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»Dante Baby, das Inferno ist da!« sind 94 ausgewählte, bisher unbekannte Gedichte von Charles Bukowski. Die Auswahl zeigt alle Seiten von Bukowski: mal leidend, mal feiernd, mal wild, mal nachdenklich - »poems in all their raw glory«. Da die Gedichte zwischen 1959 und 1993 geschrieben wurden, wird deutlich, wie vielschichtig Bukowskis Werk ist. Der schmutzige alte Mann trifft auf den süßen Liebenden; der betrunkene Lustmolch reicht dem nüchternen Philosophen die Hand. Dazu sehen wir deutlich Bukowskis Markenzeichen - klare Linien und prosaische Lyrik -, aber auch experimentelle Arbeiten,…mehr

Produktbeschreibung
»Dante Baby, das Inferno ist da!« sind 94 ausgewählte, bisher unbekannte Gedichte von Charles Bukowski. Die Auswahl zeigt alle Seiten von Bukowski: mal leidend, mal feiernd, mal wild, mal nachdenklich - »poems in all their raw glory«. Da die Gedichte zwischen 1959 und 1993 geschrieben wurden, wird deutlich, wie vielschichtig Bukowskis Werk ist. Der schmutzige alte Mann trifft auf den süßen Liebenden; der betrunkene Lustmolch reicht dem nüchternen Philosophen die Hand. Dazu sehen wir deutlich Bukowskis Markenzeichen - klare Linien und prosaische Lyrik -, aber auch experimentelle Arbeiten, abseits der BUK-Klischees.In diesem Band wurden zudem Gedichte aufgenommen, die bisher verworfen wurden, weil sie als zu wild oder obszön galten. Es ist offensichtlich, dass Bukowski einige für ihre Schockwirkung geschrieben hat: Schwarzer Humor ist eine seiner Stärken.Nach dem Tod von Bukowski wurden seine Gedichte in den USA jedoch verharmlost oder verwässert. Dieser Band dagegen ist im originalen Wortlaut übersetzt und unzensiert. Nachdem ab 1974 Bukowskis Erfolg im deutschsprachigen Raum im MaroVerlag begann, spannt »Dante Baby, das Inferno ist da!« einen wunderbaren Bogen in das gegenwärtige Verlagsprogramm.
Autorenporträt
Charles Bukowski, 1920 in Andernach als Sohn deutschpolnischer Eltern geboren. Im dritten Lebensjahr wanderten seine Eltern mit ihm in die USA aus. Mit 35 Jahren begann er zu schreiben, zuerst Gedichte für Underground-Gazetten, später Erzählungen, Romane und ein Drehbuch. Er veröffentlichte über 40 Prosa- und Lyrikbände. Genet, Henry Miller und Sartre feierten ihn als »poète maudit« des heutigen Amerikas. Im MaroVerlag wurde Bukowski 1974 zum ersten Mal auf Deutsch verlegt, bevor die großen Verlage ihn entdeckten. 1994 starb er in San Pedro bei Los Angeles.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.08.2018

Das fühlt sich gut an
Ungekürzt und unzensiert: Die Gedichte von Charles Bukowski haben nur ein Thema - den Dichter selbst

Fast hätte ich den Gedichtband von Charles Bukowski ungelesen aus der Hand gelegt, denn schon auf Seite eins der Vorbemerkung stolperte ich über ein Wort, das mich genauso stört wie "letztendlich" oder "nichtsdestotrotz": "Jedes Zettelchen wurde sorgsam katalogisiert, und schlussendlich füllte das Material viele Ordner." Der Ärger verflog, als ich weiterlas und Benno Käsmayr, dem Verfasser der Vorrede, wider Willen recht geben musste mit seiner Einschätzung: "echt Bukowski, Gedicht für Gedicht unerhört kraftvoll". Käsmayr ist der Leiter des kleinen, verdienstvollen Maro Verlags und hat Bukowski Mitte der siebziger Jahre in Deutschland bekannt gemacht, bevor der zum Kultautor avancierte, um den die Verleger sich rissen. Wie jede Hure sei er an Geld und Ruhm interessiert, schrieb Bukowski, als er Maro untreu wurde und zum Hanser Verlag wechselte: ein sympathisches Eingeständnis, das auch zu Donald Trump passen würde, mit dem Unterschied, dass der amerikanische Präsident kein Dichter ist, der seine Ego-Trips auf dem Papier ausagiert, sondern diese auf die politische Realität projiziert.

