Eine Bikiniparty in der streng religiösen Stadt Maschhad? Nichts ist unmöglich! Stephan Orth fährt kreuz und quer durch das Land von Khomeini & Co, tauscht Hotel gegen Privatquartier, schläft auf Dutzenden von Perserteppichen, bricht täglich Gesetze, lebt, feiert und trauert mit dem gastfreundlichsten Volk der Welt. Und lernt den Iran dabei von einer ganz anderen Seite kennen. Denn hinter verschlossenen Türen fällt der Schleier und mit ihm die Angst vor den Sittenwächtern der Mullahs. Hier ist das Leben bunt und rebellisch. Hier ist Platz für Sehnsüchte und Träume. Hier tut sich eine Welt auf, die weitaus spannender ist als die alten Steinmauern persischer Paläste.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.05.2016Auf fremder Leute Teppich schlafen
Stephan Orth fährt zu einer "Sommerfrische auf der Achse des Bösen", in ein als Schurkenstaat verrufenes Land. Er wird während seiner Reise selbst zum Gauner und Schwindler, der sich meist in der Illegalität bewegt. Der Reiseredakteur von "Spiegel Online" zieht als Couchsurfer durch Iran. Allein damit macht er sich und seine Gastgeber in den Augen des einzigen schiitischen Staates der Welt strafbar, denn Ausländer zu beherbergen ist verboten. Drakonische Strafen drohen. Trotzdem schläft sich Orth von Couch zu Couch, oder - besser gesagt - von Teppich zu Teppich. Die universale Gastfreundschaft der Iraner beeindruckt ihn mehr als jede Staatsgewalt. Seine Reise wird durch seine Gastgeber zur All-inclusive-Betreuung. Erheiternde Erfahrungen wie ein "Date" in Anwesenheit einer Großfamilie oder die Liebe der Iraner zu Modern Talking wechseln sich mit melancholischen Momenten ab und solchen, die den Autor aufgrund der Unterdrückung der Menschen wütend machen. Doch er erkennt zugleich, dass der Alltag der Iraner ein anderes Bild des Landes zeichnet als die Berichterstattung der hiesigen Medien. Die Iraner erkämpfen sich in ihren eigenen vier Wänden oder an geheimen Orten ihre kleinen und großen Freiheiten, sei es beim Trinken von selbstgebrannten alkoholischen Getränken, auf Bikini-Partys oder beim Sadomaso-Treffen. Diese Erkenntnisse kommen so verständig daher wie die klugen Gedanken zu den Umständen seiner besonderen Reise. Freilich bleibt keine Zeit für tiefergehende Freundschaften, und während einem die unendlichen Möglichkeiten des Netzes auch unendliche Verfügbarkeit von Kontakten vorgaukeln, muss Stephan Orth feststellen, dass die Euphorie des immer neuen Kennenlernens im Laufe der Zeit erheblich abnimmt. Dennoch erlebt er ein Land weitab aller Vorurteile - und Geschichten, wie sie ohne die vielen Gastgeber nie möglich gewesen wären.
kawi
"Couchsurfing im Iran. Meine Reise hinter verschlossene Türen" von Stephan Orth. Piper Verlag, München 2015. 240 Seiten. Broschiert, 14,99 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Stephan Orth fährt zu einer "Sommerfrische auf der Achse des Bösen", in ein als Schurkenstaat verrufenes Land. Er wird während seiner Reise selbst zum Gauner und Schwindler, der sich meist in der Illegalität bewegt. Der Reiseredakteur von "Spiegel Online" zieht als Couchsurfer durch Iran. Allein damit macht er sich und seine Gastgeber in den Augen des einzigen schiitischen Staates der Welt strafbar, denn Ausländer zu beherbergen ist verboten. Drakonische Strafen drohen. Trotzdem schläft sich Orth von Couch zu Couch, oder - besser gesagt - von Teppich zu Teppich. Die universale Gastfreundschaft der Iraner beeindruckt ihn mehr als jede Staatsgewalt. Seine Reise wird durch seine Gastgeber zur All-inclusive-Betreuung. Erheiternde Erfahrungen wie ein "Date" in Anwesenheit einer Großfamilie oder die Liebe der Iraner zu Modern Talking wechseln sich mit melancholischen Momenten ab und solchen, die den Autor aufgrund der Unterdrückung der Menschen wütend machen. Doch er erkennt zugleich, dass der Alltag der Iraner ein anderes Bild des Landes zeichnet als die Berichterstattung der hiesigen Medien. Die Iraner erkämpfen sich in ihren eigenen vier Wänden oder an geheimen Orten ihre kleinen und großen Freiheiten, sei es beim Trinken von selbstgebrannten alkoholischen Getränken, auf Bikini-Partys oder beim Sadomaso-Treffen. Diese Erkenntnisse kommen so verständig daher wie die klugen Gedanken zu den Umständen seiner besonderen Reise. Freilich bleibt keine Zeit für tiefergehende Freundschaften, und während einem die unendlichen Möglichkeiten des Netzes auch unendliche Verfügbarkeit von Kontakten vorgaukeln, muss Stephan Orth feststellen, dass die Euphorie des immer neuen Kennenlernens im Laufe der Zeit erheblich abnimmt. Dennoch erlebt er ein Land weitab aller Vorurteile - und Geschichten, wie sie ohne die vielen Gastgeber nie möglich gewesen wären.
kawi
"Couchsurfing im Iran. Meine Reise hinter verschlossene Türen" von Stephan Orth. Piper Verlag, München 2015. 240 Seiten. Broschiert, 14,99 Euro.
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"Dem Leser geht es ähnlich wie dem Autor selbst: Die Herzlichkeit dieser Menschen und die Normalität ihres Alltags lässt zwischendurch vergessen, in welch autoritär regiertem Land er unterwegs ist. Das Bild des Iran ist nach der Lektüre ein anderes.", Abenteuer Wege