Rachel ist überglücklich: Ihr Freund Nick möchte sie endlich seiner Familie in Singapur vorstellen. Doch schon kurz nach ihrer Ankunft in Asiens schillerndster Stadt wird Rachel klar, dass Nick aus der obersten Schicht der Superreichen stammt, einem geschlossenen Kreis, der unermessliche Reichtümer besitzt. Plötzlich sieht sie sich konfrontiert mit schrillen Verwandten, glamourösen Nebenbuhlerinnen und Privatjets mit ayurvedischen Yogastudios. Welchen Wert hat Liebe in dieser maßlosen Welt?»Crazy Rich Asians« wurde zu einem weltweiten Hype, stand in den USA monatelang in den Top Ten der »New York Times«-Bestsellerliste und wurde als »Crazy Rich« erfolgreich fürs Kino verfilmt. Eine unterhaltsame Liebesgeschichte vor einem einzigartigen Hintergrund!
Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
Rezensentin Katharina Borchardt hat sich - man meint geradezu widerwillig - amüsiert mit diesem Roman über eine Amerikanerin mit chinesischen Wurzeln, die mit ihrem Freund nach Singapur reist und dort von dem unerwarteten Reichtum seiner Familie erschlagen wird. Das ist superflach, mit jeder Menge BlingBling erzählt und kaum mehr als ein schriller "Aschenputtel-Verschnitt", erklärt sie. Aber die Intrigen, mit denen die dekadente Verwandtschaft ihres Freundes die nichtsahnende Protagonistin von ihrem guten Fang abhalten will, hat immerhin "viel situativen Witz", gibt sie zu. Und wenn die Rich Kids aus Singapur über die ach so vulgären Neureichen aus China lästern, lernt sie sogar noch was über innerasisatische Geschichte. Na bitte!
© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.08.2019In Gucci-Slippern
Kevin Kwans Roman „Crazy Rich Asians“ ist sagenhaft erfolgreich. Doch unter der Reichen-Freakshow schlummert nur eine sanfte Komödie
Kommt eine chinesische Familie in ein nobles Londoner Hotel. Es hat geregnet, die Frisuren sitzen nicht mehr, die Kinder sind müde und hinterlassen Schmutzspuren. Der Manager beschließt, die Reservierung dieser Leute zu ignorieren und sie so schnell wie möglich nach draußen zu bugsieren. Dort betritt eine wütende Frau eine Telefonzelle und schildert ihrem in Singapur sitzenden Mann den Rausschmiss. Der kauft kurzerhand den ganzen Laden, den Lord-Eigentümer kennt er vom Golfen in Kalifornien. Triumphaler Wiedereinzug, Manager entlassen, Suite bezogen.
Diese erste und beste Szene in Kevin Kwans Romanbestseller „Crazy Rich Asians“ spielt 1986 und fasst schön zusammen, wie das funktioniert mit dem Geld: Man muss nur Bertolt Brechts Merkspruch „Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“ beherzigen und die Produktionsmittel unter Kontrolle bringen. Der kleine Junge, der Mitte der Achtziger dabei war, entwickelt sich dann trotz dieses Lehrstücks zum Sonderling des weitverzweigten Clans: Nick Young wird Geschichtsprofessor an der New York University und blendet seinen Reichtum so umfassend wie möglich aus; aber er rebelliert auch nicht gegen seine seit Generationen in Singapur ansässige chinesische Familie. Als er sich in eine Kollegin verliebt – Rachel Chu, Wirtschaftsprofessorin und Tochter einer in die USA eingewanderten Festlandchinesin –, lässt er sein milliardenschweres Erbe weiterhin unerwähnt.
Damit kann Kwan seine romantische Komödie mit allen gängigen Verwicklungen und Intrigen starten, denn Rachel geht allmählich ein Licht auf, als die beiden nach zwei Jahren Beziehung Urlaub in Asien machen. Was die Leser schon längst wissen: Ihr Freund ist einer reichsten und dementsprechend umkämpftesten Junggesellen in Fernost, und seine Mutter gerät in Panik, als durchsickert, dass die Sache mit Rachel etwas Ernstes ist. Als amerikanisierte, bitterarme No-Name-Chinesin wäre Rachel als Schwiegertochter selbstverständlich ein Supergau; obwohl, apropos No-Name, anfangs unklar ist, ob Rachel nicht doch zum Clan der Plastik-Chus aus Taipeh gehört. Privatdetektive bringen Licht ins Dunkel, und bitchige Ex-Freundinnen geben alles, um das Verhältnis zu vergiften.
