Sollt ist dreizehn Jahre alt, als die deutschen Truppen im Sommer 1941 in seine Heimatstadt Kaunas/Litauen einfallen. Von einem Tag auf den anderen ist die Kindheit des jüdischen Jungen zu Ende. Er wird mit seiner Familie ins Ghetto getrieben und muß zusehen, wie Freunde und Verwandte bei zahlreichen sogenannten Aktionen der neuen Machthaber zur Vernichtung selektiert oder auf der Stelle ermordet werden. Der Junge lernt zu Überleben und ist doch schon hundertmal gestorben, ehe er nach der Auflösung des Ghettos im Sommer 1944 zunächst ins Lager Stutthof (bei Danzig) und von dort in ein Außenlager des KZ Dachau deportiert wird. Inmitten einer bayerischen Bilderbuchlandschaft, im Lager X (Utting am Ammersee), erfährt Solly am eigenen Leibe, was Nationalsozialisten unter »Vernichtung durch Arbeit« verstehen. Vor den anrückenden Alliierten wird er mit den wenigen noch lebenden Häftlingen auf einem der berüchtigten Todesmärsche in Richtung Alpen getrieben und unterwegs von amerikanischen Soldaten befreit. Es ist die Geschichte eines gejagten Jungen, der fünfzig Jahre lang im Überlebenden Solly Ganor geschwiegen hat und der sich jetzt mit aller Kraft zu Wort meldet: die Stimme aus einem anderen Leben.
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.12.2012Der „japanische
Schindler“
München – Die Resonanz auf die Berichterstattung der Süddeutschen Zeitung über die „Forschungsreise wider das Vergessen“ ist im Herbst 2011 ausgesprochen erfreulich. Zu den bemerkenswertesten Reaktionen zählt ein Anruf in der Redaktion, dem Ende Oktober ein kleines Päckchen folgt. Enthalten ist Solly Ganors Buch „Das andere Leben“, das die Geschichte eines gejagten Jungen erzählt. Eines traumatisierten Jungen, der 50 Jahre schweigt und den ein Schlüsselerlebnis schließlich Jahrzehnte später dazu bringt, seine Erlebnisse aufzuschreiben.
Seine Erinnerungen an eine Kindheit im Holocaust, die zu Ende ist, als der damals Dreizehnjährige den Einmarsch deutscher Truppen in seiner Heimat Litauen miterlebt. Seine Fluchten, die Zeit im Ghetto Kaunas, in Arbeitslagern, in einem KZ-Außenlager bei Landsberg am Lech und am Ende auf einem der sogenannten Todesmärsche durch die bayerische Voralpenlandschaft. Seine Erlebnisse mit dem ehemals besten litauischen Kindheitsfreund, der sich an Judenverfolgungen beteiligt, und dem Solly dennoch sein Leben verdankt – weil er ihm einst, vor dem ersten von vielen Umzügen, das heiß geliebte Schaukelpferd geschenkt hat. Und die Bekanntschaft mit dem japanischen Konsul Chiune Sugihara, der Tausende von Juden gerettet hat, indem er ihnen – gegen die Anweisung aus der Heimat – Transitvisa ausstellte, in nächtelanger Arbeit und bis zur völligen Erschöpfung.
Dem „japanischen Schindler“, einem „Gerechten unter den Völkern“, ist heute im litauischen Kaunas ein kleines Museum im ehemaligen japanischen Konsulat gewidmet. 70 Jahre nach dem mutigen Handeln des japanischen Konsuls besuchen die Teilnehmer der „Forschungsreise wider das Vergessen“ das Museum Sugihara. Dort ist ein Ort, an dem Gedenken auch sieben Jahrzehnte nach den schrecklichen Ereignissen noch sehr gut funktioniert. „Simon Dovidavicius und seine Kollegen arbeiten mit Schulen und verschiedenen Institutionen zusammen“, schreibt Renate Eichmeier in ihrem Reisetagebuch auf. „Sie wollen Zivilcourage vermitteln und gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen aktive Formen des Holocaust-Gedenkens entwickeln.“
Das ist längst nicht überall so: In das Gebäude, in dem Ernst Grube einst in Theresienstadt, dem heutigen Terezin, inhaftiert war, lässt der derzeitige Nutzer, eine IT-Firma, die Gruppe aus München gar nicht erst hinein.
TEK
Solly Ganor: Das andere Leben. Kindheit im Holocaust. Fischer Taschenbuch Verlag. Frankfurt am Main 1997.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Schindler“
München – Die Resonanz auf die Berichterstattung der Süddeutschen Zeitung über die „Forschungsreise wider das Vergessen“ ist im Herbst 2011 ausgesprochen erfreulich. Zu den bemerkenswertesten Reaktionen zählt ein Anruf in der Redaktion, dem Ende Oktober ein kleines Päckchen folgt. Enthalten ist Solly Ganors Buch „Das andere Leben“, das die Geschichte eines gejagten Jungen erzählt. Eines traumatisierten Jungen, der 50 Jahre schweigt und den ein Schlüsselerlebnis schließlich Jahrzehnte später dazu bringt, seine Erlebnisse aufzuschreiben.
Seine Erinnerungen an eine Kindheit im Holocaust, die zu Ende ist, als der damals Dreizehnjährige den Einmarsch deutscher Truppen in seiner Heimat Litauen miterlebt. Seine Fluchten, die Zeit im Ghetto Kaunas, in Arbeitslagern, in einem KZ-Außenlager bei Landsberg am Lech und am Ende auf einem der sogenannten Todesmärsche durch die bayerische Voralpenlandschaft. Seine Erlebnisse mit dem ehemals besten litauischen Kindheitsfreund, der sich an Judenverfolgungen beteiligt, und dem Solly dennoch sein Leben verdankt – weil er ihm einst, vor dem ersten von vielen Umzügen, das heiß geliebte Schaukelpferd geschenkt hat. Und die Bekanntschaft mit dem japanischen Konsul Chiune Sugihara, der Tausende von Juden gerettet hat, indem er ihnen – gegen die Anweisung aus der Heimat – Transitvisa ausstellte, in nächtelanger Arbeit und bis zur völligen Erschöpfung.
Dem „japanischen Schindler“, einem „Gerechten unter den Völkern“, ist heute im litauischen Kaunas ein kleines Museum im ehemaligen japanischen Konsulat gewidmet. 70 Jahre nach dem mutigen Handeln des japanischen Konsuls besuchen die Teilnehmer der „Forschungsreise wider das Vergessen“ das Museum Sugihara. Dort ist ein Ort, an dem Gedenken auch sieben Jahrzehnte nach den schrecklichen Ereignissen noch sehr gut funktioniert. „Simon Dovidavicius und seine Kollegen arbeiten mit Schulen und verschiedenen Institutionen zusammen“, schreibt Renate Eichmeier in ihrem Reisetagebuch auf. „Sie wollen Zivilcourage vermitteln und gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen aktive Formen des Holocaust-Gedenkens entwickeln.“
Das ist längst nicht überall so: In das Gebäude, in dem Ernst Grube einst in Theresienstadt, dem heutigen Terezin, inhaftiert war, lässt der derzeitige Nutzer, eine IT-Firma, die Gruppe aus München gar nicht erst hinein.
TEK
Solly Ganor: Das andere Leben. Kindheit im Holocaust. Fischer Taschenbuch Verlag. Frankfurt am Main 1997.
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