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Im Chinesischen Meer kreuzt eine Luxusyacht, am Steuer ein berühmter Seemann, der unter die Piraten gegangen ist: Corto Maltese. Wir befinden uns im Jahr 2001, kurz vor 9/11. Die Suche nach einem mythischen Goldschatz führt den Kapitän ohne Schiff von Tokio nach Peru, aber die Terrorgruppe Black Ocean sowie ein Drogenkartell sind auch hinter dem Schatz her. Die Frau in Cortos Leben ist jetzt die Kriegsreporterin Freya, und dann gibt es noch Raua, die Inka-Heilerin...

Produktbeschreibung
Im Chinesischen Meer kreuzt eine Luxusyacht, am Steuer ein berühmter Seemann, der unter die Piraten gegangen ist: Corto Maltese. Wir befinden uns im Jahr 2001, kurz vor 9/11. Die Suche nach einem mythischen Goldschatz führt den Kapitän ohne Schiff von Tokio nach Peru, aber die Terrorgruppe Black Ocean sowie ein Drogenkartell sind auch hinter dem Schatz her. Die Frau in Cortos Leben ist jetzt die Kriegsreporterin Freya, und dann gibt es noch Raua, die Inka-Heilerin...
Autorenporträt
Martin Quenehens Interessen und Fähigkeiten sind breit gefächert. Er schreibt Sachbücher etwa über die Merowinger oder die Geschichte des Sozialen Wohnungsbaus, gestaltet Rundfunksendungen für France Culture etwa über Johanna von Orleans, Tupac oder Ping Pong. Er verfasste einen Roman über einen Lehrer in einem Problemviertel und den Krimi "Quatorze Juillet", den Bastien Vivès illustrierte.

Bastien Vivès, geboren 1984 in Frankreich, studierte Grafik und Animation an der École des Gobelins. Bereits in jungen Jahren ist sein OEuvre umfangreich und beeindruckend: etwa mit "In meinen Augen" oder "Für das Imperium" zeigt er eine enorme stilistische Bandbreite auf hohem Niveau. Für "Der Geschmack von Chlor" erhielt er 2009 in Angoulême den Preis für den Besten Nachwuchskünstler. Bastien Vivès lebt und arbeitet in Paris.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Christoph Haas bespricht zwei neue "Corto-Maltese"-Comics, die seiner Ansicht nach musterhaft zeigen, wie heute klassische Comic-Serien fortgesetzt werden können. Während die Spanier Juan Díaz Canales und Rubén Pellejero weitermachten wie bisher, setze Bastian Vivès auf radikale Neuerfindung. Haas weiß, dass der Franzose wegen einer gewissen Enthemmtheit in der Comic-Szene nicht mehr wohlgelitten sei, aber seinen ins 21. Jahrhundert versetzten, genderfluiden Corto Maltese findet Haas einfach klasse: In eleganten Zeichnungen erzähle er vom Kampf radikaler Umweltschützer gegen Hochseefischer, mit dabei eine japanische Geheimagentin, eine engagierte Dokumentarfilmerin und eine peruanische Heilerin. Wild, aber schlüssig, freut sich Haas.  