Märchenhafter Reichtum ist nichts für Mimosen, warnt der Roman einerseits – und folgt dem Märchenmodell andererseits in einer Art Aschenputtel: die fleißige, hübsche, kluge Aufsteigerin bekommt den Prinzen.
Rachel gilt als ABC, als „American-born Chinese“, obwohl sie noch in der chinesischen Provinz geboren wurde. Dass „Crazy Rich Asians“ in den USA ein Bestseller war und auch die Verfilmung zum Kassenschlager wurde, dürfte viel mit solchen Identifikationsangeboten zu tun haben. Noch dazu lässt Kevin Kwan die je nachdem prolligen, versnobten, naiven oder super-distinguierten Charaktere in schmissigen Dialogen aufeinanderprallen. Nicks Mutter Eleanor zum Beispiel ist von geradezu höfischer Bosheit: „Als ob mich das beeindrucken würde, wenn so ein Bauerntrampel ein bisschen im Essen rumpanscht“, zischelt sie ihrem Mann zu, nachdem die depperte ABC erzählt hat, dass sie gern für ihren Boyfriend kocht.
Damit das Imperium mit Niederlassungen in Singapur, Hongkong, Bangkok und Großbritannien in all seinen Facetten glitzern kann, beleuchtet Kevin Kwan immer wieder neue Familienmitglieder mit recht unterschiedlichen Anlagen (charakterlich wie finanziell). Man lernt, dass die Superreichen „ihren Kindern Häuser wie Schokoriegel“ schenken, und zu den Immobilienportfolios, Banken und Konzernen kommen noch Luxusgüter als Kernstücke der anstrengenden Statussicherung hinzu. Die eine sortiert ihre Sammlung schwarzer tahitianischer Perlen nach Farbintensität, der andere ist deprimiert, weil er keinen Privatjet hat wie seine noch reicheren Freunde, die dritte fliegt ständig nach Paris, um ihr Archiv exquisiter historischer Couture zu erweitern, der vierte verzockt Unsummen in Macau, der fünfte drangsaliert den sechsjährigen Sohn, der nicht weiß, welche Gucci-Slipper zum jeweiligen Outfit passen. Um kurz auf die Privatflugzeuge zurückzukommen: Es geht generell nicht um Standardmodelle, sondern um Maßanfertigungen (weshalb die Gucci-Slipper auch eher im angestrengt-protzigen Familienzweig Thema sind). „Gab es wirklich Leute, die so reich waren, dass sie sich in ihrem Privatjet ein topmodernes ayurvedisches Yogastudio mit kiesverzierten Wänden und beheizbarem Boden einrichten konnten?“, fragt sich Rachel, als sie in so einer Maschine sitzt.
Kevin Kwan, 1973 in Singapur geboren, kennt sich aus im Milliardenmilieu, das betont sowohl der Verlag als auch der Autor selbst in vielen Interviews – als Kind besuchte er in Singapur eine Eliteschule, bevor er mit seiner Familie in die USA zog. Die Reichen-Freakshow, die er mit Anmerkungen zur Singapurer und Hongkonger Gesellschaft garniert, ist anfangs auch verdienstvoll unterhaltsam – hat aber einen entscheidenden Haken: Sie ist um mehrere hundert Seiten zu lang. Selbst hartgesottene Fashionistas dürften sich nach 570 Seiten gähnend abwenden, nachdem auch noch der hinterletzte Designer hervorgezerrt wurde, um ein bisschen Distinktionsgewinn zu erzielen. Dazu kommt noch etwas anderes: Das nackte Archiv, die lange Liste, ausgestellter Konsum und endloses Namedropping sind als literarische Maschen deutlich in die Jahre gekommen, weshalb solche Hedonismus-Erzählungen schon lange keine Aufreger mehr sind. Der ruchlose Lack ist ab, darunter dämmert die sanfte Komödie. Ein letztes Pfefferminzblättchen? Nachdem eine legendäre Sängerin – die Barbara Streisand Asiens – überraschend bei einer Vierzig-Millionen-Dollar-Hochzeit auftritt, fragen sich die anwesenden Erbinnen, wie die Ikone das nur hinkriegt mit ihrem atemberaubenden Look. „Erbrochenes von neuseeländischen Walen“, meint eine von ihnen, die selbst aussieht wie die chinesische Catherine Deneuve, „wird aufs Gesicht aufgetragen und wirkt angeblich Wunder.“
JUTTA PERSON
Kevin Kwan: Crazy Rich Asians. Roman. Aus dem Amerikanischen von Anna-Christin Kramer und Jenny Merling. Kein & Aber, Zürich 2019. 576 Seiten, 20 Euro.
