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Die Guillotine und die Revolution. Entstanden aus dem Geist der Aufklärung und in der Absicht, die Todesstrafe schnell und schmerzlos zu vollziehen, wird die Guillotine zum Symbol der jakobinischen Schreckensherrschaft. Erst das mechanische Fallbeil macht jene fürchterliche Verbindung von Tugendwahn und Terror möglich. Mit der Geschichte der Guillotine entfaltet sich zu-gleich das Panorama einer dramatischen Epoche, in der die -Fundamente der modernen Gesellschaft gelegt wurden.

Produktbeschreibung
Die Guillotine und die Revolution. Entstanden aus dem Geist der Aufklärung und in der Absicht, die Todesstrafe schnell und schmerzlos zu vollziehen, wird die Guillotine zum Symbol der jakobinischen Schreckensherrschaft. Erst das mechanische Fallbeil macht jene fürchterliche Verbindung von Tugendwahn und Terror möglich. Mit der Geschichte der Guillotine entfaltet sich zu-gleich das Panorama einer dramatischen Epoche, in der die -Fundamente der modernen Gesellschaft gelegt wurden.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.10.2008

Eine saubere Sache
Andreas Schlieper erzählt, warum die Guillotine ein Symbol der Aufklärung ist / Von Gesine Hindemith

Es ist nicht leicht, einen Menschen kopflos zu machen. Der Hals ist eine äußerst stabile Konstruktion aus Haut, Muskeln, Sehnen und Knochen. Der Henker muss unter Ausnutzung der Schwerkraft den idealen Schwung finden. Versteht er sein Handwerk nicht, kann es zu sehr unschönen Szenen kommen, beispielsweise die Hinrichtung von Maria Stuart, bei der der Henker mehrere Schläge benötigte, bis der Kopf endlich abgetrennt war.

Die Todesstrafe durch Enthaupten vermittels einer mechanischen Maschine als ein Königsprodukt der Aufkärung zu feiern wirkt auf den ersten Blick schon sehr makaber, hat aber durchaus seine Berechtigung. Der Psychologe Andreas Schlieper schreibt eine vor Anekdoten und Details berstende Geschichte der Guillotine, in der es ihm aber dennoch gelingt, das Paradox des "aufgeklärten Tötens" messerscharf herauszuarbeiten.

Zu verdanken hat die Welt die Guillotine dem redlichen Arzt Joseph-Ignace Guillotin, der wirklich nur das Beste im Sinn hatte. "Ich werde Ihnen den Kopf in einem einzigen Augenblick abschlagen, und Sie bemerken nichts davon", verkündete er ganz unbedarft vor dem Plenum der Nationalversammlung und erntete schallendes Gelächter. Sein Antrag wurde dann aber doch unterstützt. Guillotins Verlangen nach einem so erschreckend funktionalen Tötungssystem speist sich zu hundert Prozent aus den Idealen der Aufklärung. Bis weit ins achtzehnte Jahrhundert wurde eine Hinrichtung noch als großes Volksspektakel mit Rädern, Vierteilen und Verbrennen gefeiert. Die Todesstrafe durch Enthaupten gehörte zu den Vorrechten des Adels. Guillotins Vorschlag zum mechanischen Töten ist sein Beitrag zur "Egalité". Damit sind auch im Tod alle gleich, ganz abgesehen davon, dass im Vergleich zur Vierteilung bei lebendigem Leib das sausende Fallbeil jedem als die wesentlich humanere Variante erscheinen muss.

Aber Vorsicht, auch das ist eine aus heutiger Perspektive hineininterpretierte Sichtweise. Den Menschen qualvoll zu foltern, ihm tausend kleine Tode zuzufügen, bevor er den letzten, erlösenden finden darf, stand nicht unter den Vorzeichen brutaler Grausamkeit. Man wollte den Verurteilten die Möglichkeit geben, unter Qualen die Missetaten zu bereuen und zu büßen. Wie tief dieses Verständnis in den Köpfen verankert war, zeigt auch die Tatsache, dass direkt im Anschluss an Guillotins Rede, in der er das maschinelle Enthaupten anpries, noch diskutiert wurde, ob man nicht die Folter vor der Exekution beibehalten solle.

