Andrea lebt in dem Provinznest Portland und geht auf die Highschool. Mit ihren Freundinnen geht sie oft zu Scamp's Eis essen, dort können sie ewig rumhocken und ihr Liebesleid bereden. Mit 16 beginnt sich Andrea langsam Sorgen zu machen, weil sie noch immer Jungfrau ist und hofft, daß man es ihr nicht ansieht. Von ihren Eltern ins Sommercamp geschickt, passiert es dann, ihr "richtiges Leben hat jetzt genau in diesem Moment angefangen". Als sie Todd Sparrow, den coolen Rocksänger von Colour Green, trifft, schlägt es wie ein Blitz ein. Ihre Eltern sind beunruhigt, weil sie ständig auf Rockkonzerten rumhängt und so ausgeflippte Klamotten wie ihr Kuhkleid trägt, dabei ist Coolsein beinahe alles. Es passiert viel in diesen Jahren, bevor Andrea 18 ist. Mit ihrer Freundin Cybil, die sich den Kopf rasiert und die Band Sins of Our Fathers gründet und ihr erst spät sagt, daß sie lesbisch ist. Und mit Todd, der sie niemals wirklich geliebt hat. Doch irgendwann scheint der ganze Spaß und da s riesige Gefühl von Freiheit vorbei zu sein, als wäre es Zeit, sich ernsthafte Gedanken über die Zukunft zu machen.Schonungslos offen, sensibel und witzig, erzählt Blake Nelson von einem Mädchen, das alles sein will, nur nicht spießiges Mittelmaß. Zugleich sehnt sie sich, ganz normal und wieder Kind zu sein. Manchmal verzweifelt sie an ihren widersprüchlichen Gefühlen, ringt um einen Weg zwischen Anpassung und Rebellion, doch sie spielt auch mit diesen ambivalenten Rollen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.05.1997Quasselstrippe mit Weltschmerz
Immer schön cool bleiben - Blake Nelsons Roman der Spaß-Generation
Sie ist knapp sechzehn und eine unglaubliche Quasselstrippe. Sie fängt gerade an, ihren Körper sexy zu finden, und so langsam ist sie fällig für das "erste Mal", findet sie. Das will sorgfältig geplant sein, schließlich will man sich ja nicht wegwerfen. Ihre Koordinaten sind Highschool, Second-hand-Laden, Frozen Joghurt Shop und die jeweils angesagten Musikclubs. Am Ende wird sie ihren achtzehnten Geburtstag hinter sich haben und auch die Highschool, morgen geht's ins College, und dann wird alles anders.
Ein bewährtes Muster: Der Autor läßt einen Teenager in tagebuchartiger Form von sich selbst erzählen, der Leser nimmt teil an der Suche nach Identität, Liebe und Sinn. Ungewohnt ist jedoch die Gelassenheit, mit der Blake Nelson auf Botschaften verzichtet. Die Stimme seiner Erzählerin klingt so unangestrengt, als hätte er es nicht nötig gehabt, sie sich auszudenken. Das Mädchen redet von allem, was ihr gerade einfällt und geschieht, und das ist nicht wenig. Fehlten Punkt und Komma, fiele das kaum weiter auf. Aber das Gequassel ist glaubwürdig: ungeniert, aberwitzig, erotisch. Auch der Weltschmerz fehlt nicht. Dabei gehört sie einer Generation an, die nicht als sonderlich tiefgründig gilt: der Spaß-Generation. Ständig macht sie sich Gedanken um Kleidung, Frisuren und die Beliebtheitsskala in der Highschool, immer in Sorge, nicht cool genug zu sein. Schwierig; denn zwischen absolut cool und total peinlich gibt es manchmal nur den winzigen Unterschied, der in den Blicken der anderen zu finden ist.
