Wem gehört, was eine künstliche Intelligenz erschaffen hat? Bisher ist der Mensch als Schöpfer von Werken und Erfindungen Ausgangspunkt und Legitimationsfigur für das Urheber- und Patentrecht. Doch schon heute steuern moderne Computersysteme die Entwicklung von Medikamenten, erzeugen Designs, komponieren Musik und schreiben Texte. Wie geht das Immaterialgüterrecht damit um, wenn an die Stelle des Menschen der Computer als Schöpfer tritt? Niklas Maamar zeigt, wie computergenerierte Werke und Erfindungen im geltenden Recht geschützt sind und wem das Schutzrecht daran zusteht. Unter Berücksichtigung des Wandels der Innovationsökonomie beim Einsatz von künstlicher Intelligenz zum Werkschaffen und Erfinden analysiert er, ob ein Schutz von KI-Erzeugnissen ökonomisch und gesellschaftlich gerechtfertigt ist. Ausgehend davon skizziert der Autor, wie der Rechtsrahmen des heutigen Immaterialgüterrechts im Zeitalter der künstlichen Intelligenz fortentwickelt werden könnte.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.02.2022Computer schafft Rembrandt
Zum Schutz von Werken Künstlicher Intelligenz
Sollen von einem Computer generierte Werke und Erfindungen rechtlichen Monopolschutz genießen? Wir alle haben schon Texte gelesen, die nicht von Menschen, sondern von Künstlicher Intelligenz (KI) produziert wurden. Das reicht von Artikeln über Fußballspiele bis hin zu Wetterberichten und Horoskopen. Dabei sind solche durch Algorithmen generierten Texte bisweilen kaum oder gar nicht von Werken zu unterscheiden, die ein Mensch geschaffen hat. KI-Systeme können aus Satellitenbildern Landkarten erzeugen, Choreographien für Tänzer erstellen und sogar personalisierte Computerspiele entwickeln. Auch als Erfinder wird der Computer tätig: Der von einer KI entwickelte Wirkstoff DSP-1181 wird als Medikament gegen Zwangsstörungen getestet.
"Wie hast du's mit der Künstlichen Intelligenz?" ist damit zu einer Gretchenfrage für das Recht des geistigen Eigentums im 21. Jahrhundert geworden, die Niklas Maamar in seinem Werk untersucht. Scharfsinnig kritisiert er die Prämisse des traditionellen Schöpferprinzips, wonach nur der Mensch zu geistigem Schaffen in der Lage sei. Schon seit Langem ist das Leitbild des einzelnen genialen Erfinders eine romantische Fiktion. Komplexe Schöpfungen wie Software, Computerspiele und Medikamente werden seit jeher in Teams entwickelt. Folgerichtig fragt Maamar, ob es ökonomische oder gesellschaftspolitische Gründe gibt, computergenerierte Erfindungen und Werke durch das Patentrecht oder Urheberrecht zu schützen. Im Urheberrecht differenziert er dabei zwischen dem Autonomiegrad der Schöpfungen: teilautonom (Erstellung eines fiktiven Porträts in Form einer Mischung aus 350 Originalgemälden Rembrandts), hochautonom (textliche Fußballberichterstattung auf Basis von Spiel-Ereignissen) und vollautonom (Computer setzt sich selbst das Ziel seines Schaffens). Da die Fixkosten computergenerierter Werke mit dem Autonomiegrad des KI-Systems abnehmen, wird ein Anreiz in Form eines Monopolschutzes immer unwichtiger. Maamar will daher nur teilautonomen Schöpfungen Schutz zubilligen. Diese Einschätzung ist überzeugend. Maamars kluge Arbeit ist indes nicht das Ende der Diskussion, sondern erst ihr Anfang. CHRISTIAN RAUDA
Niklas Maamar: Computer als Schöpfer, Mohr Siebeck, Tübingen 2021, 286 Seiten, 74 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Zum Schutz von Werken Künstlicher Intelligenz
Sollen von einem Computer generierte Werke und Erfindungen rechtlichen Monopolschutz genießen? Wir alle haben schon Texte gelesen, die nicht von Menschen, sondern von Künstlicher Intelligenz (KI) produziert wurden. Das reicht von Artikeln über Fußballspiele bis hin zu Wetterberichten und Horoskopen. Dabei sind solche durch Algorithmen generierten Texte bisweilen kaum oder gar nicht von Werken zu unterscheiden, die ein Mensch geschaffen hat. KI-Systeme können aus Satellitenbildern Landkarten erzeugen, Choreographien für Tänzer erstellen und sogar personalisierte Computerspiele entwickeln. Auch als Erfinder wird der Computer tätig: Der von einer KI entwickelte Wirkstoff DSP-1181 wird als Medikament gegen Zwangsstörungen getestet.
"Wie hast du's mit der Künstlichen Intelligenz?" ist damit zu einer Gretchenfrage für das Recht des geistigen Eigentums im 21. Jahrhundert geworden, die Niklas Maamar in seinem Werk untersucht. Scharfsinnig kritisiert er die Prämisse des traditionellen Schöpferprinzips, wonach nur der Mensch zu geistigem Schaffen in der Lage sei. Schon seit Langem ist das Leitbild des einzelnen genialen Erfinders eine romantische Fiktion. Komplexe Schöpfungen wie Software, Computerspiele und Medikamente werden seit jeher in Teams entwickelt. Folgerichtig fragt Maamar, ob es ökonomische oder gesellschaftspolitische Gründe gibt, computergenerierte Erfindungen und Werke durch das Patentrecht oder Urheberrecht zu schützen. Im Urheberrecht differenziert er dabei zwischen dem Autonomiegrad der Schöpfungen: teilautonom (Erstellung eines fiktiven Porträts in Form einer Mischung aus 350 Originalgemälden Rembrandts), hochautonom (textliche Fußballberichterstattung auf Basis von Spiel-Ereignissen) und vollautonom (Computer setzt sich selbst das Ziel seines Schaffens). Da die Fixkosten computergenerierter Werke mit dem Autonomiegrad des KI-Systems abnehmen, wird ein Anreiz in Form eines Monopolschutzes immer unwichtiger. Maamar will daher nur teilautonomen Schöpfungen Schutz zubilligen. Diese Einschätzung ist überzeugend. Maamars kluge Arbeit ist indes nicht das Ende der Diskussion, sondern erst ihr Anfang. CHRISTIAN RAUDA
Niklas Maamar: Computer als Schöpfer, Mohr Siebeck, Tübingen 2021, 286 Seiten, 74 Euro.
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