Visionary WikiLeaks founder Julian Assange brings together a small group of cutting-edge thinkers and activists to discuss whether electronic communications will emancipate or enslave. Among the topics addressed are: Do Facebook and Google constitute the greatest surveillance machine that ever existed,' perpetually tracking people's locations, contacts and lives? Far from being victims of that surveillance, are most people willing collaborators? Are there legitimate forms of surveillance? And does anyone have the ability to resist this tide?'
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.06.2013Cypherpunks in Zeitnot
Sich aus Zeitgründen nicht kurz fassen zu können: Zu dieser Entschuldigung, die schon Voltaire, Goethe, Marx und Mark Twain zugeschrieben wurde, greift auch der Wikileaks-Gründer, wenn er seinem Buch (Julian Assange; "Cypherpunks". Campus Verlag, Frankfurt 2013. 208 S., br., 16,99 [Euro].) voranstellt, warum es kein Manifest geworden sei: "Dafür bleibt keine Zeit. Es ist eine Warnung."
Im März 2012 hatte sich Assange mit Jacob Appelbaum, Andy Müller-Maguhn und Jérémie Zimmermann zusammengesetzt, um über die Verfahren und Optionen der Überwachung durch das Internet zu sprechen, aber auch über die persönlichen Repressalien, denen Assange nicht als Einziger dieser Runde ausgesetzt ist. Damals war die Zeit wirklich knapp: Assange stand in England unter Hausarrest und kämpfte gegen seine Auslieferung, bis er sich schließlich im Juni in die Botschaft Ecuadors in London flüchtete, wo er seither lebt.
Für Assanges Sendung "The World Tomorrow" des englischsprachigen, staatlich-russischen Fernsehsenders "Russia Today" ist das mehrstündige Gespräch aufgezeichnet und zu zwei nicht einmal halbstündigen Episoden geschnitten worden; für das Buch wurde es abgetippt und von allen vier Gesprächspartnern überarbeitet. Aber es bleibt, dem Gestus, der Pose, den Sprüngen und der schwankenden Tiefe in den Gedanken nach: eine Plauderei.
Der man - auch wenn ihr letztlich fehlt, was gute Bücher ausmacht, nämlich Konstanz - weder die Dringlichkeit noch einige gute Pointen und Gedanken absprechen kann. Einmal erwähnt der Überwachungstechnologie-Experte Andy Müller-Maguhn, dass in der Facebook-Datenbank die Nutzer als "targets" abgelegt werden: Das Wort scheint direkt der Sprache des Militärs und der Geheimdienste entlehnt. Einmal erläutert Appelbaum, der an der Entwicklung des Anonymisierungsnetzwerks Tor beteiligt ist, wie die politische Situation des Netzes über dessen Architektur definiert wird. Oder Assange selbst erklärt den Zusammenhang von Zensur und Überwachung. Doch den meisten dieser Ausführungen fehlt der Kontext. Mehr als knapp 140 Fußnoten waren auf dem Weg vom Gespräch zum Buch als Ergänzung nicht drin. Es war ja Eile geboten.
Doch auch Schnellschüsse brauchen ihre Zeit: Im englischen Original kam "Cypherpunks" im November, über ein halbes Jahr nach dem Gespräch, auf den Markt, in der nicht immer glücklichen deutschen Übersetzung von Andreas Simon dos Santos im März dieses Jahres. Und damit auf den Monat genau zwanzig Jahre nach jener Veröffentlichung von Eric Hughes, die der Bewegung eine bis heute gültige Kontur und Richtung gegeben hat - dem "Cypherpunk's Manifesto". Das gibt es nämlich schon, in aller Kürze: kaum mehr als fünftausend Zeichen ist es lang.
FRIDTJOF KÜCHEMANN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Sich aus Zeitgründen nicht kurz fassen zu können: Zu dieser Entschuldigung, die schon Voltaire, Goethe, Marx und Mark Twain zugeschrieben wurde, greift auch der Wikileaks-Gründer, wenn er seinem Buch (Julian Assange; "Cypherpunks". Campus Verlag, Frankfurt 2013. 208 S., br., 16,99 [Euro].) voranstellt, warum es kein Manifest geworden sei: "Dafür bleibt keine Zeit. Es ist eine Warnung."
Im März 2012 hatte sich Assange mit Jacob Appelbaum, Andy Müller-Maguhn und Jérémie Zimmermann zusammengesetzt, um über die Verfahren und Optionen der Überwachung durch das Internet zu sprechen, aber auch über die persönlichen Repressalien, denen Assange nicht als Einziger dieser Runde ausgesetzt ist. Damals war die Zeit wirklich knapp: Assange stand in England unter Hausarrest und kämpfte gegen seine Auslieferung, bis er sich schließlich im Juni in die Botschaft Ecuadors in London flüchtete, wo er seither lebt.
Für Assanges Sendung "The World Tomorrow" des englischsprachigen, staatlich-russischen Fernsehsenders "Russia Today" ist das mehrstündige Gespräch aufgezeichnet und zu zwei nicht einmal halbstündigen Episoden geschnitten worden; für das Buch wurde es abgetippt und von allen vier Gesprächspartnern überarbeitet. Aber es bleibt, dem Gestus, der Pose, den Sprüngen und der schwankenden Tiefe in den Gedanken nach: eine Plauderei.
Der man - auch wenn ihr letztlich fehlt, was gute Bücher ausmacht, nämlich Konstanz - weder die Dringlichkeit noch einige gute Pointen und Gedanken absprechen kann. Einmal erwähnt der Überwachungstechnologie-Experte Andy Müller-Maguhn, dass in der Facebook-Datenbank die Nutzer als "targets" abgelegt werden: Das Wort scheint direkt der Sprache des Militärs und der Geheimdienste entlehnt. Einmal erläutert Appelbaum, der an der Entwicklung des Anonymisierungsnetzwerks Tor beteiligt ist, wie die politische Situation des Netzes über dessen Architektur definiert wird. Oder Assange selbst erklärt den Zusammenhang von Zensur und Überwachung. Doch den meisten dieser Ausführungen fehlt der Kontext. Mehr als knapp 140 Fußnoten waren auf dem Weg vom Gespräch zum Buch als Ergänzung nicht drin. Es war ja Eile geboten.
Doch auch Schnellschüsse brauchen ihre Zeit: Im englischen Original kam "Cypherpunks" im November, über ein halbes Jahr nach dem Gespräch, auf den Markt, in der nicht immer glücklichen deutschen Übersetzung von Andreas Simon dos Santos im März dieses Jahres. Und damit auf den Monat genau zwanzig Jahre nach jener Veröffentlichung von Eric Hughes, die der Bewegung eine bis heute gültige Kontur und Richtung gegeben hat - dem "Cypherpunk's Manifesto". Das gibt es nämlich schon, in aller Kürze: kaum mehr als fünftausend Zeichen ist es lang.
FRIDTJOF KÜCHEMANN
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