Eigentlich dachten die Zwillinge John und Philippa, sie seien ganz normale Kinder. Bis ihnen ihre Weisheitszähne entfernt werden und plötzlich unerklärlich Dinge geschehen. Denn John und Philippa sind keineswegs wie andere Zwölfjährige. Sie sind Dschinn. Und ehe John und Philippa so recht wissen, wie ihnen geschieht, landen sie mitten in einem unglaublichen Abenteuer voller Magie. Nach London und Ägypten, ja sogar bis an den Nordpol geht ihre Reise, um die verschwundenen siebzig Dschinn des Pharaos Akhenaten wieder zu finden. Denn nur so kann es John und Philippa gelingen, die Menschen vor der bösen Macht der Ifrit zu beschützen.
Interview mit P. B. Kerr zu "Die Kinder des Dschinn"
Sie haben eine neue Zielgruppe. Ist das Schreiben für Kinder anders als für Erwachsene?
Nicht wesentlich. Ich denke, man hat manchmal das Gefühl, eine komplizierte Satzkonstruktion und Kraftausdrücke und Sex vermeiden zu müssen. Aber grundsätzlich, denke ich, darf man für Kinder nicht anders schreiben als für Erwachsene.
Wie kamen Sie auf die Idee für Kinder zu schreiben?
Ich habe drei Kinder. Sie haben noch niemals ein Buch von mir gelesen und ich wollte mal etwas für sie schreiben.
Sind ihre Kinder reale Vorbilder für die Zwillinge in "Children of the lamp"?
In John Gaunt steckt ein wenig von meinem ältesten Sohn.
Dschinn trifft man ja nicht an jeder Straßenecke. Wie kamen Sie auf die Idee, über Flaschengeister zu schreiben?
Ein Dschinn gab sie mir ein.
Die Abenteuer von John und Philippa werden weitergehen. Was sind Ihre Pläne bezüglich einer Fortsetzung?
Die nächste Folge ist in Arbeit und soll "Der Blaue Dschinn von Babylon" heißen. Sie spielt vor allem im Irak.
Sind Sie ein "literarischer Streuner", wie der Spiegel schreibt?
Ich erzähle Geschichten und Geschichten lassen sich nicht in ein bestimmtes Genre pressen. Ich hasse Genres.
Haben Sie literarische Vorbilder? Wenn ja, welche?
Vorbilder, nein. Menschen, die ich bewundere, ja. Dickens, uneingeschränkt. Um einen Satz aus "The Sixth Sense" zu zitieren: "Ich lese Tote, immerzu."
Was haben Sie als Kind gerne gelesen?
Von 8 - 12: Kipling, Arthur Ransome, W. E. Johns, Enid Blyton, G. A. Henty, eigentlich alles, dessen ich habhaft werden konnte ... Von 12 -: Conan Doyle, Ian Fleming, John Buchan, D. H. Lawrence, Thomas Hardy
Ihr Manuskript zu "Children of the lamp" ist in den USA und England für eine ungewöhnlich hohe Summe verkauft worden. Haben Sie mit einem solchen Erfolg für Ihr Erstlingswerk als Kinder- und Jugendbuchautor gerechnet?
Ganz und gar nicht. Wie ich sagte, ich schrieb dieses Buch für meine Kinder. Ich hatte vor, es privat drucken zu lassen.
Die Krimi-Trilogie "Feuer in Berlin", "Alte Freunde - neue Feinde", "Im Sog der dunklen Mächte" spielt in Berlin. Welche besondere Beziehung haben Sie zu Deutschland?
Ich studierte deutsche Philosophie. Schopenhauer und Wittgenstein sind meine Lieblingsphilosophen. Und die Nazizeit hat mich immer sehr beschäftigt. Also, ja, man könnte sagen, ich habe eine besondere Beziehung zu Deutschland. Es ist so, dass ich gerade einen Thriller fertig habe - einen Roman, dessen Handlung im Jahre 1943 und teilweise in Deutschland angesiedelt ist.
Wenn Sie selbst drei Wünsche frei hätten - was würden Sie sich wünschen?
Ich wünschte mir, dass Tony Blair ein Herz, George Bush ein Hirn und das israelische und das palästinensische Volk den Mut hätten ... Frieden zu schließen.
