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Im Winter 1942/43 kämpfen Sophie und Hans Scholl mit den Flugblättern der "Weißen Rose" gegen das NS-Regime. Zur selben Zeit ist Fritz Hartnagel, Offizier der deutschen Wehrmacht, im Kessel von Stalingrad eingeschlossen. Als er im Lazarett Sophies letzten Brief erhält, ist das Todesurteil gegen sie bereits vollstreckt. 1937 begann die Freundschaft, die Liebe zwischen der sechzehnjährigen Schülerin und dem jungen Leutnant. Zusammensein und Gespräch mussten oft durch Briefe ersetzt werden: Sie spiegeln alle Phasen dieser außergewöhnlichen Beziehung, die gegensätzlichen Auffassungen der beiden…mehr

Produktbeschreibung
Im Winter 1942/43 kämpfen Sophie und Hans Scholl mit den Flugblättern der "Weißen Rose" gegen das NS-Regime. Zur selben Zeit ist Fritz Hartnagel, Offizier der deutschen Wehrmacht, im Kessel von Stalingrad eingeschlossen. Als er im Lazarett Sophies letzten Brief erhält, ist das Todesurteil gegen sie bereits vollstreckt. 1937 begann die Freundschaft, die Liebe zwischen der sechzehnjährigen Schülerin und dem jungen Leutnant. Zusammensein und Gespräch mussten oft durch Briefe ersetzt werden: Sie spiegeln alle Phasen dieser außergewöhnlichen Beziehung, die gegensätzlichen Auffassungen der beiden wie ihr Bedürfnis nach Nähe, ihr Bemühen, innere Freiheit und die Fähigkeit zu verantwortlichem Handeln zu erwerben und zu bewahren, "allen Gewalten zum Trotz".
Autorenporträt
Sophie Scholl, 1921 in Frochtenberg/Württemberg geboren, Studentin der Biologie und Philosophie in München, Mitglied der Widerstandsgruppe »Die Weisse Rose«. Sie wurde im Februar 1943 von den Nationalsozialisten verhaftet, zum Tode verurteilt und hingerichtet.

Fritz Hartnagel (1917-2001) war bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs Berufsoffizier. 1945 heiratete er Sophie Scholls Schwester Elisabeth. Er studierte Jura und wirkte zuletzt als Vorsitzender Richter am Landgericht Stuttgart. Er war ein entschiedener Gegner der Remilitarisierung der Bundesrepublik und engagierte sich aktiv und vielfältig in der Friedensbewegung.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.10.2005

Die Richtungweisende
Sophie Scholl und ihr Frontoffizier Hartnagel / Von Josef Henke

Der eindrucksvolle Briefwechsel zwischen Sophie Scholl und Fritz Hartnagel liegt jetzt vor. Zwei nach der Hinrichtung von Sophie und Hans Scholl im Februar 1943 verfaßte Schreiben ihrer Mutter an Fritz Hartnagel beschließen den Band. Herausgeber ist Thomas Hartnagel, ältester Sohn von Fritz Hartnagel und Sophie Scholls Schwester Elisabeth, die kurz nach Kriegsende geheiratet hatten. Im Vorwort werden die Gründe für die Veröffentlichung schlüssig dargelegt. Daß die Entscheidung dazu der Familie sehr schwer fiel und sich Thomas Hartnagel bewußt war, damit gegen den Willen seines im April 2001 verstorbenen Vaters gehandelt zu haben, wird bei Lektüre der Korrespondenz nachvollziehbar. Um so größer ist die Anerkennung des Lesers, daß die zum größten Teil sehr privaten Zeugnisse menschlicher Lebens- und Gefühlswelten der Öffentlichkeit anvertraut werden.

Die Dokumente einer durchweg schwierigen, oft heftigen Erschütterungen ausgesetzten und eigentlich niemals problemlosen Freundschaft und Liebe beschränken sich häufig nur auf Andeutungen oder Umschreibungen angesprochener Sachverhalte und Ereignisse. Die konkreten Anlässe für die ständigen Belastungen der Beziehung, aber auch für freudige und erfüllte Zeiten und Augenblicke, die es ja vor allem während Fritz Hartnagels Stationierung in Weimar und der häufigen Wochenendbegegnungen in Freiburg im Herbst/ Winter 1941/42 gab, bleiben häufig im unklaren. Das gilt noch mehr für jene Zeitabschnitte, aus denen keine schriftlichen Zeugnisse Sophie Scholls überliefert sind; die meisten ihrer Briefe von 1942 sind im Kessel von Stalingrad verlorengegangen, aus dem der verwundete Hartnagel im Januar 1943 noch ausgeflogen werden konnte.

