Für Bruno ist die Welt als Ganzes keine zeitlich begonnene, sondern eine urewige Schöpfung Gottes; sie ist Gott, wie er erscheint, zwar nicht als der eine, einfache, sondern als der einheitliche in seiner unendlichen Unterschiedlichkeit. »Nur im Glauben der Einsichtslosen bilden Gott und die Natur einen Gegensatz.« Wenn es nun Sache der Religion ist, den Einen, Überweltlichen, Unerkennbaren zu verehren, so ist es Sache der Philosophie, den in seiner unendlichen Erscheinungswelt Immanenten nachzuweisen, aus der »Ursache, dem Anfang und dem Einen« entweder (deduktiv) die Wirklichkeit der Daseinsunterschiede zu begreifen oder von den Unterschieden der Welt, den Einzelheiten ausgehend, (induktiv) zum Ganzen, zur »Ursache, Anfang und Einem« emporzusteigen. Beide Methoden sind philosophisch gleichermaßen berechtigt und notwendig. Die philosophische Anschauung der Welt ist dreifältig als Erkenntnis des Wahren, Schönen und Guten. ... Brunos Naturphilosophie geht aus von den Begriffen Materie und Form. Die Materie ist ihm nicht ein rein passives Etwas, sondern jeder Stoff, und sei es selbst das träge bildsame Wachs, trägt schon eine Form in sich, ist selber schon eine formende Kraft. Diese der Materie innewohnende Kraft, ihre immanente Form nennt er Seele. Die Allmaterie ist also die Weltseele selber und alles Materielle ist beseelt. ...Das Bewunderungswürdigste an Brunos Genie ist nun nicht sowohl diese von der Wissenschaft der ihm nachfolgenden Jahrhunderte nachgerade nahezu exakt erwiesene Weltauffassung im allgemeinen, als die auf Grund derselben von ihm deduktiv und intuitiv getroffene, wichtige Bestimmung zahlreicher einzelner Naturtatsachen, welche durch die Rechnung und Beobachtung der positiven Wissenschaften nunmehr (a posteriori) außer allem Zweifel gesetzt sind. [Aus der »Einführung«]
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