männern vorbehalten war: sich sexuell auszuleben. Es geht frivol zu, aber auf amerikanisch saubere Weise - entjungfert wird gegen Bezahlung beim Arzt. Neben einem Buch wie Leila Slimanis "All das zu verlieren", in dem eine verheiratete Pariserin sich Fremden sexuell hingibt, wirkt "City of Girls" wie dekoratives Handlettering neben einer Malerei von Cy Twombly.
Der Charme von "City of Girls" liegt in der flirrenden Fülle, die uns durch halb distanzierte, ironisch überhauchte Beobachtungen der Heldin erschlossen wird. Versiert sind historische Fakten und Figuren mit erfundenen verwebt - ohne allerdings je die Illusion historischer Authentizität schaffen zu können. Vivian plaudert daher im typischen Gilbert-Ton, nie wird es dringlich, nie geht es an die Substanz. Das sorgt für eine verstörend gefühlskalte Unterströmung, auf der feministische Kalenderweisheiten treiben wie "Ich lernte, dass, wenn Frauen ohne Männer versammelt sind, sie nichts Spezielles sein müssen, sie können einfach sein."
Dass auch zwei Frauen ein Kind großziehen können, dürfte auch vor fünfzig Jahren niemand in Amerika für unmöglich gehalten haben; in "City of Girls" erscheint dieser Aspekt, wie viele andere, als Teil einer Agenda, die abgearbeitet werden muss in einem Roman mit Botschaft: Schäme dich nicht, als Frau (oder anderes) zu sein, wer du bist. Und genieße dein kleines, wundervolles Leben. Damit schließt sich der Kreis: Elizabeth Gilbert ist eine Feelgood-Lebenshilfe-Autorin geblieben. Auch wenn sie nicht mehr über sich selbst schreibt.
URSULA SCHEER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
A glamorous, sexy, compelling romp of a novel about showgirls in New York in the 1940s. It is an addictive story, with vivid, brazenly drawn female characters, that brims with fascinating historical details of the time . Radical and refreshing to read Dolly Alderton Sunday Times