Who was the greater economist--Adam Smith or Charles Darwin? The question seems absurd. Darwin, after all, was a naturalist, not an economist. But Robert Frank, New York Times economics columnist and best-selling author of The Economic Naturalist, predicts that within the next century Darwin will unseat Smith as the intellectual founder of economics. The reason, Frank argues, is that Darwin's understanding of competition describes economic reality far more accurately than Smith's. And the consequences of this fact are profound. Indeed, the failure to recognize that we live in Darwin's world rather than Smith's is putting us all at risk by preventing us from seeing that competition alone will not solve our problems. Far from creating a perfect world, economic competition often leads to "arms races," encouraging behaviors that not only cause enormous harm to the group but also provide no lasting advantages for individuals, since any gains tend to be relative and mutually offsetting
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.02.2012Darwin statt Smith
Warum auch Libertäre progressive Steuern akzeptieren sollten
Robert Frank lehrt Ökonomik an der Cornell Universität im Staat New York. Sein jüngstes Buch hat eine klare politische Zielsetzung. Es soll Libertäre - man könnte auch sagen Radikalliberale, die es in Europa im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten kaum gibt - davon überzeugen, dass progressive Steuern im allgemeinen Interesse sind, auch derer, die dadurch besonders belastet werden.
Ausgangspunkt sind die unterschiedlichen Vorstellungen vom Wettbewerb bei Adam Smith und bei Charles Darwin. Bei Smith zwingt der Wettbewerb die Produzenten das herzustellen, was die Verbraucher wollen. Für die meisten Ökonomen als Gefolgsleute von Smith ist deshalb Marktversagen die Folge von zu wenig Wettbewerb. Darwins Thesen entnimmt Frank die Auffassung, dass auch zu viel Wettbewerb schädlich sein kann. Das gilt nach Frank immer dann, wenn es um Rang oder "Positionsgüter" geht, bei denen nicht alle gut versorgt werden können. Wer einen privilegierten Rang in der Gesellschaft beansprucht oder Güter besitzen möchte - wie das schönste Haus oder Grundstück in einer Gegend - die nicht für alle beschafft werden können, der kann seine Interessen nur zu Lasten anderer durchsetzen. Der Wettbewerb um solche Positionsgüter ist unfruchtbar und verschwenderisch, weil die Anstrengungen der Menschen beim Kampf um Rang und Positionsgüter einander weitgehend neutralisieren.
Frank vergleicht das mit einem Wettrüsten, das keinem Beteiligten mehr Sicherheit bringt. Begrenzungen des Wettbewerbs um Positionsgüter können deshalb im allgemeinen Interesse liegen, damit Arbeit und Anstrengung dazu dienen, solche Güter zu beschaffen, bei denen die Rangkomponente nicht so stark ist. Dies wären private Güter (wie Nahrung oder Freizeit), wo die Befriedigung aller Bedürfnisse zumindest denkbar ist, oder öffentliche Güter, die allen nützen. Mit diesem grob skizzierten Argument kann Frank bisher nur Freiheitsbeschränkungen durch Kollektiventscheidungen rechtfertigen - für Libertäre schon schlimm genug. Aber kann man libertär und rational sein, wenn man Freiheitsbeschränkungen zurückweist, von denen man selbst profitiert, wie der Möglichkeit, weniger Ressourcen in nutzlosen Kämpfen um Rang verschwenden zu müssen?
Progressive Steuern oder Sonderlasten für Leistungsträger sind damit noch nicht gerechtfertigt. Aber Frank verweist darauf, dass Einkommen und viele Güter, die man damit kauft - wie Häuser oder Autos - eine starke Rangkomponente haben. Welches Einkommen, Haus oder Auto uns befriedigt, hängt wesentlich davon ab, was die anderen haben. Es befriedigt, wenn das eigene Einkommen überdurchschnittlich, das eigene Auto besonders schnell, das eigene Haus besonders groß und schön ist.
