Die arme Künstlerin, der erfolgreiche Architekt, der alte Freund im Koma, die bezaubernde Schülerin aus armen Verhältnissen, der skrupellose Ganove mit Ehrgefühl, der Dan-Träger, der beim offenen Straßenkampf keine Chance hat. Diese unterschiedlichen Figuren begegnen uns in Whang Sok-yongs Roman
„Dämmerstunde“ und es wirkt zu Beginn, als würden etwas verworrene, unzusammenhängende Kurzgeschichten…mehrDie arme Künstlerin, der erfolgreiche Architekt, der alte Freund im Koma, die bezaubernde Schülerin aus armen Verhältnissen, der skrupellose Ganove mit Ehrgefühl, der Dan-Träger, der beim offenen Straßenkampf keine Chance hat. Diese unterschiedlichen Figuren begegnen uns in Whang Sok-yongs Roman „Dämmerstunde“ und es wirkt zu Beginn, als würden etwas verworrene, unzusammenhängende Kurzgeschichten erzählt. Aber dann löst sich der Knoten, die Charaktere tauchen erneut auf, interagieren, Beziehungen und Zeitebenen werden deutlich und die Handlungsstränge sichtbar.
Der Leser muss aktive Mitarbeit leisten, um die Nebelwand zu durchbrechen, wird dann aber auch durch Aha-Erlebnisse und eine faszinierende Aussicht belohnt.
Eine spannende Erzählung, die uns in eine fremde Welt entführt, in der Armut, Korruption, Existenznot, Gewalt und Suizid allgegenwärtig sind, aber auch Überlebenswille, Glücksmomente, Freundschaft und Familie, Ehre, Heimat und Zugehörigkeit. Es geht um politisch und gesellschaftlich aktuelle Themen, die Verteilung des Geldes, die Vergabe von Bauaufträgen, Riesenprojekten, Bestechung, Schaffung von Wohnraum für Reiche und Zerstörung desselbigen der Ärmsten, Luxus-Immobilien auf der einen und Slums auf der anderen Seite. Die Gegensätze werden herausgearbeitet, die Wellblechhütten der Slumbewohner und die Nobelvillen der Privilegierten.
Es gibt nur einen Wanderer zwischen den Welten, aber anhand seiner Biografie wird fraglich, inwieweit Geld und finanzieller Erfolg glücklich machen. Ein schaler Geschmack bleibt, die Verhältnisse, die sind halt so.
Wo bleibt die Gerechtigkeit? Die Chance zum Glücklichsein?
Ein gewisser Optimismus ist für mich aber dennoch sichtbar - die Kritik am System, an der Korruption, an der Unmöglichkeit der Selbstverwirklichung der Armen - das ist eine Art Aufklärung, die die Perspektive ändert und das ist durchaus positiv – das Gefühl, was wäre wenn… denn eine Gesellschaft, deren Strukturen so festgefahren und ungerecht erscheinen, hat die Veränderung und Öffnung, die Selbstbestimmung des einzelnen dringend nötig!