Interview mit P. B. Kerr zu "Die Kinder des Dschinn"
Sie haben eine neue Zielgruppe. Ist das Schreiben für Kinder anders als für Erwachsene?
Nicht wesentlich. Ich denke, man hat manchmal das Gefühl, eine komplizierte Satzkonstruktion und Kraftausdrücke und Sex vermeiden zu müssen. Aber grundsätzlich, denke ich, darf man für Kinder nicht anders schreiben als für Erwachsene.
Wie kamen Sie auf die Idee für Kinder zu schreiben?
Ich habe drei Kinder. Sie haben noch niemals ein Buch von mir gelesen und ich wollte mal etwas für sie schreiben.
Sind ihre Kinder reale Vorbilder für die Zwillinge in "Children of the lamp"?
In John Gaunt steckt ein wenig von meinem ältesten Sohn.
Dschinn trifft man ja nicht an jeder Straßenecke. Wie kamen Sie auf die Idee, über Flaschengeister zu schreiben?
Ein Dschinn gab sie mir ein.
Die Abenteuer von John und Philippa werden weitergehen. Was sind Ihre Pläne bezüglich einer Fortsetzung?
Die nächste Folge ist in Arbeit und soll "Der Blaue Dschinn von Babylon" heißen. Sie spielt vor allem im Irak.
Sind Sie ein "literarischer Streuner", wie der Spiegel schreibt?
Ich erzähle Geschichten und Geschichten lassen sich nicht in ein bestimmtes Genre pressen. Ich hasse Genres.
Haben Sie literarische Vorbilder? Wenn ja, welche?
Vorbilder, nein. Menschen, die ich bewundere, ja. Dickens, uneingeschränkt. Um einen Satz aus "The Sixth Sense" zu zitieren: "Ich lese Tote, immerzu."
Was haben Sie als Kind gerne gelesen?
Von 8 - 12: Kipling, Arthur Ransome, W. E. Johns, Enid Blyton, G. A. Henty, eigentlich alles, dessen ich habhaft werden konnte ... Von 12 -: Conan Doyle, Ian Fleming, John Buchan, D. H. Lawrence, Thomas Hardy
Ihr Manuskript zu "Children of the lamp" ist in den USA und England für eine ungewöhnlich hohe Summe verkauft worden. Haben Sie mit einem solchen Erfolg für Ihr Erstlingswerk als Kinder- und Jugendbuchautor gerechnet?
Ganz und gar nicht. Wie ich sagte, ich schrieb dieses Buch für meine Kinder. Ich hatte vor, es privat drucken zu lassen.
Die Krimi-Trilogie "Feuer in Berlin", "Alte Freunde - neue Feinde", "Im Sog der dunklen Mächte" spielt in Berlin. Welche besondere Beziehung haben Sie zu Deutschland?
Ich studierte deutsche Philosophie. Schopenhauer und Wittgenstein sind meine Lieblingsphilosophen. Und die Nazizeit hat mich immer sehr beschäftigt. Also, ja, man könnte sagen, ich habe eine besondere Beziehung zu Deutschland. Es ist so, dass ich gerade einen Thriller fertig habe - einen Roman, dessen Handlung im Jahre 1943 und teilweise in Deutschland angesiedelt ist.
Wenn Sie selbst drei Wünsche frei hätten - was würden Sie sich wünschen?
Ich wünschte mir, dass Tony Blair ein Herz, George Bush ein Hirn und das israelische und das palästinensische Volk den Mut hätten ... Frieden zu schließen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.03.2005Magische Familienbande
Die neuere Phantastik für Kinder entdeckt die Verwandtschaft
Da Joanne K. Rowling sich zwischen den einzelnen Bänden von Harry Potter Zeit läßt, können Kinder und Jugendliche ihren nach wie vor kräftigen Appetit auf Phantastisches auch mal bei anderen Köchen stillen. Die Autoren richten sich nach dem Erfolgsmodell und schreiben selten weniger als 350 Seiten, oft das Doppelte. Die meisten Geschichten sind als Trilogien angelegt - die magische Drei dominierte schon im Märchen. Seit der rührenden Geschichte von der schreibenden Mutter im Café gehören mehr denn je die Lebensumstände der Autoren zum Marketing-Konzept der phantastischen Jugendliteratur. Eine Mutter hat sich zusammen mit der Tochter "Lionboy" ausgedacht, und Christopher Paolini schrieb "Eragon" mit 15 Jahren. Solche Storys suggerieren den Fans, daß sie mit ihrer phantastischen Trilogie die nächsten sein könnten.
