» Die Reise ins All / ist eine Reise des Geistes / warum fliegen wir in den Weltraum / wenn nicht um etwas / über uns zu erfahren / und über das, was es mit diesem Universum / auf sich hat? / Über unseren Platz in dieser Ordnung / und darüber, was es bedeutet / ein Mensch zu sein.« Mit diesem Zitat des Astronauten Story Musgrave beginnt Dana Ranga ihre poetische Reise zu den Sternen in der Hoffnung, Antwort auf die Fragen zu finden, die Musgrave stellt. In über 80 Gedichten, die in der jahrelangen Auseinandersetzung mit der Raumfahrt und einer Vielzahl von Interviews mit Astronauten und Kosmonauten entstanden sind, geht sie der Frage nach, was Menschen in den Weltraum treibt, was sie dort erleben und was sie vor, während und nach der Reise empfinden. Mit ihrer ungewöhnlichen und packenden poetischen Recherche über die Sehnsüchte und Träume der meist völlig unbekannten Pioniere, die an unserer statt in unbekannte Welten vorstoßen, nimmt sie den Leser selbst mit auf die Reise in den Kosmos.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Die Zeichen stehen wieder auf Mondfahrt, bemerkt Rezensent Tobias Lehmkuhl nach Lektüre von zwei neuen Büchern, die der Faszination des Weltalls erliegen. Dana Ranga hat mit "Cosmos!" ein ganz neues Genre geschaffen, staunt Lehmkuhl, nämlich "das Doku-Gedicht". In drei Abteilungen - Vorbereitungen, Aufenthalt im All, Rückkehr - verarbeite Ranga zahllose Interviews mit Astronauten und Kosmonauten und verdichte deren Erkenntnisse in Verse. Auch wenn diese Vorgehensweise für den Rezensenten zunächst etwas einfach anmutet, funktioniert sie am Ende doch recht gut, meint er und zitiert eine Passage des Kosmonauten Yuri Romanenko: "Das Universum ist bodenlos / es übersteigt das menschliche / Fassungsvermögen".
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.01.2021Raum Wohl nahezu jedes Kind ist fasziniert von Planeten, Sonne und Sternen. Dass wir auf einer kleinen Kugel durch den unendlichen Raum rasen sollen, erscheint einem als Kind erst mal unglaublich. Aber es macht keine Angst, eher spürt man eine Vertrautheit und Nähe zum Kosmos, als hätte man bestimmte Verbindungen noch nicht gekappt. Dieses Gefühl verliert sich später, vielleicht weil wir erst dann allmählich die Dimensionen begreifen und das Lebensfeindliche des uns umgebenden Raums. Für einige aber bleibt die Anziehung so stark, dass sie sich als Erwachsene, nach sehr hartem Training, aufmachen in den unendlichen Raum. Von diesen Heldinnen und Helden und dem Abenteuer Raumfahrt erzählt die Dichterin Dana Ranga in "Cosmos!" (Matthes & Seitz, 116 Seiten, 20 Euro), einem streng in drei Teile gegliederten Band mit sehr klaren, gut verständlichen und erstaunlicherweise dennoch rätselhaften, philosophischen Gedichten, die sich der Vorbereitung, dem Aufenthalt im Weltraum und der Zeit nach der Rückkehr der Astronautinnen und Kosmonauten auf die Erde widmen. Ranga hat sich viele Jahre mit dem Thema beschäftigt, und das merkt man ihren Texten an. Obwohl vieles auf den ersten Blick beiläufig erscheint, ist es genau komponiert. Ein wunderbares Buch für alle, die (noch immer) kosmische Abenteuerbücher lieben und gern ihren abschweifenden Gedanken folgen, aber keine Lust auf dicke Raumfahrerbiographien haben.
