Sie waren das wohl kunstvollste, mit Sicherheit vitalste und - weit über die Grenzen Englands hinaus - auch nachhaltigste Buch des ausgehenden Mittelalters: die 'Canterbury Tales', das große Erzählwerk, an dem Geoffrey Chaucer (1340-1400) die letzten fünfzehn Jahre seines Lebens gearbeitet hatte, ohne es schließlich ganz vollenden zu können. Was der Beliebtheit (und der Qualität) seines Buches aber keinen Abbruch tat, in dessen Rahmenhandlung mit Witz und heiterer Ironie eine mehrtägige Gruppen-Pilgerfahrt von Southwark zum Wallfahrtsort Canterbury geschildert wird, deren Teilnehmer sich aus nahezu sämtlichen Ständen und Schichten der damaligen Gesellschaft rekrutieren: Ein nobler Ritter, die vornehme Priorin eines Klosters, ein Arzt und ein Gelehrter aus Oxford, ein lebensfroher Gutsherr und ein Kaufmann, eine wohlsituierte Bürgersfrau, ein zynischer Ablaßprediger und ein Mönch, aber auch ein Pflüger, versoffener Müller, ein Tapezierer und ein Koch. Und um sich unterwegs die Zeit zu verkürzen, erzählen sie einander ereignissatte Geschichten - jeder auf seine Art, ritterliche Romanzen oder derbe Schwänke, lehrreiche Fabeln oder wilde Schoten, fromme Legenden oder boshafte Satiren. Allesamt sorgsam protokolliert und großteils auch in wohlgereimte Verse gebracht vom mitpilgernden Chronisten Geoffrey Chaucer. Der vorliegende Band gibt einen Einblick in diese kontrastive Erzählsammlung und einen Überblick über das leider nur spärlich dokumentierte Leben des Poeten und dessen weitere Schriften. Das Ganze angereichert durch allerlei charakteristische Textproben - in den versgetreuen Übersetzungen Heiko Postmas und dazu auch, für Sprach-Liebhaber, im mittelenglischen Original-Ton Geoffrey Chaucers.