„Nichts in der Biologie macht Sinn außer im Lichte der Evolution“
In „Darwin heute“ steht das interdisziplinäre Konzept der Evolution im Fokus. Die Bioevolution deckt in diesem Sinne nur einen Teilbereich der Entwicklung neuer Systemeigenschaften ab. Evolution gilt heute als tragendes Element
eines modernen Weltbildes und so benennt Gerhard Vollmer in seinem Beitrag eine Vielzahl…mehr„Nichts in der Biologie macht Sinn außer im Lichte der Evolution“
In „Darwin heute“ steht das interdisziplinäre Konzept der Evolution im Fokus. Die Bioevolution deckt in diesem Sinne nur einen Teilbereich der Entwicklung neuer Systemeigenschaften ab. Evolution gilt heute als tragendes Element eines modernen Weltbildes und so benennt Gerhard Vollmer in seinem Beitrag eine Vielzahl wissenschaftlicher Bereiche, die unter dem Begriff Evolution subsumiert werden können. (19)
Gibt es eine allgemeine Evolutionstheorie, Prinzipien, die interdisziplinär gültig sind? Vollmer stellt kurz Theorien von Daniel Dennett, Enrico Coen, Gerhard Schurz und Peter Mersch vor, wobei ihm letztere am ehesten zusagt, da Mersch ein geeignetes Abstraktionsniveau für eine universelle Evolutionstheorie gefunden hat.
Josef M. Gassner und Harald Lesch stellen das aktuelle kosmologische Weltbild vor. Sie beschreiben den Urknall als empirisch gesicherte Tatsache, wenngleich es in den Belegen wesentliche Lücken gibt (Dunkle Materie, Dunkle Energie). Dennoch gilt der Urknall mangels erklärungsmächtigerer Alternativen als Standardmodell der Kosmologie.
Die Evolutionäre Entwicklungsbiologie, kurz Evo-Devo, untersucht, wie sich die Steuerung der Individualentwicklung der Lebewesen (Ontogenese) in der Evolution entwickelt hat. Martin Neukamm beschreibt, was Evo-Devo heute leistet. Er liefert Erklärungen für den evolutionären Gestaltwandel.
„Weshalb ist die mineralische Zusammensetzung von Blut und Meerwasser auffallend ähnlich?“, ist eine der Fragen, denen Martin Neukamm und Peter M. Kaiser in ihrem Beitrag zur chemischen Evolution auf den Grund gehen. Eine plausible Erklärung bietet einzig die Evolution.
Eine relativ neues Wissenschaftsgebiet ist die Evolutionäre Bioinformatik. (126) Mittels computergestützter Modelle werden stammesgeschichtlich alte DNA- und Protein-Sequenzen rekonstruiert. Ziel ist es u.a., die Bedingungen in den früheren Ozeanen zu ermitteln, die aufgrund bisheriger Gesteinsanalysen kein einheitliches Bild abgeben.
Ein weiteres Themengebiet ist die Evolutionäre Biotechnologie, mit der sich Peter Schuster in seinem Beitrag beschäftigt. Im Fokus stehen molekulare Modellsysteme, die experimentell realisiert und theoretisch analysiert werden können.
Ressourcenknappheit führt zu Konflikten hinsichtlich der Investments in die drei Lebensbereiche Selbsterhalt, Wachstum und Reproduktion. Umwelteinflüsse beeinflussen die Entscheidungen und diese die Lebensverläufe. Charlotte Störmer und Eckart Voland beschäftigen sich mit der Theorie zur Evolution der Lebensgeschichte.
Andreas Beyer erläutert anhand des rückläufigen Kehlkopfnervs, der nicht den direkten Weg nimmt, sondern über einen Umweg vom Hirn zum Kehlkopf verläuft, wie Anpassung in der Evolution funktioniert.
Ein übergreifendes Thema bearbeitet Bernulf Kanitscheider, wenn er eine Brücke schlägt zwischen Ethik und Naturalismus. Er macht deutlich, dass ein starres Festhalten an Regeln, welche angeblich transzendenten Ursprungs sind, vielfach ins Unheil geführt hat. Werte sind keine autonomen Entitäten, sondern dienen dem Überleben. Der Mensch ist aus evolutionärer Sicht kein unbeschriebenes Blatt und Ethik ist zeitabhängig und situativ zu sehen.
In „Darwin heute“ liegt der Fokus auf dem interdisziplinären Konzept der Evolution. In einer Rezension können nur einige wenige Gedanken angerissen werden. Zu Wort kommen Experten ihrer Disziplinen, denen es auch gelingt, das Konzept der Evolution prägnant zum Ausdruck zu bringen. In den verschiedenen Beiträgen wird nicht nur deutlich, dass die Wissenschaft natürliche Erklärungen sucht, sondern auch, dass diese die plausibelsten Erklärungen sind.