Der Verlust der Schriftstücke ist besonders schmerzlich, als in der Gestaltung der Beziehung Sophie ganz eindeutig die richtungweisende Partnerin war. Sie - obwohl vier Jahre jünger als Fritz und zu Beginn der Freundschaft 1937 eine 16 Jahre alte Oberschülerin - gab die Impulse, ergriff die Initiative, regte zu Aktivitäten an, sowohl im Alltag und in der Freizeit als auch in den geistigen Bereichen des Lesens, des Denkens und eines authentisch gelebten Glaubens. Sie forderte mit wachsender Entschiedenheit Fritz Hartnagels bisherige Ideale und Lebensmaxime heraus, stellte sie auf den Prüfstand, widerlegte sie. Ihre Vorstellungen von Freundschaft und Liebe prägten das Niveau ihrer Beziehung, ihre Visionen deren Entwicklung und Ziele. Und nach allem, was sich aus den Quellen deuten läßt, war es Sophie, die mit ihren hohen, wenn auch nicht immer konkret erkennbaren Ansprüchen den Anlaß zu immer neuen Turbulenzen gab.

Deutlich wird, daß Sophies Herkunft und Familie, die von dort mitgebrachten Werte und Ideale, der Freundeskreis der Geschwister sowie die von ihr geschätzten Dichter, Philosophen und Publizisten für die von beiden angestrebte gemeinsame Lebens- und Wertewelt bestimmend sein sollten. Dazu vermochte Hartnagel kaum mehr als seine Erlebnisse aus der mit Sophies Brüdern gemeinsam verbrachten Zeit in der bündischen Jugend beizusteuern. Unter Sophies Einfluß revidierte Fritz seine Auffassung vom hohen sittlichen Wert seines Offiziersberufs und wandelte sich zum überzeugten Gegner nicht nur des Krieges, sondern des militärischen Wertegefüges überhaupt. Seiner Umkehr im Sinne Sophies steht deren Entwicklung vom zeitgenössischen "Backfisch" zur reifen jungen Frau gegenüber. Die aus ihrer Werte- und Glaubenswelt entwickelte Lebenshaltung mußte sie in eine grundsätzliche Gegnerschaft zur Ideologie des nationalsozialistischen Regimes bringen. Dessen Alltag empfand sie als abstumpfende Gewöhnlichkeit, als von Denunziantentum und Lüge geprägt und als unvereinbar mit der individuellen Ausgestaltung des eigenen Lebensplans. Vornehmlich in den während ihres Arbeits- und Kriegshilfsdienstes 1941/1942 gewechselten Briefen deutet sich Sophies Leiden an dieser abstoßenden Wirklichkeit an, mit der sie erstmals ohne den Schutz des Elternhauses konfrontiert wurde.

Dem steht die im Briefwechsel reichlich geschilderte geistige Welt gegenüber, in der Sophie zu Hause war und in die Fritz hineinfinden wollte. Kaum ein Brief endet, ohne daß Dichter und Denker zur Sprache gekommen wären, mit denen man sich gerade beschäftigte: von Hausmann und Carossa über George, Wiechert, Rilke, Hesse und von Mechow bis hin zu Augustinus, Thomas von Aquin, Pascal und später Newmann, Bernanos, Claudel und Sertillanges sowie Haecker, Muth und Guardini, Autoren der für die katholische Erneuerungsbewegung maßgebenden Zeitschrift "Hochland". Es sind Namen, die für die geistigen Ideale des Ulmer Freundeskreises und der sich daraus entwickelnden "Weißen Rose" stehen. In dieser Welt vermochte sich die Sehnsucht nach dem "Guten, Echten, Lichten" wiederfinden (Fritz an Sophie am 5. August 1942).

