Corporate Citizenship - unternehmerisches Bürgerengagement - ist Gegenstand einer wachsenden Diskussion im In- und Ausland. Es formuliert Herausforderungen an die strategische Unternehmensführung, in der Kooperation mit unternehmensexternen Partnern aktiv gesellschaftliche Probleme anzugehen. Unternehmen profitieren in vielfältiger Weise von bereichsübergreifenden Netzwerken, bedürfen aber zu deren Aufbau und Pflege ganz eigener Kompetenzen. Die Bewerbungen um den Unternehmenspreis der Initiative "Freiheit und Verantwortung", die dem Band zugrunde liegen, bilden die umfangreichste Darstellung von "best practices" deutscher Unternehmen. Sie verbinden sich mit einem Überblick über hochaktuelle Dokumente und Initiativen zur Thematik auf nationaler und internationaler Ebene: ein Standardwerk zu einer immer wichtiger werdenden Thematik.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.03.2004Unternehmen als Bürger
André Habisch skizziert Möglichkeiten gesellschaftlichen Engagements
André Habisch: Corporate Citizenship. Gesellschaftliches Engagement von Unternehmen in Deutschland. Springer-Verlag, Berlin 2003, 247 Seiten, 59,95 Euro.
Der Wirtschaftsablauf eines Betriebes erschöpft sich nicht in Verzehr und Herstellung von Ressourcen und läßt sich auch nicht durch die Verbuchung von Gehältern, Dividenden und Steuern allein abbilden. Wirtschaftlicher Austausch vollzieht sich in einem Geflecht sozialer Wechselwirkungen. In Zeiten, in denen die Führung von Unternehmen üblicherweise in der Hand ihrer Besitzer lag, war den Unternehmern ihre Verantwortung für die Gestaltung ihrer sozialen Umwelt auch geläufig. Als Beispiel kann die Augsburger Wohnsiedlung Fuggerei gelten - sie ist eine Stiftung des Bergwerkbesitzers Jakob Fugger, 1516 gegründet, die noch heute besteht, und sie bietet ein unangefochtenes Beispiel für die Verbindung von Unternehmertum und bürgerschaftlichem Engagement. Freilich, heutigen Konzernchefs hatte Jakob Fugger eines voraus: Er mußte über seine Mittelverwendung niemandem Rechenschaft ablegen.
Heutzutage sind die unternehmerischen Verantwortlichkeiten in Konzernen ausdifferenziert; die Ziele von Aktionären und Managern sind dabei nicht immer deckungsgleich. Unternehmerisches Bürgerengagement, wie der Eichstätter André Habisch den Begriff "Corporate Citizenship" wiedergibt, wurde in der jüngeren Vergangenheit oft zur entbehrlichen Kostenstelle degradiert. Inzwischen haben manche Konzerne jedoch erkannt, daß sie Schaden leiden, wenn sie sich im Zuge der Internationalisierung vom Anker der Ortsgebundenheit lösen und sich von ihrer Umgebung entfremden. Der von den Vereinten Nationen eingerichtete Arbeitskreis "Global Compact" erarbeitet daher Empfehlungen, wie sich Unternehmen als Bürger einbringen können.
Parallel dazu entfalten sich auch hierzulande Initiativen zur Förderung von Corporate Citizenship. André Habisch berichtet über die vielseitige Ausgestaltung von Corporate Citizenship im Zuge des von Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft ausgeschriebenen Wettbewerbs "Freiheit und Verantwortung". Für die Darstellung vom Stand der Bemühungen und ihrer Beweggründe bringt André Habisch beste Voraussetzungen mit. Der studierte Volkswirt und Theologe Habisch unterrichtet Christliche Sozialethik und Gesellschaftspolitik an der Katholischen Universität Eichstätt, er ist Vorstandsvorsitzender des dortigen Center for Corporate Citizenship und Berater des Bundes Katholischer Unternehmer. Das Fundament unternehmerischen Bürgerengagements ist in der katholischen Soziallehre durch die Enzyklika Centesimus Annus untermauert, die den Schutz von Privateigentum und den Vorrang von Subsidiarität vor zentraler Lenkung postuliert.
Die Vorlagen für Corporate Citizenship reichen, wie Habisch belegt, weit zurück, und er demonstriert an Beispielen von Alexis de Tocqueville bis Robert Putnam, daß bürgerlicher Gemeinsinn auf staatliche Förderung nicht angewiesen ist. Er verweist auch auf tragfähige soziale Einrichtungen in Deutschland, wie den Technischen Überwachungsverein (TÜV) oder das Deutsche Institut für Normung (DIN), die auf private Vereinbarungen ohne staatliche Mitwirkung zurückgehen. Soll allerdings Corporate Citizenship in Deutschland nicht nur Bürgerrecht erhalten, sondern sich dauerhaft auch in der täglichen Lebenswelt assimilieren, wäre es es schön, wenn sich ein passender deutscher Begriff finden ließe.
BENEDIKT KOEHLER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
André Habisch skizziert Möglichkeiten gesellschaftlichen Engagements
André Habisch: Corporate Citizenship. Gesellschaftliches Engagement von Unternehmen in Deutschland. Springer-Verlag, Berlin 2003, 247 Seiten, 59,95 Euro.
