Der Weimarer Literaturwissenschaftler, Historiker und Archivar Karl-Heinz Hahn (1921-1990) gehörte zu den bekanntesten Vertretern seines Fachs. Der Band sammelt die wichtigsten, verstreut publizierten Studien zu Goethes dichterischem und gedanklichem Kosmos und gibt neue übergreifende Anregungen und Einsichten in Goethes Werk.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.07.2001Diplomatenliebe
Karl-Heinz Hahn studiert Goethe
Beständigkeit und die Kraft zur Selbsterneuerung, das ewige "Stirb und werde", war die Maxime, an der Karl-Heinz Hahn sein langjähriges Wirken als Präsident der Goethe-Gesellschaft Weimar ausrichtete. Zum zehnten Mal jährt sich der Todestag des Germanisten und Archivars, dessen Diplomatie es zu verdanken ist, daß die Gesellschaft als einzige literarische Vereinigung die Teilung Deutschlands ungeteilt überdauerte. Ein Band mit Goethe-Studien aus der Feder Hahns gewährt einen interessanten Einblick in die Werkstatt des Forschers, der sich trotz politischer Sachzwänge freizuschreiben verstand.
Dies beweist vor allem die Frische des Zugriffs auf scheinbar randständige Themen. Ob Hahn mit sanfter, aber bestimmter Hand die überkommene Lesart der Turmgesellschaft im "Wilhelm Meister" als Utopie durch eine historische relécture modifiziert oder den beschämenden vereinsmeierischen Winkelzügen gegen die Kandidatur Thomas Manns für die Präsidentschaft der Goethe-Gesellschaft 1929 nachgeht: Stets atmen die Texte den Geist archivarischer Liebe zum Detail und positivistischer Transparenz. Unverfälscht vernimmt man die rhetorischen und konzeptionellen Qualitäten des Mannes, der die Goethe-Gesellschaft zu einer internationalen Vereinigung in Zeiten des Kalten Krieges ausgestaltete zu einem west-östlichen Forum.
Der Band ist eine reiche Hommage an Hahn - mannigfaltig in der Thematik, unbeirrt in der Diktion. Schmerzlich tritt bei einem solchen Gedenken allerdings zutage, daß die Gesellschaft ihre jüngere Geschichte noch nicht angemessen durchleuchtet hat. An anderer Stelle muß endlich geschehen, was Hahn selbst gern noch in Angriff genommen hätte: die Abfassung einer selbstkritischen Geschichte der Institution. (Karl-Heinz Hahn: "Dann ist Vergangenheit beständig". Goethe-Studien. Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 2001. 215 S., geb., 59,80 DM.)
bmal
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Karl-Heinz Hahn studiert Goethe
Beständigkeit und die Kraft zur Selbsterneuerung, das ewige "Stirb und werde", war die Maxime, an der Karl-Heinz Hahn sein langjähriges Wirken als Präsident der Goethe-Gesellschaft Weimar ausrichtete. Zum zehnten Mal jährt sich der Todestag des Germanisten und Archivars, dessen Diplomatie es zu verdanken ist, daß die Gesellschaft als einzige literarische Vereinigung die Teilung Deutschlands ungeteilt überdauerte. Ein Band mit Goethe-Studien aus der Feder Hahns gewährt einen interessanten Einblick in die Werkstatt des Forschers, der sich trotz politischer Sachzwänge freizuschreiben verstand.
Dies beweist vor allem die Frische des Zugriffs auf scheinbar randständige Themen. Ob Hahn mit sanfter, aber bestimmter Hand die überkommene Lesart der Turmgesellschaft im "Wilhelm Meister" als Utopie durch eine historische relécture modifiziert oder den beschämenden vereinsmeierischen Winkelzügen gegen die Kandidatur Thomas Manns für die Präsidentschaft der Goethe-Gesellschaft 1929 nachgeht: Stets atmen die Texte den Geist archivarischer Liebe zum Detail und positivistischer Transparenz. Unverfälscht vernimmt man die rhetorischen und konzeptionellen Qualitäten des Mannes, der die Goethe-Gesellschaft zu einer internationalen Vereinigung in Zeiten des Kalten Krieges ausgestaltete zu einem west-östlichen Forum.
Der Band ist eine reiche Hommage an Hahn - mannigfaltig in der Thematik, unbeirrt in der Diktion. Schmerzlich tritt bei einem solchen Gedenken allerdings zutage, daß die Gesellschaft ihre jüngere Geschichte noch nicht angemessen durchleuchtet hat. An anderer Stelle muß endlich geschehen, was Hahn selbst gern noch in Angriff genommen hätte: die Abfassung einer selbstkritischen Geschichte der Institution. (Karl-Heinz Hahn: "Dann ist Vergangenheit beständig". Goethe-Studien. Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 2001. 215 S., geb., 59,80 DM.)
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Als "reiche Hommage" an den langjährigen Präsidenten der Weimarer Goethe-Gesellschaft bezeichnet eine mit "bmal" unterzeichnete Rezension dieses Buch: "mannigfaltig in der Thematik, unbeirrt in der Diktion". Dem vor zehn Jahren verstorbenen Karl-Heinz Hahn wird ein stete "Frische des Zugriffs" selbst auf "scheinbar randständige Themen" bescheinigt. Seine Texte atmeten "den Geist archivarischer Liebe zum Detail". Neugierig macht diese kurze Kritik aber auch auf den Autor selber, über den man liest, er habe die Goethe-Gesellschaft zu einer internationalen Vereinigung ausgebaut. Hahns diplomatisches Geschick muss beträchtlich gewesen sein, denn die Goethe-Gesellschaft blieb auch in Zeiten des Kalten Krieges die einzige literarische Vereinigung, die die Teilung Deutschlands selbst ungeteilt überstand, wie "bmal" uns wissen lässt. Umso spannender also dieser "Einblick in die Werkstatt" eines Mannes, der "sich trotz politischer Sachzwänge freizuschreiben verstand".
© Perlentaucher Medien GmbH
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