Der Quellenwert der bewegenden Primärzeugnisse dürfte für die Geschichte der "Weißen Rose" nur begrenzt sein. Etwaige Beteiligungen an aktiven Widerstandshandlungen hätte Sophie in ihren Briefen an den Wehrmachtoffizier schon wegen der Zensur keinesfalls erwähnen können. Daher bleibt es, wie am 1. Juli 1942, bei Andeutungen über einen Freundeskreis in München, bei der Nennung von Personen, die später als Mitglieder oder Mitwisser der Verschwörung bekannt werden sollten, sowie der erwähnten Autoren, die jene geistigen Grundlagen der "Weißen Rose" bewirkten. Es gibt Hinweise auf einen von Fritz im Mai 1942 zu besorgenden Vervielfältigungsapparat, der möglicherweise für den Druck von Flugblättern benutzt werden sollte.

Ungeachtet der Zensur äußerte sich Hartnagel mitunter überraschend klar über seine immer stärker werdende Abneigung gegen Krieg und Regime. Am 16. August 1942 erwähnte er die Predigten des Bischofs von Münster und sprach offen von Gleichgesinnten, vor denen er keine Vorsicht hege. Am 26. Juni 1942 beklagte er die "zynische Kaltschnäuzigkeit" eines Kommandeurs, der die "Abschlachtung sämtlicher Juden des besetzten Rußland" gerechtfertigt habe. Jedoch wirkt - das muß erwähnt werden - Sophie Scholls Brief vom 7. März 1941, in dem sie sich für ein radikales Vorgehen gegen niederländische Juden und Demonstranten aussprach, zutiefst verstörend. Auch wenn es ihr dabei wohl um eine unmißverständliche Aufdeckung der Inhumanität des Regimes ging, so bleibt, wie der Herausgeber bekennt, ein "bitterer Beigeschmack".

Diese Aufrichtigkeit des Kommentators gilt für die gesamte Edition. Es geht nicht um Beschönigung oder gar Heroisierung, sondern um authentische Dokumentierung. Daß dabei - wie im Vorwort eingeräumt - die wissenschaftliche Editionsmethode nicht oberstes Gebot ist, daß insbesondere bei der Erläuterung politischer und militärischer Ereignisse einiges entbehrlich und manches nicht hinreichend überprüft erscheint, nimmt man dafür in Kauf. Wichtiger ist, daß die genannten Personen, soweit möglich, identifiziert und ihre Bezüge zueinander bestimmt werden. Im Interesse des rascheren Verständnisses wäre eine thematische Verknüpfung der nur nach dem Ausstellungsdatum aneinandergereihten Briefe wünschenswert gewesen. Davon unberührt bleibt der kaum zu überschätzende Wert der dem Leser anvertrauten Briefe: bewegende Dokumente einer außergewöhnlichen Beziehung zwischen zwei außergewöhnlichen Menschen in einer unmenschlichen Zeit.

Sophie Scholl/Fritz Hartnagel: "Damit wir uns nicht verlieren". Briefwechsel 1937-1943. Herausgegeben von Thomas Hartnagel. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2005. 496 S., 25,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Mit "großer innerer Bewegung" hat Volker Ullrich die Korrespondenz von Sophie Scholl und Fritz Hartnagel gelesen. Der Briefwechsel der späteren Widerstandskämpferin im Nationalsozialismus und des Soldaten beginnt Ende 1937, und dokumentiert die Höhen und Tiefen einer schwierigen Liebesbeziehung, die jäh durch die Hinrichtung Sophie Scholls 1943 beendet wird. Ullrich hat das prominenteste Mitglied der "Weißen Rose" mit den vorliegenden Briefen von allen Seiten ihrer "reichen Persönlichkeit" kennengelernt. Aber auch Fritz Hartnagel, der bisher nur als Nebenfigur gesehen wurde, entpuppe sich als "bemerkenswert ernsthafter" und ehrenwerter Mann, der durch Sophie vom unkritischen Anhänger zum zumindest inneren Gegner des Nazi-Regimes wurde und der die Veröffentlichung des vorliegenden Briefwechsels zu Lebzeiten verhindert hat, um sich nicht ungerechtfertigterweise im Glanz der "Weißen Rose" zu sonnen.

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