Der Wirtschaftsablauf eines Betriebes erschöpft sich nicht in Verzehr und Herstellung von Ressourcen und läßt sich auch nicht durch die Verbuchung von Gehältern, Dividenden und Steuern allein abbilden. Wirtschaftlicher Austausch vollzieht sich in einem Geflecht sozialer Wechselwirkungen. In Zeiten, in denen die Führung von Unternehmen üblicherweise in der Hand ihrer Besitzer lag, war den Unternehmern ihre Verantwortung für die Gestaltung ihrer sozialen Umwelt auch geläufig. Als Beispiel kann die Augsburger Wohnsiedlung Fuggerei gelten - sie ist eine Stiftung des Bergwerkbesitzers Jakob Fugger, 1516 gegründet, die noch heute besteht, und sie bietet ein unangefochtenes Beispiel für die Verbindung von Unternehmertum und bürgerschaftlichem Engagement. Freilich, heutigen Konzernchefs hatte Jakob Fugger eines voraus: Er mußte über seine Mittelverwendung niemandem Rechenschaft ablegen.
Heutzutage sind die unternehmerischen Verantwortlichkeiten in Konzernen ausdifferenziert; die Ziele von Aktionären und Managern sind dabei nicht immer deckungsgleich. Unternehmerisches Bürgerengagement, wie der Eichstätter André Habisch den Begriff "Corporate Citizenship" wiedergibt, wurde in der jüngeren Vergangenheit oft zur entbehrlichen Kostenstelle degradiert. Inzwischen haben manche Konzerne jedoch erkannt, daß sie Schaden leiden, wenn sie sich im Zuge der Internationalisierung vom Anker der Ortsgebundenheit lösen und sich von ihrer Umgebung entfremden. Der von den Vereinten Nationen eingerichtete Arbeitskreis "Global Compact" erarbeitet daher Empfehlungen, wie sich Unternehmen als Bürger einbringen können.
Parallel dazu entfalten sich auch hierzulande Initiativen zur Förderung von Corporate Citizenship. André Habisch berichtet über die vielseitige Ausgestaltung von Corporate Citizenship im Zuge des von Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft ausgeschriebenen Wettbewerbs "Freiheit und Verantwortung". Für die Darstellung vom Stand der Bemühungen und ihrer Beweggründe bringt André Habisch beste Voraussetzungen mit. Der studierte Volkswirt und Theologe Habisch unterrichtet Christliche Sozialethik und Gesellschaftspolitik an der Katholischen Universität Eichstätt, er ist Vorstandsvorsitzender des dortigen Center for Corporate Citizenship und Berater des Bundes Katholischer Unternehmer. Das Fundament unternehmerischen Bürgerengagements ist in der katholischen Soziallehre durch die Enzyklika Centesimus Annus untermauert, die den Schutz von Privateigentum und den Vorrang von Subsidiarität vor zentraler Lenkung postuliert.
Die Vorlagen für Corporate Citizenship reichen, wie Habisch belegt, weit zurück, und er demonstriert an Beispielen von Alexis de Tocqueville bis Robert Putnam, daß bürgerlicher Gemeinsinn auf staatliche Förderung nicht angewiesen ist. Er verweist auch auf tragfähige soziale Einrichtungen in Deutschland, wie den Technischen Überwachungsverein (TÜV) oder das Deutsche Institut für Normung (DIN), die auf private Vereinbarungen ohne staatliche Mitwirkung zurückgehen. Soll allerdings Corporate Citizenship in Deutschland nicht nur Bürgerrecht erhalten, sondern sich dauerhaft auch in der täglichen Lebenswelt assimilieren, wäre es es schön, wenn sich ein passender deutscher Begriff finden ließe.
BENEDIKT KOEHLER
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Aus Anlass eines von der deutschen Wirtschaft ausgeschriebenen Wettbewerbs, befasst sich der Autor Andre Habisch mit dem Engagement von Unternehmen als Bürger in ihrer Region, stellt Benedikt Koehler fest. Zunächst betont er den beruflichen Hintergrund des Autors, der als studierter Volkswirt und Theologe an der Katholischen Universität Eichstätt Sozialethik und Gesellschaftspolitik lehrt und zudem im Vorstand des "Center for Citizenship" ist sowie als Berater des "Bundes Katholischer Unternehmer" fungiert. Damit sei Habisch bestens ausgerüstet, "Bemühungen und ihre Beweggründe" für das unternehmerische Bürgerengagement zu untersuchen und darzustellen, so der Rezensent angetan. Er lobt den Autor, in seinem Buch überzeugend nachzuweisen, dass die Anfänge für "Corporate Citizenship" schon ziemlich weit in der Geschichte zurückliegen und er sieht plausibel dargestellt, dass ein solches Engagement auch ohne staatliche Förderung möglich ist. Fehlt nur noch eine gute Übersetzung des Begriffs, damit sich "Corporate Citizenship" hierzulande auch in die "alltägliche Lebenswelt" integrieren lässt, meint ein ansonsten sehr zufrieden wirkender Koehler.
© Perlentaucher Medien GmbH
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