Anfangs ist unklar, ob die
No-Name-Chinesin nicht
vielleicht doch Milliardärin ist
Erbrochenes von Walen
aufs Gesicht aufgetragen wirke
angeblich Wunder
Kevin Kwan kennt die Welt der Superreichen aus seiner Zeit in einer Eliteschule in Singapur.
Foto: imago stock
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Kevin Kwans Roman „Crazy Rich Asians“ ist sagenhaft erfolgreich. Doch unter der Reichen-Freakshow schlummert nur eine sanfte Komödie
Kommt eine chinesische Familie in ein nobles Londoner Hotel. Es hat geregnet, die Frisuren sitzen nicht mehr, die Kinder sind müde und hinterlassen Schmutzspuren. Der Manager beschließt, die Reservierung dieser Leute zu ignorieren und sie so schnell wie möglich nach draußen zu bugsieren. Dort betritt eine wütende Frau eine Telefonzelle und schildert ihrem in Singapur sitzenden Mann den Rausschmiss. Der kauft kurzerhand den ganzen Laden, den Lord-Eigentümer kennt er vom Golfen in Kalifornien. Triumphaler Wiedereinzug, Manager entlassen, Suite bezogen.
Diese erste und beste Szene in Kevin Kwans Romanbestseller „Crazy Rich Asians“ spielt 1986 und fasst schön zusammen, wie das funktioniert mit dem Geld: Man muss nur Bertolt Brechts Merkspruch „Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“ beherzigen und die Produktionsmittel unter Kontrolle bringen. Der kleine Junge, der Mitte der Achtziger dabei war, entwickelt sich dann trotz dieses Lehrstücks zum Sonderling des weitverzweigten Clans: Nick Young wird Geschichtsprofessor an der New York University und blendet seinen Reichtum so umfassend wie möglich aus; aber er rebelliert auch nicht gegen seine seit Generationen in Singapur ansässige chinesische Familie. Als er sich in eine Kollegin verliebt – Rachel Chu, Wirtschaftsprofessorin und Tochter einer in die USA eingewanderten Festlandchinesin –, lässt er sein milliardenschweres Erbe weiterhin unerwähnt.
Damit kann Kwan seine romantische Komödie mit allen gängigen Verwicklungen und Intrigen starten, denn Rachel geht allmählich ein Licht auf, als die beiden nach zwei Jahren Beziehung Urlaub in Asien machen. Was die Leser schon längst wissen: Ihr Freund ist einer reichsten und dementsprechend umkämpftesten Junggesellen in Fernost, und seine Mutter gerät in Panik, als durchsickert, dass die Sache mit Rachel etwas Ernstes ist. Als amerikanisierte, bitterarme No-Name-Chinesin wäre Rachel als Schwiegertochter selbstverständlich ein Supergau; obwohl, apropos No-Name, anfangs unklar ist, ob Rachel nicht doch zum Clan der Plastik-Chus aus Taipeh gehört. Privatdetektive bringen Licht ins Dunkel, und bitchige Ex-Freundinnen geben alles, um das Verhältnis zu vergiften.
Märchenhafter Reichtum ist nichts für Mimosen, warnt der Roman einerseits – und folgt dem Märchenmodell andererseits in einer Art Aschenputtel: die fleißige, hübsche, kluge Aufsteigerin bekommt den Prinzen.
Rachel gilt als ABC, als „American-born Chinese“, obwohl sie noch in der chinesischen Provinz geboren wurde. Dass „Crazy Rich Asians“ in den USA ein Bestseller war und auch die Verfilmung zum Kassenschlager wurde, dürfte viel mit solchen Identifikationsangeboten zu tun haben. Noch dazu lässt Kevin Kwan die je nachdem prolligen, versnobten, naiven oder super-distinguierten Charaktere in schmissigen Dialogen aufeinanderprallen. Nicks Mutter Eleanor zum Beispiel ist von geradezu höfischer Bosheit: „Als ob mich das beeindrucken würde, wenn so ein Bauerntrampel ein bisschen im Essen rumpanscht“, zischelt sie ihrem Mann zu, nachdem die depperte ABC erzählt hat, dass sie gern für ihren Boyfriend kocht.