beha
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.01.20211,5 Zentimeter zum
tödlichen Vakuum
Zwei neue Bücher erzählen von der
Faszination des Weltraums
VON TOBIAS LEHMKUHL
Mehr als ein halbes Jahrhundert nach der Apollo-11-Mission werden wieder Pläne geschmiedet. Pläne, erneut auf dem Mond zu landen, Pläne, auf den Mars zu fliegen, noch und noch werden Satelliten ins All geschossen und Raumsonden in die Tiefe der Galaxis gelenkt. Und dann gibt es da noch die Internationale Raumstation ISS, die seit nunmehr zwanzig Jahren dauerhaft bewohnt ist, auch wenn die Lebensbedingungen dort oben wenig komfortabel sind. Allein die Lautstärke an Bord stellt für die Besatzung eine enorme Belastung dar, ein Astronaut kehrte gar mit Hörschaden auf die Erde zurück.
Abgesehen auch von Astronautennahrung und Weltraumtoilette, von Muskelschwund und von den Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf den Orientierungssinn: Leben im All ist im Grunde ein Widerspruch in sich. Nur 1,5 Zentimeter Aluminium trennen den Menschen auf der MIR vom tödlichen Vakuum: „Es ist ein / sehr bedrückendes Gefühl / obwohl man sich irgendwann / daran / gewöhnt“.
So zitiert die Dichterin Dana Ranga den Kosmonauten Yuri Malenchenko in einem der achtzig Gedichte, die sie den Menschen im Kosmos widmet, achtzig Gedichte, die bar jeder Romantisierung eben doch von der jahrelangen Faszination Rangas für ihren Gegenstand zeugen. In drei Abteilungen geht es um die Vorbereitungen, um den Aufenthalt im All und um die Rückkehr zur Erde.
Zahllose Interviews mit Astro- und Kosmonauten hat Dana Ranga gelesen und einige wohl auch selbst geführt. Die meisten der Gedichte bestehen aus in Verse gebrochenem O-Ton. Was auf den ersten Blick etwas simpel anmutet, funktioniert im Ganzen doch erstaunlich gut. Es dürfte kein Zufall sein, dass auf dem Cover keine Gattungszugehörigkeit genannt wird, denn Dana Ranga hat mit „Cosmos!“ ihre eigene Gattung erfunden: die des Doku-Gedichts.
Die erste Abteilung, der Start, ist linksbündig gedruckt. In der zweiten sind die Verse um eine imaginäre Mittelachse angeordnet, ganz als würden sie sich wie ein Space Shuttle im schwerelosen Raum um sich selbst drehen. Sie berichten von Raumanzügen und Weltraumspaziergängen, von Halluzinationen und Unfällen und von einer Fliege, die sich an Bord der MIR geschlichen hat.
Am Ende ist die Schrift nach rechts gewandert, aber ein Ende der Geschichte gibt es naturgemäß nicht: „Das Universum ist bodenlos“, sagt der Kosmonaut Yuri Romanenko, „es übersteigt das menschliche / Fassungsvermögen“.
Für Laien übersteigen schon die Leistungen der Ingenieure, die solche Reisen möglich gemacht haben, das Fassungsvermögen. Was muss man nicht alles wissen, um zum Mond zu fliegen, was gilt es nicht alles zu bedenken! Nicht zuletzt die Frage, wie man die eigenen Taten dokumentiert. So trichterte der Chef-Fotograf der Nasa Neil Armstrong, Buzz Aldrin und Michael Collins ein, ihre Unsterblichkeit würde einzig von der Qualität der Fotos abhängen, die sie mit nach Hause bringen würden.
In der Tat war die Qualität dieser 1350 Fotos, die während der kurzen Reise entstanden, erstaunlich gut. Die Firma Hasselblad hatte extra eine Kamera entwickelt, die den Bedingungen des Weltraums standhalten würde. Da der Astronautenhelm den Blick durch einen Sucher unmöglich machte, war die Kamera vor Armstrongs Brust befestigt.
Erstmals versammelt „Nasa Apollo 11. Man on the Moon. The Visual Archive“ nun alle während der ersten Mondlandung entstandenen Bilder in Buchform. Außerdem finden sich in der ersten Hälfte des Bandes fast ebenso viele Bilder, die das Training und die Ausbildung der Astronauten zeigen. Diese erste Hälfte besteht aus auf weißem Papier gedruckten Farbfotografien.