Rezepte und Zutaten für die Handlung gib's kostenlos in Mythen, Märchen und den Arbeiten der Kollegen. Man nehme eine Waise oder ein von seinen Eltern verlassenes Kind. Zur Kompensation seiner Einsamkeit muß es über wunderbare Kommunikationsmittel verfügen - es ist isoliert und allverbunden, wie Max Lüthi die Protagonisten des Märchens charakterisiert hat. Zizou Corders "Lionboy" versteht die Katzensprache, Jenny Nimmos "Charlie Bone" kann mit Figuren auf Bildern sprechen und "Eragon" mit seinem Drachenmädchen. Die Suchreise der Helden führt sie durch eine oft mittelalterlich anmutende Anderswelt ("Eragon") oder über eine Zweiweltenbühne mit magischer und alltäglicher Sphäre ("Charlie Bone"), und sie fällt zusammen mit der allmählichen Aufdeckung ihrer verborgenen Abstammung. Ihr Familienroman ist wie bei Hamlet mit der Verderbtheit der Welt korreliert. Das Böse ist übermächtig geworden, die Guten müssen die Weltordnung wiederherstellen.
Mit diesen Versatzstücken ist gleichwohl nicht schon alles geleistet. Originelle Kombinationen, spezifische Atmosphären, eindringliche Figuren müssen selbst gefunden werden. Christopher Paolini ist nicht viel eingefallen, sein Mix bleibt ziemlich fad. Ein Tyrann mit Ungeheuern als Schergen, ein Drachenei, ein Bündnis von Elfen, Zwergen und Zauberern - den allzu vertrauten Motiven fehlen überraschende Evidenz und Eigensinn.
Kai Meyer dagegen entwirft eigenwillige, auch ambivalente Figuren und siedelt sie in verfremdet pittoresken Milieus an. Seine Merle lebt im Venedig der Glas- und Spiegelkünstler, während die Stadt von einem zombiehaften ägyptischen Reich, von Mumien und Sphingen, belagert wird. Der Weg zur Rettung führt die Heldin durch eine ins Maßlose getriebene Dante-Hölle, durch die Elemente und Jahreszeiten. Kai Meyers Wellenläufer-Trilogie spielt in einer magisch bedrohten Seeräuber-Karibik. Hier müssen die Helden in die Meeresabgründe vordringen, um das Unheil zu bannen. Die Dehnung auf drei Bände, die Überfülle von skurrilen Figuren, gefährlichsten Situationen und herzzerreißenden Konflikten um Freundschaft und Verrat lassen allerdings die Konturen verschwimmen. Meyer bürdet dem Lesemagen zuviel auf, spätestens im zweiten Band verlieren sich die einzelnen Aromen im überwürzten Gericht.
Nach der jahrzehntelang anhaltenden Kelten- und Elfenlust liegt ein Griff in andere Märchengefilde nahe. P. B. Kerr transportiert Dschinns und Flaschengeister aus 1001 Nacht in die Gegenwart. Seine Geschichte von den lässigen amerikanischen Dschinn-Kindern erinnert an Enid Blytons Abenteuerbücher und ist ebenso flach. Jenny Nimmo variiert das Harry-Potter-Muster des Zaubererinternats und gibt einen Schuß von Roald Dahls schwarzem Humor dazu. Trotz der epigonalen Anlage sind ihr Held Charlie Bone, seine Freunde und magischen Helfer im Spannungsfeld zwischen gemütlicher mütterlicher Wohnküche und gefährlich-kaltem Internat selbständig gezeichnet. Die Bösen sind ohnehin immer gleich häßlich und grausam.
Nicht so bei Zizou Corder: Sie läßt das Böse konkret und gegenwartsbezogen als Pharmakonzern agieren, der die Welt mit feineren und weniger feinen Mitteln beherrscht. Handlanger ist ein gemeiner Bursche aus dem Nachbarhaus - so erhält die Gewalt ein Gesicht, das Kindern aus ihrem Alltag nur zu vertraut ist. Dagegen bietet Charlie Ashanti, der sich mit einer Löwenfamilie verbündet, ein attraktives Trostmittel und prächtiges Wunschbild für kindliche Allmachtsphantasien und Freundschaftssehnsucht. Zizou Corder hat einige starke Bilder gefunden, und sie macht sich die Mühe, die Handlung in verfremdeten, aber erkennbaren geographischen und kulturellen Räumen anzusiedeln. Die farbige Detailgenauigkeit verhindert, daß die moralische und politische Korrektheit zu aufdringlich wird.
