Als Reiseautor und (Gonzo-)Journalist schätze ich Dennis Gastmann sehr, sein Debütroman hat mich leider nicht überzeugt. Vielleicht war ich vom Klappentext irritiert, der "Dalee" als Abenteuerroman ankündigt. Mag sein, dass Gastmann seine Recherchereise auf die Andamanen als abenteuerlich erlebt hat
- Spannung habe ich im Roman über weite Strecken vermisst.
Und dabei klingt die Story, die auf…mehrAls Reiseautor und (Gonzo-)Journalist schätze ich Dennis Gastmann sehr, sein Debütroman hat mich leider nicht überzeugt. Vielleicht war ich vom Klappentext irritiert, der "Dalee" als Abenteuerroman ankündigt. Mag sein, dass Gastmann seine Recherchereise auf die Andamanen als abenteuerlich erlebt hat - Spannung habe ich im Roman über weite Strecken vermisst.
Und dabei klingt die Story, die auf wahren Begebenheiten beruht, wirklich spektakulär: Anfang der 1950er Jahre transportierte ein indischer Dampfer angeworbene Glückssucher, ganze Familien und Mahuts samt ihren Elefanten, um auf den Inseln der Andamanen Tropenholz zu roden. Aber gut die erste Hälfte des Romans wollte sich einfach kaum Lesegenuss bei mir einstellen, zu zäh und langatmig ist die Erzählung, sie verliert sich in Details, die Handlung schreitet nur mühsam voran. Vielleicht hatte ich bereits zu viel Vorwissen über Arbeitselefanten als dass mich hier Einzelheiten noch hätten fesseln können. Einige Passagen sind durchaus stimmungsvoll, gerade Landschaft, Flora und Fauna beschreibt Gastmann geradezu zauberhaft. Oder sollte ich sagen: märchenhaft? Wenn ich es mir länger überlege, dann hat "Dalee" wirklich etwas von einem indischen Märchen. Man kann es vielleicht auch als Parabel auf das Leben lesen, denn - ohne zu viel verraten zu wollen - am Ende ist alles in Auflösung begriffen, verschwindet einfach.
Als Abenteuerroman ist mir jedoch Vieles zu kitschig, das Verhältnis zwischen Mahut und Elefant zu verklärt, und wenn Tiere vermenschlicht dargestellt werden, stellen sich mir sowieso die Nackenhaare auf. Dagegen tritt leider das durchaus komplexe historische Geschehen sehr in den Hintergrund; es klingt zwar an, dass die Andamanen als Strafkolonie dienten, und auch ein Bombenkrater als Erbe aus dem Zweiten Weltkrieg ist kurz Schauplatz. Aber über die wirklich vielschichtige Historie der Inselgruppe habe ich durch den Roman kaum dazu gelernt. Bisweilen erinnert "Dalee" an die fantasievoll-philosophische Sprachwelt in "Life of Pi / Schiffbruch mit Tiger", aber ohne dessen Konsequenz. Gastmann mäandert sich so durch die Kapitel, probiert mal dies, mal das, um erst gegen Schluss wieder darauf zu kommen, dass er ja einen Roman schreiben wollte.
Überrascht hat mich ein Interview mit Dennis Gastmann, das ich erst nach der Lektüre von "Dalee" gelesen habe: Dort gibt er nämlich an, dass ihn ein Foto von Rajan, dem letzten tauchenden Elefanten in der Andamanensee zu seinem Roman inspiriert hat. Und genau eines dieser Fotos hatte ich schon nach den ersten Absätzen der Geschichte im Kopf. Ein wunderschönes, geradezu traumhaftes Bild - vermutlich hätte es meiner Lektüre gut getan, wenn ich das Buch als Traumsequenz gelesen hätte, so waren meine Erwartungen wohl die falschen.