Die zweite Hälfte wurde dagegen auf schwarzem Papier gedruckt, tiefschwarz wie der Weltraum, durch den sich die Astronauten bewegen. Damit sich die Fotografien von diesem lichtschluckenden Schwarz abheben, sind sie silbern eingefärbt. Dadurch erinnern sie an das Silbergelatineverfahren der frühen Fotografie, und damit an eine Zeit, in der die Erkundung der Erde abgeschlossen war und der Blick verstärkt in den Himmel gerichtet wurde, auch der von Literaten wie Jules Verne.
„Die Reise ins All / ist“ eben nicht zuletzt, wie Astronaut Story Musgrave sagt, „eine Reise des Geistes / warum fliegen wir in den Weltraum / wenn nicht um etwas / über uns zu erfahren / und über das, was es mit diesem Universum / auf sich hat? / Über unseren Platz in dieser Ordnung / und darüber, was es bedeutet / ein Mensch zu sein.“
Dana Ranga: Cosmos! Matthes und Seitz, Berlin 2020. 120 Seiten, 20 Euro.
Steffen Knöll (Hg.): Nasa Apollo 11. Man on the Moon. The Visual Archive. Spector Books, Leipzig 2020. Zahlreiche Abb., 226 Seiten, 32 Euro.
Dana Ranga hat für „Cosmos!“
aus Astronautenkommunikation
Doku-Gedichte gemacht
„Nasa Apollo 11“ versammelt
alle bei der ersten Mondlandung
entstandenen Bilder
Ihre Unsterblichkeit würde von der Qualität der Fotos abhängen, die sie mit nach Hause brächten, trichterte der Nasa-Chef-Fotograf den Mondfahrern ein.
Foto: Nasa
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Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
tödlichen Vakuum
Zwei neue Bücher erzählen von der
Faszination des Weltraums
VON TOBIAS LEHMKUHL
Mehr als ein halbes Jahrhundert nach der Apollo-11-Mission werden wieder Pläne geschmiedet. Pläne, erneut auf dem Mond zu landen, Pläne, auf den Mars zu fliegen, noch und noch werden Satelliten ins All geschossen und Raumsonden in die Tiefe der Galaxis gelenkt. Und dann gibt es da noch die Internationale Raumstation ISS, die seit nunmehr zwanzig Jahren dauerhaft bewohnt ist, auch wenn die Lebensbedingungen dort oben wenig komfortabel sind. Allein die Lautstärke an Bord stellt für die Besatzung eine enorme Belastung dar, ein Astronaut kehrte gar mit Hörschaden auf die Erde zurück.
Abgesehen auch von Astronautennahrung und Weltraumtoilette, von Muskelschwund und von den Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf den Orientierungssinn: Leben im All ist im Grunde ein Widerspruch in sich. Nur 1,5 Zentimeter Aluminium trennen den Menschen auf der MIR vom tödlichen Vakuum: „Es ist ein / sehr bedrückendes Gefühl / obwohl man sich irgendwann / daran / gewöhnt“.
So zitiert die Dichterin Dana Ranga den Kosmonauten Yuri Malenchenko in einem der achtzig Gedichte, die sie den Menschen im Kosmos widmet, achtzig Gedichte, die bar jeder Romantisierung eben doch von der jahrelangen Faszination Rangas für ihren Gegenstand zeugen. In drei Abteilungen geht es um die Vorbereitungen, um den Aufenthalt im All und um die Rückkehr zur Erde.
Zahllose Interviews mit Astro- und Kosmonauten hat Dana Ranga gelesen und einige wohl auch selbst geführt. Die meisten der Gedichte bestehen aus in Verse gebrochenem O-Ton. Was auf den ersten Blick etwas simpel anmutet, funktioniert im Ganzen doch erstaunlich gut. Es dürfte kein Zufall sein, dass auf dem Cover keine Gattungszugehörigkeit genannt wird, denn Dana Ranga hat mit „Cosmos!“ ihre eigene Gattung erfunden: die des Doku-Gedichts.
