Beim gemeinsamen Schürfen in der Vergangenheit stößt man auf einen „Festsaal der Erinnerungen“
Ein reißerischer Titel „Dämmerung der Leitwölfe“, der an den Filmtitel „Kampf der Titanen“ anklingt. Ein nicht minder reißerisches blutrotes Cover, auf dem ein rostdurchsetzte Kellertür in ein
geheimnisvolles Inneres führt. Beides ist der Story an der Oberfläche geschuldet, die den Kampf um die…mehrBeim gemeinsamen Schürfen in der Vergangenheit stößt man auf einen „Festsaal der Erinnerungen“
Ein reißerischer Titel „Dämmerung der Leitwölfe“, der an den Filmtitel „Kampf der Titanen“ anklingt. Ein nicht minder reißerisches blutrotes Cover, auf dem ein rostdurchsetzte Kellertür in ein geheimnisvolles Inneres führt. Beides ist der Story an der Oberfläche geschuldet, die den Kampf um die Vorherrschaft in einer Männergruppierung schildert, den die Leitwölfe (und Antipoden) Waldemar Sikorski und Andreas Beton unter sich ausfechten. Darunter aber (im wortwörtlichen Sinne: im Kellerbereich, daher das Cover) geht es um innere Erlebnisse, um Erinnerungen, und um die rechte Sprache dafür. Wortwörtlich um die Aufzeichnungen, die Sikorski jetzt in Ermangelung von zeitnahen Tagebuchnotizen jetzt hier nachliefert: Erinnerungen an die gemeinsame Zeit der engen Freundschaft zwischen Sikorski und Beton (Nomen est Omen) und der von ihnen beiden angeführten Gruppe von Weggefährten und Zechkumpanen: dem Maler Raoul, dem einarmigen Bernd, dem trinkfesten Siggi. Aus der von Sikorski nachgeholten Niederschrift resultiert ein Bild der letzten 40, 50 Jahre eines Lebens in einem Gebiet, das unschwer als Ruhrgebiet identifizierbar ist - mit reizvollen Schilderungen von Kirmesbesuchen, Kneipenabenden, Handgreiflichkeiten, aber auch Landpartien zu Wasserschlössern. Und: immer werden die Kunst und Ausstellungsorte wie Galerien als Orte evoziert, wo etwas bedeutend, überdauernd wird. Das ist z.B. relevenant für die Gemälde des Raoul, für die Oldtimer von Bernd. Überhaupt ist die Bedeutung von Gebäuden nicht zu unterschätzen, die sie auf das Leben der Protagonisten haben, und daraus resultierend das Bild des Hinabsteigens in das gelebte Leben. Und ja, die äußere Geschichte der Konkurrenz zwischen Sikorski und Beton entfaltet eine Tiefendimension, aus der eine intime Begegnung (und Aussöhnung) sich anbahnt, ohne zuviel vom Ausgang zu verraten. Soviel muss aber sein: aus den oberflächlichen Poser-Gehabe der beiden wird ein aufmerksames Hören auf die Nuancen der Sprachgebung, dem der Leser gerne dem Autor Werner Streletz gerne folgt. So ist es letztlich der Sinn für kulturelle Inspiration und Aufmerksamkeit, der Sikorski und Beton über alle Differenzen im Geiste verbindet und das auch den Leser für sich einzunehmen vermag.
Ein Roman, der wegen dem ‚tieferen Thema‘ dann lange nach der Lektüre nachhallt und deswegen als Lese-Erlebnis eine nachdrückliche Empfehlung verdient.