Damit das Imperium mit Niederlassungen in Singapur, Hongkong, Bangkok und Großbritannien in all seinen Facetten glitzern kann, beleuchtet Kevin Kwan immer wieder neue Familienmitglieder mit recht unterschiedlichen Anlagen (charakterlich wie finanziell). Man lernt, dass die Superreichen „ihren Kindern Häuser wie Schokoriegel“ schenken, und zu den Immobilienportfolios, Banken und Konzernen kommen noch Luxusgüter als Kernstücke der anstrengenden Statussicherung hinzu. Die eine sortiert ihre Sammlung schwarzer tahitianischer Perlen nach Farbintensität, der andere ist deprimiert, weil er keinen Privatjet hat wie seine noch reicheren Freunde, die dritte fliegt ständig nach Paris, um ihr Archiv exquisiter historischer Couture zu erweitern, der vierte verzockt Unsummen in Macau, der fünfte drangsaliert den sechsjährigen Sohn, der nicht weiß, welche Gucci-Slipper zum jeweiligen Outfit passen. Um kurz auf die Privatflugzeuge zurückzukommen: Es geht generell nicht um Standardmodelle, sondern um Maßanfertigungen (weshalb die Gucci-Slipper auch eher im angestrengt-protzigen Familienzweig Thema sind). „Gab es wirklich Leute, die so reich waren, dass sie sich in ihrem Privatjet ein topmodernes ayurvedisches Yogastudio mit kiesverzierten Wänden und beheizbarem Boden einrichten konnten?“, fragt sich Rachel, als sie in so einer Maschine sitzt.
Kevin Kwan, 1973 in Singapur geboren, kennt sich aus im Milliardenmilieu, das betont sowohl der Verlag als auch der Autor selbst in vielen Interviews – als Kind besuchte er in Singapur eine Eliteschule, bevor er mit seiner Familie in die USA zog. Die Reichen-Freakshow, die er mit Anmerkungen zur Singapurer und Hongkonger Gesellschaft garniert, ist anfangs auch verdienstvoll unterhaltsam – hat aber einen entscheidenden Haken: Sie ist um mehrere hundert Seiten zu lang. Selbst hartgesottene Fashionistas dürften sich nach 570 Seiten gähnend abwenden, nachdem auch noch der hinterletzte Designer hervorgezerrt wurde, um ein bisschen Distinktionsgewinn zu erzielen. Dazu kommt noch etwas anderes: Das nackte Archiv, die lange Liste, ausgestellter Konsum und endloses Namedropping sind als literarische Maschen deutlich in die Jahre gekommen, weshalb solche Hedonismus-Erzählungen schon lange keine Aufreger mehr sind. Der ruchlose Lack ist ab, darunter dämmert die sanfte Komödie. Ein letztes Pfefferminzblättchen? Nachdem eine legendäre Sängerin – die Barbara Streisand Asiens – überraschend bei einer Vierzig-Millionen-Dollar-Hochzeit auftritt, fragen sich die anwesenden Erbinnen, wie die Ikone das nur hinkriegt mit ihrem atemberaubenden Look. „Erbrochenes von neuseeländischen Walen“, meint eine von ihnen, die selbst aussieht wie die chinesische Catherine Deneuve, „wird aufs Gesicht aufgetragen und wirkt angeblich Wunder.“
JUTTA PERSON
Kevin Kwan: Crazy Rich Asians. Roman. Aus dem Amerikanischen von Anna-Christin Kramer und Jenny Merling. Kein & Aber, Zürich 2019. 576 Seiten, 20 Euro.
Anfangs ist unklar, ob die
No-Name-Chinesin nicht
vielleicht doch Milliardärin ist
Erbrochenes von Walen
aufs Gesicht aufgetragen wirke
angeblich Wunder
Kevin Kwan kennt die Welt der Superreichen aus seiner Zeit in einer Eliteschule in Singapur.
Foto: imago stock
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»Bissig, böse, bunt und ungemein unterhaltsam.« Karin Waldner-Petutschnig Kleine Zeitung 20190713
»Ganz großer Lesespaß. Urlaubs-Feeling pur.« Gabriele Ricke, Petra, 03.09.2024 Gabriele Ricke Petra 20240903