Erstaunlich an der gegenwärtigen Fantasy-Mode ist die Bedeutung des biologischen Erbes für die Helden. Blut gilt mehr als alle Erziehung. Die Kinder des Dschinn, Eragon, Charlie Bone, Merle - sie alle sind durch ihre biologische Herkunft auf die magische Karriere festgelegt. Daher sind ihre Erlebnisse und Reisen weniger Entwicklungs- als Reifungsgeschichten. Eines Tages werden sie zu Zauberern, so wie reale Kinder in die Pubertät kommen. In dieser zwangsläufig sich ereignenden Epiphanie des Magischen wird eine seltsame Obsession der gegenwärtigen phantastischen Jugendliteratur kenntlich: die schicksalhafte Vererbung und der Familienmythos. Darin unterscheidet sie sich diametral von der phantastischen Kindergeschichte der sechziger und siebziger Jahre, die dem Kind die Macht der schöpferischen Phantasie zusprach. Verbirgt sich im traditionellen Märchenkleid heute regressive vormoderne Schicksalsfixierung oder der neue Glauben an die Allmacht der Gene?
GUNDEL MATTENKLOTT
Zizou Corder: "Lionboy. Die Entführung"; "Die Jagd". Beide aus dem Englischen übersetzt von Sophie Zeitz. München, Hanser Verlag 2004 und 2005. 344 und 320 S., geb., je 15,90 [Euro]. Ab 10 J.
P. B. Kerr: "Die Kinder des Dschinn". Das Akhenaten-Abenteuer. Aus dem Englischen übersetzt von Johanna Ellsworth. Oetinger Verlag, Hamburg 2004. 378 S., geb., 14,90 [Euro]. Ab 10 J.
Kai Meyer: "Die Wellenläufer"; "Die Muschelmagier"; "Die Wasserweber". Loewe Verlag, Bindlach 2003 und 2004. 384, 336 und 368 S., geb., je 14,90 [Euro]. Ab 10 J.
Jenny Nimmo: "Charlie Bone und das Geheimnis der sprechenden Bilder"; "Charlie Bone und die magische Zeitkugel". Beide aus dem Englischen übersetzt von Cornelia Holfelder-von der Tann. Verlag Otto Maier, Ravensburg 2003 und 2004. 360 und 320 S., geb., je 13,95 [Euro]. Ab 10 J.
Christopher Paolini: "Eragon". Das Vermächtnis der Drachenreiter. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Joannis Stefanidis. Cbj - Random House, München 2004. 604 S., geb., 19,90 [Euro]. Ab 10 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die neuere Phantastik für Kinder entdeckt die Verwandtschaft
Da Joanne K. Rowling sich zwischen den einzelnen Bänden von Harry Potter Zeit läßt, können Kinder und Jugendliche ihren nach wie vor kräftigen Appetit auf Phantastisches auch mal bei anderen Köchen stillen. Die Autoren richten sich nach dem Erfolgsmodell und schreiben selten weniger als 350 Seiten, oft das Doppelte. Die meisten Geschichten sind als Trilogien angelegt - die magische Drei dominierte schon im Märchen. Seit der rührenden Geschichte von der schreibenden Mutter im Café gehören mehr denn je die Lebensumstände der Autoren zum Marketing-Konzept der phantastischen Jugendliteratur. Eine Mutter hat sich zusammen mit der Tochter "Lionboy" ausgedacht, und Christopher Paolini schrieb "Eragon" mit 15 Jahren. Solche Storys suggerieren den Fans, daß sie mit ihrer phantastischen Trilogie die nächsten sein könnten.
