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Themen der Gedichte von Marcia Nardi (1901-1990) sind: der geöffnete Körper, das Tier- und Pflanzewerden von Einsamen, Wörter mit Vulva, Wörter als Kiesel, Wörter in Venen, die Heilige Maria als Leihmutter, die Überflutung der Erde, Schockfilme in Kinozelten, die Morde der Reichen, die Messingringe der Armen und vieles mehr. Nardi wäre eine Surrealistin, wenn sie jemals ein Auge zubekäme. Sie wäre eine Imagistin, würden ihre Bilder nicht von Gedanken überstrahlt. Sie wäre eine Objektivistin, wäre sie nicht so subjektiv, ja intransigent. William Carlos Williams schrieb, ihre Gedichte »scheinen…mehr

Produktbeschreibung
Themen der Gedichte von Marcia Nardi (1901-1990) sind: der geöffnete Körper, das Tier- und Pflanzewerden von Einsamen, Wörter mit Vulva, Wörter als Kiesel, Wörter in Venen, die Heilige Maria als Leihmutter, die Überflutung der Erde, Schockfilme in Kinozelten, die Morde der Reichen, die Messingringe der Armen und vieles mehr. Nardi wäre eine Surrealistin, wenn sie jemals ein Auge zubekäme. Sie wäre eine Imagistin, würden ihre Bilder nicht von Gedanken überstrahlt. Sie wäre eine Objektivistin, wäre sie nicht so subjektiv, ja intransigent. William Carlos Williams schrieb, ihre Gedichte »scheinen mir zu den besten unserer Zeit zu gehören - soviel besser als das, was gewöhnlich als gut durchgeht, dass ich mich, gelinde gesagt, für mein Geschlecht schäme, das im Allgemeinen die Szene beherrscht«. Unser von Stefan Ripplinger übersetzter Band - Englisch / Deutsch - ist weltweit die erste Buchveröffentlichung von Marcia Nardis Gedichten seit 1956.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Rezensent Peter Neumann freut sich, dass die Gedichte Marcia Nardis nun in einer zweisprachigen Ausgabe vorliegen. Nardi war eine Bekannte des Dichters William Carlos Williams, der Auszüge aus ihren an ihn adressierten Briefen ohne Erlaubnis in sein eigenes Werk integrierte. Nardi selbst drückt in ihrer Lyrik ihre Verzweiflung und ihre Einsamkeit aus, so Neumann, die Gedichte bestechen ihn durch die Art und Weise, wie sie Allgemeingültiges aus Alltäglichkeiten bergen. Auch die unglücklichen Erfahrungen einer Frau mit dem Literaturbetrieb ihrer Zeit, ihre Einsamkeit und Armut stecken in den Versen, erkennt der Rezensen und zitiert: "An alle dunklen Schließen und Wände / Habe ich gehämmert und habe gerufen ... / Dies ist mein Haus, schrie ich, / Lasst mich ein."

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.03.2024

Selbste in Lebendhirn
Keine Offenbarung nach der Enthüllung: Marcia Nardis Gedichte

1942 wandte sich Marcia Nardi an William Carlos Williams. Sie suchte medizinischen Rat, zeigte dem Arzt und Dichter aber auch eigene Gedichte. Williams war sehr beeindruckt, förderte sie publizistisch und unterstützte die in äußerst prekären Verhältnissen lebende Nardi finanziell. Die 1901 in Boston geborene und 1990 in Watertown, ebenfalls im Bundesstaat Massachusetts gestorbene Dichterin wiederum schrieb ihm lange Briefe, die Williams irgendwann zu lang wurden. Er beendete den Kontakt vorerst. Nardis Briefe allerdings ließ er zum Teil in sein großes Epos "Paterson" einfließen - ohne die Autorin zu fragen oder auch nur ihren Namen zu nennen.

Das "Schreibheft" dokumentierte diesen Fall dichterischer Aneignung vor drei Jahren, jetzt liefert der Verlag zero sharp die "Gesammelten Gedichte" Nardis nach. Der Übersetzer Stefan Ripplinger fasst den Fall in seinem Nachwort noch einmal zusammen und zitiert zum Schluss die Literaturwissenschaftlerin Rachel Blau Du Plessis: "Sollten Nardis Briefe, die Williams für ,Paterson' ausgewählt und leicht umgeschrieben hat, ihre am meisten beeindruckenden Werke sein?" Diese Frage, so Ripplinger, ließe sich ernsthaft erst mit Erscheinen des vorliegenden Bandes beantworten. Man muss sie, zumindest angesichts der Übersetzung, leider mit Ja beantworten.

Lobt William Carlos Williams Nardis metrisches Gespür, so holpert der Rhythmus in Ripplingers Übersetzung immer wieder gewaltig. Mahnt Williams, Nardi solle auf keinen Fall die Satzstellung zu sehr verändern, schert sich Ripplinger nicht um eine natürliche Satzstellung im Deutschen. Verbindet man mit William Carlos Williams vor allem Klarheit, Lakonie, Kompaktheit und meint man diese Qualitäten zumindest hier und da auch in den englischen Originalen Marcia Nardis auszumachen, scheut der Übersetzer nicht vor Pathos und Schwulst zurück. Wenn es ihm passt, reimt er sogar, ohne dass im Original gereimt würde - und er reimt nicht gut: "Allein das abgetrennte Lebendhirn / Zeugt noch von der goldnen Axt, die schwebt / Über jedem Bett, Treffpunkt zweier Selbste, / Die sich auseinandergelebt."

Nur weil eine Dichterin vergessen wurde, ist sie noch keine gute Dichterin. Mit den großen Dichterinnen der "confessional poetry" hat Nardi nichts zu tun, auch wenn ihre Lyrik sehr ich-zentriert ist. Stellenweise, und da verschlimmert die Übersetzung dann nur wenig, tragen ihre Verse und Bilder eher pubertäre Züge: "Ich habe dir schreiben wollen - / Um dein Denken mit einem meiner Worte zu berühren / Wie deine Wange mit meinen Lippen. / Aber das Wollen ist immer schneller / Als meine schüchtern stammelnden Wörter, / Es galoppiert voraus wie ein fliehendes Pferd." Man kann auch bei der Lektüre dieser Gedichte einen gewissen Fluchtimpuls nicht unterdrücken. TOBIAS LEHMKUHL

Marcia Nardi:

"Gesammelte

Gedichte".

Aus dem Englischen von Stefan Ripplinger.

Zero sharp Verlag, Berlin 2023. 240 S., geb., 24,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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