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.05.2022

Verführer und Verführter
Starzeichner Bastien Vivès macht in „Schwarzer Ozean“ aus dem Comic-Piraten Corto Maltese ein Kind des 21. Jahrhunderts
Corto Maltese macht einen gewaltigen Sprung in der Zeit. In den frühen Bänden, geschaffen von Hugo Pratt (der 1995 starb), hatte der legendäre Graphic-Novel-Held, ein Seefahrer und Pirat, das erste Drittel des 20. Jahrhunderts durchstreift, das lässt er nun im neuen Band „Schwarzer Ozean“ weit hinter sich, macht sich frei von den Intrigen und Traumata dort – nur Rasputin, der alte Halunke, taucht auch im neuen Band wieder auf. Geblieben sind die Unruhe, die Sehnsucht nach Freiheit, die aus Corto Maltese den modernen Helden par excellence machen. „Ich habe etwas gesucht. Oder bin vor etwas davongelaufen? Ich weiß nicht mehr genau.“
„Schwarzer Ozean“ ist von Martin Quenehen erzählt und gezeichnet von Bastien Vivès, dem jungen Graphic-Novel-Star Frankreichs, bei ihnen ist Corto Maltese ein Kind des neuen Jahrtausends, zeitlos jung, kaum dem Teenager-Alter entwachsen, also ohne Kapitänsmütze und den knappen Schoßrock, dafür mit Cargojacke und Baseballkappe. Ein Weltenbummler ohne Heimatboden, ein Kapitän ohne Schiff, mit kindlicher Neugier und blitzschnellen Reaktionen, wenn er sich verteidigen und sich aus gefährlichen Situationen herausmanövrieren muss. In einem CIA-Büro in Peru begegnet er Colin Powell, dem damaligen US-Außenminister, es ist das Jahr 2001 und der Tag, an dem eine neue Zeit beginnt, mit zwei Explosionen, zwei Flugzeugen, die in die Twin Towers in New York donnern.
Das ist ein neuer Archetyp des Abenteurers, geboren aus Gegenkultur und Revolte, sagt Benoît Mouchart, Graphic-Novel-Chef beim französischen Verlag Casterman, wo Corto Maltese im Original erscheint, im Nachwort zu dem Band – das erste Abenteuer von Hugo Pratt wurde 1967 veröffentlicht. Corto verbündet sich nie mit einer Ideologie, er hat seinen eigenen Vorteil im Auge und verkehrt, um diesen zu erreichen, mit Macht und Korruption. Immer wieder aber ist er bereit, sich für die Unterdrückten und Bedrohten zu engagieren. „Er ist weder naiv noch Moralist, eher ein anarchistischer moderner Odysseus, der sich energisch gegen das Label ‚Held‘ zur Wehr setzt. Im Umgang mit Frauen ist Corto eher Verführter als Verführer, auf jeden Fall aber Verehrer.“
Corto Maltese ist so sexy wie keine andere männliche Comic-Figur, sagt Bastien Vivès. Die Frau an seiner Seite in „Schwarzer Ozean“ ist Freya, TV-Filmerin und „Ökokriegerin“ – was die beiden verbindet, ist weniger als Liebe und mehr zugleich. Corto tritt nachts in ihre Kabine, sie schläft, er holt ein Buch heraus und liest, über einen verborgenen Schatz in Peru, auf dessen Suche er gehen will. Dann erwacht sie, er ist nun eingeschlafen, und sie nimmt das Buch, das auf seiner Brust liegt – er hat um das Buch kämpfen müssen und in diesem Kampf einen Stich in die Brust gekriegt –, sie liest darin. „Warum jagst du immer hinter Sachen her, die es gar nicht gibt?“, fragt sie Corto, als er erwacht. „Und du, warum machst du immer Filme über Sachen, die keiner sehen will?“ Das alte Wissen und die jugendliche Energie, beides ergibt eine erotische Szene. Sie weiß: Er wird sie verlassen. Später, bei einer erneuten Wiederbegegnung, schwimmen sie im Meer, spielerisch nackt. Das Buch, um das es geht, hat für jeden eine eigene Bedeutung. Corto liest den Hinweis auf einen Inkaschatz in Peru darin, der die kolonialistische Ausplünderung überstanden hat, eine Gruppe nationalistischer Japaner will mit seiner Hilfe den Kaiser zur Abdankung zwingen – sie haben Japans Niederlage im Weltkrieg nie akzeptiert, ihre Organisation nennt sich „Schwarzer Ozean“ und wird von den Geheimdiensten observiert. Corto akzeptiert dann doch recht lässig, dass der Schatz wohl nur eine Schimäre ist – in solcher Lässigkeit liegt die traumhafte Transparenz dieser Figur: diese mythische Klarheit ohne melodramatische Effekte, bei Hugo Pratt in famose Pastellbilder gefasst. Patrizia Zanotti, Pratts Mitarbeiterin, hat die ersten Seiten des neuen Bandes koloriert, danach wechselt er ins Schwarz-Weiß, in ein aggressives Kabuki-Spektakel.
Die Bilder von Bastien Vivès wirken skizzenhaft, unfertig, hingetuscht, sie bilden Geschehen nicht ab, sondern vermitteln die Bewegung, die in ihm steckt. „Die Zeichnung entfaltet einen noch nicht dagewesenen Sinn“, schreibt Jean-Luc Nancy, in seinem großartigen Buch „Die Lust an der Zeichnung“, in dem er die Kunst der Skizze analysiert – einen Sinn, der „von einer Absicht getragen wird, die mit der Bewegung, der Geste und dem Schwung des Strichs verschmilzt. Ihre Lust ist das Genießen dieses Entfaltens, oder das Entfalten selbst, während es sich erfindet, sich findet und weitergetrieben wird, auf der Spur dessen, was gleichwohl vorher nicht da war.“
Der neue „Corto Maltese“ ist erneut ein Heldenlied der Unabhängigkeit, und auf den letzten Seiten, im allerletzten Bild erlebt man, geradezu pragmatisch, wie man heute, unter der Diktatur der weltumfassenden sozialen Medien, solche Unabhängigkeit behält.
FRITZ GÖTTLER
Ein neuer Archetyp des
Abenteurers, geboren aus
Gegenkultur und Revolte
Martin Quenehen,
Bastien Vivès:
Corto Maltese.
Schwarzer Ozean.
Aus dem Französischen von Resel Rebiersch. Schreiber & Leser,
Hamburg 2022.
184 Seiten, 25 Euro.
Anarchistischer Odysseus:
Seite aus dem neuen „Corto Maltese“-Band.
Schreiber & Leser
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