Rezepte und Zutaten für die Handlung gib's kostenlos in Mythen, Märchen und den Arbeiten der Kollegen. Man nehme eine Waise oder ein von seinen Eltern verlassenes Kind. Zur Kompensation seiner Einsamkeit muß es über wunderbare Kommunikationsmittel verfügen - es ist isoliert und allverbunden, wie Max Lüthi die Protagonisten des Märchens charakterisiert hat. Zizou Corders "Lionboy" versteht die Katzensprache, Jenny Nimmos "Charlie Bone" kann mit Figuren auf Bildern sprechen und "Eragon" mit seinem Drachenmädchen. Die Suchreise der Helden führt sie durch eine oft mittelalterlich anmutende Anderswelt ("Eragon") oder über eine Zweiweltenbühne mit magischer und alltäglicher Sphäre ("Charlie Bone"), und sie fällt zusammen mit der allmählichen Aufdeckung ihrer verborgenen Abstammung. Ihr Familienroman ist wie bei Hamlet mit der Verderbtheit der Welt korreliert. Das Böse ist übermächtig geworden, die Guten müssen die Weltordnung wiederherstellen.
Mit diesen Versatzstücken ist gleichwohl nicht schon alles geleistet. Originelle Kombinationen, spezifische Atmosphären, eindringliche Figuren müssen selbst gefunden werden. Christopher Paolini ist nicht viel eingefallen, sein Mix bleibt ziemlich fad. Ein Tyrann mit Ungeheuern als Schergen, ein Drachenei, ein Bündnis von Elfen, Zwergen und Zauberern - den allzu vertrauten Motiven fehlen überraschende Evidenz und Eigensinn.
Kai Meyer dagegen entwirft eigenwillige, auch ambivalente Figuren und siedelt sie in verfremdet pittoresken Milieus an. Seine Merle lebt im Venedig der Glas- und Spiegelkünstler, während die Stadt von einem zombiehaften ägyptischen Reich, von Mumien und Sphingen, belagert wird. Der Weg zur Rettung führt die Heldin durch eine ins Maßlose getriebene Dante-Hölle, durch die Elemente und Jahreszeiten. Kai Meyers Wellenläufer-Trilogie spielt in einer magisch bedrohten Seeräuber-Karibik. Hier müssen die Helden in die Meeresabgründe vordringen, um das Unheil zu bannen. Die Dehnung auf drei Bände, die Überfülle von skurrilen Figuren, gefährlichsten Situationen und herzzerreißenden Konflikten um Freundschaft und Verrat lassen allerdings die Konturen verschwimmen. Meyer bürdet dem Lesemagen zuviel auf, spätestens im zweiten Band verlieren sich die einzelnen Aromen im überwürzten Gericht.
Nach der jahrzehntelang anhaltenden Kelten- und Elfenlust liegt ein Griff in andere Märchengefilde nahe. P. B. Kerr transportiert Dschinns und Flaschengeister aus 1001 Nacht in die Gegenwart. Seine Geschichte von den lässigen amerikanischen Dschinn-Kindern erinnert an Enid Blytons Abenteuerbücher und ist ebenso flach. Jenny Nimmo variiert das Harry-Potter-Muster des Zaubererinternats und gibt einen Schuß von Roald Dahls schwarzem Humor dazu. Trotz der epigonalen Anlage sind ihr Held Charlie Bone, seine Freunde und magischen Helfer im Spannungsfeld zwischen gemütlicher mütterlicher Wohnküche und gefährlich-kaltem Internat selbständig gezeichnet. Die Bösen sind ohnehin immer gleich häßlich und grausam.
Nicht so bei Zizou Corder: Sie läßt das Böse konkret und gegenwartsbezogen als Pharmakonzern agieren, der die Welt mit feineren und weniger feinen Mitteln beherrscht. Handlanger ist ein gemeiner Bursche aus dem Nachbarhaus - so erhält die Gewalt ein Gesicht, das Kindern aus ihrem Alltag nur zu vertraut ist. Dagegen bietet Charlie Ashanti, der sich mit einer Löwenfamilie verbündet, ein attraktives Trostmittel und prächtiges Wunschbild für kindliche Allmachtsphantasien und Freundschaftssehnsucht. Zizou Corder hat einige starke Bilder gefunden, und sie macht sich die Mühe, die Handlung in verfremdeten, aber erkennbaren geographischen und kulturellen Räumen anzusiedeln. Die farbige Detailgenauigkeit verhindert, daß die moralische und politische Korrektheit zu aufdringlich wird.