Wenn Menschen sich Gesellschaften freiwillig anschlössen - damit berücksichtigt das Gedankenexperiment Franks libertäre Ideale - dann müssten die Besserverdiener die schlechter Verdienenden, durch ihre Bereitschaft überproportional zur Staatsfinanzierung beizutragen, überreden, Teil der Gesellschaft zu bleiben. Die meisten Besserverdiener verlören ja ihren Rang, wenn die schlechter Verdienenden entlaufen könnten. Progressive Steuern sind damit ein Preis für hohen Rang. Weil größere und heterogene Gesellschaften mehr von Arbeitsteilung als homogene und kleinere Gesellschaften profitieren können, ist es auch im Interesse eines libertären Besserverdieners trotz progressiv steigender Steuerlast in einer solchen Gesellschaft - wie für westliche Demokratien typisch - zu bleiben.
Das Buch besteht aus zwölf Kapiteln, wovon das erste den amerikanischen Status quo beklagt, das zweite Darwins Wettbewerb einführt, die mittleren sich immer wieder auf den Nobelpreisträger Ronald Coase berufen, ihn eigenwillig, aber sinnvoll und interessant interpretieren und Sozialstaat oder Regulierungen, also die roten Tücher für Libertäre, nie mit Gerechtigkeitsargumenten, sondern immer nur mit Effizienzargumenten und dem Eigeninteresse derer rechtfertigen, deren Freiheit begrenzt und denen besondere Lasten zugemutet werden. Vor allem im fünften und elften Kapitel gibt es Vorschläge zur Verbesserung des Steuersystems, die nicht nur für die Vereinigten Staaten relevant sind. Das letzte Kapitel fasst noch einmal die Kerngedanken zusammen.
Das Buch ist anspruchsvoll und trotzdem gut lesbar. Der Autor wendet sich an Leser, die andere politische Überzeugungen haben als er selbst. Er will Gegner verunsichern und zum Nachdenken zwingen. Klassisch-liberale Ökonomen, die einige Auffassungen mit Libertären teilen, sollten sich auf die Herausforderung einlassen. Um seine Aussichten zu verbessern, aus Libertären Sozialliberale zu machen, müsste Frank allerdings erklären, wie man die rationale Ignoranz der Wähler und die Eigeninteressen der Politiker überwinden kann. Hohe Ämter sind das paradigmatische Positionsgut.
ERICH WEEDE.
Robert H. Frank: The Darwin Economy.
Princeton University Press, Princeton 2011, 240 Seiten, 26,95 Dollar
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Warum auch Libertäre progressive Steuern akzeptieren sollten
Robert Frank lehrt Ökonomik an der Cornell Universität im Staat New York. Sein jüngstes Buch hat eine klare politische Zielsetzung. Es soll Libertäre - man könnte auch sagen Radikalliberale, die es in Europa im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten kaum gibt - davon überzeugen, dass progressive Steuern im allgemeinen Interesse sind, auch derer, die dadurch besonders belastet werden.
Ausgangspunkt sind die unterschiedlichen Vorstellungen vom Wettbewerb bei Adam Smith und bei Charles Darwin. Bei Smith zwingt der Wettbewerb die Produzenten das herzustellen, was die Verbraucher wollen. Für die meisten Ökonomen als Gefolgsleute von Smith ist deshalb Marktversagen die Folge von zu wenig Wettbewerb. Darwins Thesen entnimmt Frank die Auffassung, dass auch zu viel Wettbewerb schädlich sein kann. Das gilt nach Frank immer dann, wenn es um Rang oder "Positionsgüter" geht, bei denen nicht alle gut versorgt werden können. Wer einen privilegierten Rang in der Gesellschaft beansprucht oder Güter besitzen möchte - wie das schönste Haus oder Grundstück in einer Gegend - die nicht für alle beschafft werden können, der kann seine Interessen nur zu Lasten anderer durchsetzen. Der Wettbewerb um solche Positionsgüter ist unfruchtbar und verschwenderisch, weil die Anstrengungen der Menschen beim Kampf um Rang und Positionsgüter einander weitgehend neutralisieren.