Nachdem sie verschiedentlich mit Jungen nur "rumgemacht" hat, verschafft sie sich ein mehr als akzeptables "erstes Mal" und kann endlich mitreden. Doch die Sache mit dem Sex geht erst richtig los, als sie Todd kennenlernt, der Musiker ist und ein freier Geist. Über Sex mit Todd spricht sie anders, vom "Rummachen" ist keine Rede mehr. Sie ist gefährlich und verloren verliebt, und für die Umschreibung dieses Gefühls reicht ihr an einer Stelle ein einziger, atemloser Satz.
Ihr Name, Andrea, gerät beim Lesen merkwürdig oft in Vergessenheit, obwohl sie unentwegt von sich selbst spricht. Aber sie tut es wie jemand, dessen Augen beim Erzählen herumwandern und Neues entdecken. Wer zuhört, dreht unwillkürlich den Kopf mit. Den Widerspruch etwa, daß sie so sein will wie alle anderen und zugleich jemand ganz Besonderes, beschreibt Nelson im Blick auf andere. Da ist die reichlich angepaßte beste Freundin, mit der man auf der sicheren Seite ist, was das soziale Leben in der Schule betrifft. Da ist aber auch die seltsame, unabhängigere Cybil, die immer wieder Fragezeichen hinter die Gedanken der Erzählerin setzt. Sie bleibt wichtig, während die anderen austauschbar sind, nacheinander aufleuchten und verblassen.
In dieser scheinbar absichtslos heruntergeratterten Geschichte eines ziemlich normalen Highschoolmädchens ist eine große Ehrlichkeit. Vieles bleibt unkommentiert, oft fehlt die Konsequenz. Diese lebensnahe Disparatheit zeigt sich auch in der Sprache des Romans, einer leicht lesbaren, eigenwilligen und sympathischen Mischung voller Jugendphrasen und altkluger Floskeln (amüsant sind die eingestreuten politisch korrekten Ausdrücke). Dieser Ton ist unmittelbar wie die Person, die ihn anschlägt, und er ist ungeschliffen wie ihre Geschichte.
Der Versuch, die Sprache einer bestimmten Generation ins Buch zu bringen, schlägt oft fehl. Viele Erzählungen für Jugendliche haben eine kurze Verfallszeit, weil ihnen der muntermodische Ton nur aufgesetzt ist. Das "Cool Girl" aber spricht die Sprache, die zu ihm gehört; man wird es noch lesen können, wenn es längst uncool geworden ist. MONIKA OSBERGHAUS Blake Nelson: "Cool Girl". Aus dem Amerikanischen von Hans Schumacher. Verlag Beltz & Gelberg, Weinheim 1997. 299 S., geb., 29,80 DM. Ab 14 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Immer schön cool bleiben - Blake Nelsons Roman der Spaß-Generation
Sie ist knapp sechzehn und eine unglaubliche Quasselstrippe. Sie fängt gerade an, ihren Körper sexy zu finden, und so langsam ist sie fällig für das "erste Mal", findet sie. Das will sorgfältig geplant sein, schließlich will man sich ja nicht wegwerfen. Ihre Koordinaten sind Highschool, Second-hand-Laden, Frozen Joghurt Shop und die jeweils angesagten Musikclubs. Am Ende wird sie ihren achtzehnten Geburtstag hinter sich haben und auch die Highschool, morgen geht's ins College, und dann wird alles anders.
Ein bewährtes Muster: Der Autor läßt einen Teenager in tagebuchartiger Form von sich selbst erzählen, der Leser nimmt teil an der Suche nach Identität, Liebe und Sinn. Ungewohnt ist jedoch die Gelassenheit, mit der Blake Nelson auf Botschaften verzichtet. Die Stimme seiner Erzählerin klingt so unangestrengt, als hätte er es nicht nötig gehabt, sie sich auszudenken. Das Mädchen redet von allem, was ihr gerade einfällt und geschieht, und das ist nicht wenig. Fehlten Punkt und Komma, fiele das kaum weiter auf. Aber das Gequassel ist glaubwürdig: ungeniert, aberwitzig, erotisch. Auch der Weltschmerz fehlt nicht. Dabei gehört sie einer Generation an, die nicht als sonderlich tiefgründig gilt: der Spaß-Generation. Ständig macht sie sich Gedanken um Kleidung, Frisuren und die Beliebtheitsskala in der Highschool, immer in Sorge, nicht cool genug zu sein. Schwierig; denn zwischen absolut cool und total peinlich gibt es manchmal nur den winzigen Unterschied, der in den Blicken der anderen zu finden ist.