Erstaunlich an der gegenwärtigen Fantasy-Mode ist die Bedeutung des biologischen Erbes für die Helden. Blut gilt mehr als alle Erziehung. Die Kinder des Dschinn, Eragon, Charlie Bone, Merle - sie alle sind durch ihre biologische Herkunft auf die magische Karriere festgelegt. Daher sind ihre Erlebnisse und Reisen weniger Entwicklungs- als Reifungsgeschichten. Eines Tages werden sie zu Zauberern, so wie reale Kinder in die Pubertät kommen. In dieser zwangsläufig sich ereignenden Epiphanie des Magischen wird eine seltsame Obsession der gegenwärtigen phantastischen Jugendliteratur kenntlich: die schicksalhafte Vererbung und der Familienmythos. Darin unterscheidet sie sich diametral von der phantastischen Kindergeschichte der sechziger und siebziger Jahre, die dem Kind die Macht der schöpferischen Phantasie zusprach. Verbirgt sich im traditionellen Märchenkleid heute regressive vormoderne Schicksalsfixierung oder der neue Glauben an die Allmacht der Gene?
GUNDEL MATTENKLOTT
Zizou Corder: "Lionboy. Die Entführung"; "Die Jagd". Beide aus dem Englischen übersetzt von Sophie Zeitz. München, Hanser Verlag 2004 und 2005. 344 und 320 S., geb., je 15,90 [Euro]. Ab 10 J.
P. B. Kerr: "Die Kinder des Dschinn". Das Akhenaten-Abenteuer. Aus dem Englischen übersetzt von Johanna Ellsworth. Oetinger Verlag, Hamburg 2004. 378 S., geb., 14,90 [Euro]. Ab 10 J.
Kai Meyer: "Die Wellenläufer"; "Die Muschelmagier"; "Die Wasserweber". Loewe Verlag, Bindlach 2003 und 2004. 384, 336 und 368 S., geb., je 14,90 [Euro]. Ab 10 J.
Jenny Nimmo: "Charlie Bone und das Geheimnis der sprechenden Bilder"; "Charlie Bone und die magische Zeitkugel". Beide aus dem Englischen übersetzt von Cornelia Holfelder-von der Tann. Verlag Otto Maier, Ravensburg 2003 und 2004. 360 und 320 S., geb., je 13,95 [Euro]. Ab 10 J.
Christopher Paolini: "Eragon". Das Vermächtnis der Drachenreiter. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Joannis Stefanidis. Cbj - Random House, München 2004. 604 S., geb., 19,90 [Euro]. Ab 10 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Dieses Buch ist einfach unglaublich! Ein fetter 378-Seiten-Roman - der Autor hat sich ganz schön ins Zeug gelegt.
Das Buch erzählt die Geschichte der Zwillinge John und Philippa. Sie denken, sie seien normale Kinder - bis eine Reihe komischer Dinger passiert. Erst müssen ihnen schon mit zwölf Jahren die Weisheitszähne gezogen werden. In ihrem Narkosetraum begegnen sie ihrem Onkel Nimrod, der sie auffordert, zu ihm nach London zu kommen. Auf dem Flug verschwindet ein Ehepaar spurlos aus der Maschine. In London erzählt ihnen Nimrod, dass sie eigentlich Dschinn seien. Und schon beginnt eine Reise, um die vermissten Dschinn des Pharaos Akhenaten zu finden. Bis zum Nordpol müssen sie, um ihr Abenteuer zu bestehen.
Ich habe dieses Buch mit Genuss gelesen. Einziger Nachteil: es ist zu kurz.
Alexander Lemster, geb. 1993
Das Buch erzählt die Geschichte der Zwillinge John und Philippa. Sie denken, sie seien normale Kinder - bis eine Reihe komischer Dinger passiert. Erst müssen ihnen schon mit zwölf Jahren die Weisheitszähne gezogen werden. In ihrem Narkosetraum begegnen sie ihrem Onkel Nimrod, der sie auffordert, zu ihm nach London zu kommen. Auf dem Flug verschwindet ein Ehepaar spurlos aus der Maschine. In London erzählt ihnen Nimrod, dass sie eigentlich Dschinn seien. Und schon beginnt eine Reise, um die vermissten Dschinn des Pharaos Akhenaten zu finden. Bis zum Nordpol müssen sie, um ihr Abenteuer zu bestehen.
Ich habe dieses Buch mit Genuss gelesen. Einziger Nachteil: es ist zu kurz.
Alexander Lemster, geb. 1993