Es ist fast rührend, wie der Psychologe Schlieper versucht, dem Charakter des Guillotinenschöpfers auf den Grund zu gehen. Guillotin, gebürtig aus einem Provinznest namens Saintes stammend, geht durch die Schule der Jesuitenkollegs, studiert sehr erfolgreich Medizin und mischt, endlich angekommen in Paris, auch gehörig bei den Freimaurern mit. Aber irgendetwas fehlt. Will man der These Schliepers folgen, dann hat die Französische Revolution ihr fabelhaftes Hinrichtungselement allein der Midlifecrisis eines etwas betulichen, aber sehr humanitär eingestellten Arztes zu verdanken. Guillotin fing irgendwann an, sich politisch zu betätigen. Der Autor mutmaßt, die Beziehung zu seiner wohl etwas langweiligen Frau könne einer der Gründe dafür sein. Aber - nichts Genaues weiß man nicht. Amüsant sind Schliepers Anekdoten allemal. Sang- und klanglos zog sich Guillotin später dann auch wieder aus der Politik zurück. Sein engagiertes Vorhaben trieb ein anderer voran. Ein gewisser Dr. Louis wird mit der Aufgabe betraut, die technischen Details der Hinrichtungsmaschine zu klären. Warum sie heute nicht "Petite Louison" oder "Louisette" heißt? Dr. Louis wollte mit so einer "fatalen Maschine" durchaus nichts zu tun haben. Man solle sie doch einfach "Guillotine" nennen, schlug er vor und hatte sich damit geschickt aus der Affäre gezogen.

Nachdem man den Mechanismus in mühevollen Testläufen und unter einem enormen Verbrauch von Schafskadavern perfektioniert hatte, konnte es dann endlich losgehen. Gruselig rot lackiert stellte man den Prototyp der Guillotine auf der Place de Grève - dem traditionellen Ort zur Durchführung von Hinrichtungen - auf. Ganz im egalitären Sinne wurde dem einfachen Straßenräuber Nicolas-Jacques Pelletier die Ehre zuteil, als Erster mit der Wundermaschine hingerichtet zu werden. Und das Ganze ging, wie Guillotin es einst prophezeit hatte, in Sekundenschnelle: Pelletier wird auf ein Gestell gelegt, gefesselt, in die Maschine geschoben, wo man an seinen Hals die "lunette" befestigt, jenen halbmondförmigen Holzbügel, der den Hals fixiert. Der Henker betätigt den Hebel, und das Fallbeil rast in weniger als einer Sekunde herunter, der Kopf fällt in den vorsorglich befestigten Lederkorb.

Pelletier mag wenig gelitten haben, das Publikum war jedoch sichtlich enttäuscht. Man hatte nichts gesehen und zog enttäuscht von dannen. Erst bei der Hinrichtung des Königs kam es wieder auf seine Kosten.

Andreas Schlieper: "Das aufgeklärte Töten". Die Geschichte der Guillotine. Osburg Verlag, Berlin 2008. 240 S., geb., 22,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

In so großer Klarheit wie hier hat man das, staunt die Rezensentin Gesine Hindemith, auch noch nicht zu lesen bekommen: Die Guillotine war zuerst und zuletzt ein scharfes Instrument zur Durchsetzung aufklärerischen Denkens. Kein Foltern und Vierteilen mehr, kein stundenlanges Quälen vor Publikum. Stattdessen: Ein Hieb - wenn alles lief jedenfalls, wie es sollte - und durchgesetzt war das Recht. Der Psychologe Andreas Schlieper nun erzählt die Geschichte dieser Erfindung und bettet sie ein in den Kontext ihrer Entstehungszeit. Nicht durchweg überzeugend findet Hindemith die vom Autor gewählten Mittel, der nämlich allzu psychologisierend den Motiven des Mediziners Guillotin nachforscht. Gern gelesen hat die Rezensentin das Buch trotzdem. Weil nämlich die Anekdoten "allemal amüsant" sind und man einfach etwas lernt.

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