Nachdem sie verschiedentlich mit Jungen nur "rumgemacht" hat, verschafft sie sich ein mehr als akzeptables "erstes Mal" und kann endlich mitreden. Doch die Sache mit dem Sex geht erst richtig los, als sie Todd kennenlernt, der Musiker ist und ein freier Geist. Über Sex mit Todd spricht sie anders, vom "Rummachen" ist keine Rede mehr. Sie ist gefährlich und verloren verliebt, und für die Umschreibung dieses Gefühls reicht ihr an einer Stelle ein einziger, atemloser Satz.
Ihr Name, Andrea, gerät beim Lesen merkwürdig oft in Vergessenheit, obwohl sie unentwegt von sich selbst spricht. Aber sie tut es wie jemand, dessen Augen beim Erzählen herumwandern und Neues entdecken. Wer zuhört, dreht unwillkürlich den Kopf mit. Den Widerspruch etwa, daß sie so sein will wie alle anderen und zugleich jemand ganz Besonderes, beschreibt Nelson im Blick auf andere. Da ist die reichlich angepaßte beste Freundin, mit der man auf der sicheren Seite ist, was das soziale Leben in der Schule betrifft. Da ist aber auch die seltsame, unabhängigere Cybil, die immer wieder Fragezeichen hinter die Gedanken der Erzählerin setzt. Sie bleibt wichtig, während die anderen austauschbar sind, nacheinander aufleuchten und verblassen.
In dieser scheinbar absichtslos heruntergeratterten Geschichte eines ziemlich normalen Highschoolmädchens ist eine große Ehrlichkeit. Vieles bleibt unkommentiert, oft fehlt die Konsequenz. Diese lebensnahe Disparatheit zeigt sich auch in der Sprache des Romans, einer leicht lesbaren, eigenwilligen und sympathischen Mischung voller Jugendphrasen und altkluger Floskeln (amüsant sind die eingestreuten politisch korrekten Ausdrücke). Dieser Ton ist unmittelbar wie die Person, die ihn anschlägt, und er ist ungeschliffen wie ihre Geschichte.
Der Versuch, die Sprache einer bestimmten Generation ins Buch zu bringen, schlägt oft fehl. Viele Erzählungen für Jugendliche haben eine kurze Verfallszeit, weil ihnen der muntermodische Ton nur aufgesetzt ist. Das "Cool Girl" aber spricht die Sprache, die zu ihm gehört; man wird es noch lesen können, wenn es längst uncool geworden ist. MONIKA OSBERGHAUS Blake Nelson: "Cool Girl". Aus dem Amerikanischen von Hans Schumacher. Verlag Beltz & Gelberg, Weinheim 1997. 299 S., geb., 29,80 DM. Ab 14 J.
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"Das, was Andrea so offen und überraschend direkt erzählt, spiegelt eine Welt wider, die von der Bedeutung des richtigen Outfits, Coolness und einer verwirrenden Mischung aus Zärtlichkeit, Erotik und Wut geprägt ist ... Nelson fängt die Ängste und Glücksmomente dieser jungen Frau auf äußerst subtile und geradezu unheimlich genaue Art und Weise ein." (Publishers Weekly) "Die schlichte Magie des Romans besteht darin, daß sich Einsamkeit, Verwirrung und übersteigerte Selbstwahrnehmung in ganz simplen Statements offenbaren." (PaperGuide)