Wer ein Gedicht von Bukowski gelesen hat, kennt sie alle, denn seine Texte, Lyrik wie Prosa, handeln alle von ihm selbst: An die Stelle des schamlosen Eigenlobs von Trump, dessen Megalomanie schon seine Unterschrift verrät, tritt die Selbststilisierung zum schmutzigen alten Mann, Penner und Alkoholiker, Hurensohn oder Hurenbock, der keinen Penny in der Tasche, aber mehr als vierzig Bücher publiziert hat: Ein Widerspruch, der seiner Fangemeinde nicht auffiel, obwohl oder weil Bukowski auch kommerziell erfolgreich war und von Europa bis Japan begeisterte Leser fand. Einer dieser Leser war Heiner Müller, dem die Schilderung einer Eisenbahnfahrt besonders gut gefiel, bei der ein Sohn beim Anblick der kalifornischen Landschaft zu seinem Vater sagt: "hässlich, nicht?" (Ende der siebziger Jahre erbat Müller sich ein Buch Bukowskis von mir, das DDR-Grenzer dann beschlagnahmten in der Annahme, es handle sich um den gleichnamigen sowjetischen Dissidenten: "Sie können uns viel erzählen - wir wissen, wer Bukowski ist!" Doch das nur in Klammern.)

Streicht man Alkohol und Sex heraus, wirkt Bukowskis Lyrik monoton und redundant, aber das ist nur die halbe Wahrheit, denn trotz oder wegen ihrer scheinbaren Kunstlosigkeit sind die Gedichte genau kalkuliert und erzeugen einen Sog, der wie Fast Food süchtig macht nach mehr. Der Leser ist im Zustand chronischer Übersättigung und bekommt stets aufs Neue Appetit. Die Probe aufs Exempel ist der vorliegende Lyrikband, der Bukowskis in Zeitschriften verstreut erschienene Texte erstmals ungekürzt und unzensiert präsentiert. Die Lektüre ist ein Hochgenuss dank Esther Ghionda-Bregers stilsicherer Übersetzung, einer Gratwanderung zwischen großer Poesie und schnoddrigem Slang.

Bukowskis Gedichte sind keine Creatio ex nihilo, wie er selbst konstatiert: Er ging in die Lehre bei Walt Whitman und Ezra Pound und hat, wie Allen Ginsberg und andere Beatniks, viel von Rimbaud und Pablo Neruda gelernt. Brecht bemerkt irgendwo, dass er die Schaffensqualen minder begabter Poeten nur vom Hörensagen kannte; wann immer er einen Text überarbeitete, wurde etwas Neues daraus. In Bukowskis Diktion hört sich das so an: "Wenn ein Gedicht nicht funktioniert, vergiss es, / hör auf, es zu piesacken, zu quälen / und daran rumzufummeln, und pass auf, / dass es nicht bei den A. A. landet oder ein / wiedergeborener Christusjünger wird.// Wenn ein Gedicht nicht funktioniert, nimm das Blatt aus der Schreibmaschine, zerreiß es und ab damit / in den Papierkorb - das fühlt sich gut an."

HANS CHRISTOPH BUCH

Charles Bukowski: "Dante Baby, das Inferno ist da!". 94 unzensierte Gedichte.

Aus dem Englischen von Esther Ghionda-Breger. Hrsg. von Abel Debritto.

Maro Verlag, Augsburg 2018. 254 S., br., 24,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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