Frank vergleicht das mit einem Wettrüsten, das keinem Beteiligten mehr Sicherheit bringt. Begrenzungen des Wettbewerbs um Positionsgüter können deshalb im allgemeinen Interesse liegen, damit Arbeit und Anstrengung dazu dienen, solche Güter zu beschaffen, bei denen die Rangkomponente nicht so stark ist. Dies wären private Güter (wie Nahrung oder Freizeit), wo die Befriedigung aller Bedürfnisse zumindest denkbar ist, oder öffentliche Güter, die allen nützen. Mit diesem grob skizzierten Argument kann Frank bisher nur Freiheitsbeschränkungen durch Kollektiventscheidungen rechtfertigen - für Libertäre schon schlimm genug. Aber kann man libertär und rational sein, wenn man Freiheitsbeschränkungen zurückweist, von denen man selbst profitiert, wie der Möglichkeit, weniger Ressourcen in nutzlosen Kämpfen um Rang verschwenden zu müssen?
Progressive Steuern oder Sonderlasten für Leistungsträger sind damit noch nicht gerechtfertigt. Aber Frank verweist darauf, dass Einkommen und viele Güter, die man damit kauft - wie Häuser oder Autos - eine starke Rangkomponente haben. Welches Einkommen, Haus oder Auto uns befriedigt, hängt wesentlich davon ab, was die anderen haben. Es befriedigt, wenn das eigene Einkommen überdurchschnittlich, das eigene Auto besonders schnell, das eigene Haus besonders groß und schön ist.
Wenn Menschen sich Gesellschaften freiwillig anschlössen - damit berücksichtigt das Gedankenexperiment Franks libertäre Ideale - dann müssten die Besserverdiener die schlechter Verdienenden, durch ihre Bereitschaft überproportional zur Staatsfinanzierung beizutragen, überreden, Teil der Gesellschaft zu bleiben. Die meisten Besserverdiener verlören ja ihren Rang, wenn die schlechter Verdienenden entlaufen könnten. Progressive Steuern sind damit ein Preis für hohen Rang. Weil größere und heterogene Gesellschaften mehr von Arbeitsteilung als homogene und kleinere Gesellschaften profitieren können, ist es auch im Interesse eines libertären Besserverdieners trotz progressiv steigender Steuerlast in einer solchen Gesellschaft - wie für westliche Demokratien typisch - zu bleiben.
Das Buch besteht aus zwölf Kapiteln, wovon das erste den amerikanischen Status quo beklagt, das zweite Darwins Wettbewerb einführt, die mittleren sich immer wieder auf den Nobelpreisträger Ronald Coase berufen, ihn eigenwillig, aber sinnvoll und interessant interpretieren und Sozialstaat oder Regulierungen, also die roten Tücher für Libertäre, nie mit Gerechtigkeitsargumenten, sondern immer nur mit Effizienzargumenten und dem Eigeninteresse derer rechtfertigen, deren Freiheit begrenzt und denen besondere Lasten zugemutet werden. Vor allem im fünften und elften Kapitel gibt es Vorschläge zur Verbesserung des Steuersystems, die nicht nur für die Vereinigten Staaten relevant sind. Das letzte Kapitel fasst noch einmal die Kerngedanken zusammen.
Das Buch ist anspruchsvoll und trotzdem gut lesbar. Der Autor wendet sich an Leser, die andere politische Überzeugungen haben als er selbst. Er will Gegner verunsichern und zum Nachdenken zwingen. Klassisch-liberale Ökonomen, die einige Auffassungen mit Libertären teilen, sollten sich auf die Herausforderung einlassen. Um seine Aussichten zu verbessern, aus Libertären Sozialliberale zu machen, müsste Frank allerdings erklären, wie man die rationale Ignoranz der Wähler und die Eigeninteressen der Politiker überwinden kann. Hohe Ämter sind das paradigmatische Positionsgut.
ERICH WEEDE.
Robert H. Frank: The Darwin Economy.
Princeton University Press, Princeton 2011, 240 Seiten, 26,95 Dollar
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main