Die erste Abteilung, der Start, ist linksbündig gedruckt. In der zweiten sind die Verse um eine imaginäre Mittelachse angeordnet, ganz als würden sie sich wie ein Space Shuttle im schwerelosen Raum um sich selbst drehen. Sie berichten von Raumanzügen und Weltraumspaziergängen, von Halluzinationen und Unfällen und von einer Fliege, die sich an Bord der MIR geschlichen hat.
Am Ende ist die Schrift nach rechts gewandert, aber ein Ende der Geschichte gibt es naturgemäß nicht: „Das Universum ist bodenlos“, sagt der Kosmonaut Yuri Romanenko, „es übersteigt das menschliche / Fassungsvermögen“.
Für Laien übersteigen schon die Leistungen der Ingenieure, die solche Reisen möglich gemacht haben, das Fassungsvermögen. Was muss man nicht alles wissen, um zum Mond zu fliegen, was gilt es nicht alles zu bedenken! Nicht zuletzt die Frage, wie man die eigenen Taten dokumentiert. So trichterte der Chef-Fotograf der Nasa Neil Armstrong, Buzz Aldrin und Michael Collins ein, ihre Unsterblichkeit würde einzig von der Qualität der Fotos abhängen, die sie mit nach Hause bringen würden.
In der Tat war die Qualität dieser 1350 Fotos, die während der kurzen Reise entstanden, erstaunlich gut. Die Firma Hasselblad hatte extra eine Kamera entwickelt, die den Bedingungen des Weltraums standhalten würde. Da der Astronautenhelm den Blick durch einen Sucher unmöglich machte, war die Kamera vor Armstrongs Brust befestigt.
Erstmals versammelt „Nasa Apollo 11. Man on the Moon. The Visual Archive“ nun alle während der ersten Mondlandung entstandenen Bilder in Buchform. Außerdem finden sich in der ersten Hälfte des Bandes fast ebenso viele Bilder, die das Training und die Ausbildung der Astronauten zeigen. Diese erste Hälfte besteht aus auf weißem Papier gedruckten Farbfotografien.
Die zweite Hälfte wurde dagegen auf schwarzem Papier gedruckt, tiefschwarz wie der Weltraum, durch den sich die Astronauten bewegen. Damit sich die Fotografien von diesem lichtschluckenden Schwarz abheben, sind sie silbern eingefärbt. Dadurch erinnern sie an das Silbergelatineverfahren der frühen Fotografie, und damit an eine Zeit, in der die Erkundung der Erde abgeschlossen war und der Blick verstärkt in den Himmel gerichtet wurde, auch der von Literaten wie Jules Verne.
„Die Reise ins All / ist“ eben nicht zuletzt, wie Astronaut Story Musgrave sagt, „eine Reise des Geistes / warum fliegen wir in den Weltraum / wenn nicht um etwas / über uns zu erfahren / und über das, was es mit diesem Universum / auf sich hat? / Über unseren Platz in dieser Ordnung / und darüber, was es bedeutet / ein Mensch zu sein.“
Dana Ranga: Cosmos! Matthes und Seitz, Berlin 2020. 120 Seiten, 20 Euro.
Steffen Knöll (Hg.): Nasa Apollo 11. Man on the Moon. The Visual Archive. Spector Books, Leipzig 2020. Zahlreiche Abb., 226 Seiten, 32 Euro.
Dana Ranga hat für „Cosmos!“
aus Astronautenkommunikation
Doku-Gedichte gemacht
„Nasa Apollo 11“ versammelt
alle bei der ersten Mondlandung
entstandenen Bilder
Ihre Unsterblichkeit würde von der Qualität der Fotos abhängen, die sie mit nach Hause brächten, trichterte der Nasa-Chef-Fotograf den Mondfahrern ein.
Foto: Nasa
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