Wahnsinn und Literatur - über die Zusammenhänge zwischen künstlerischer Kreativität, gesellschaftlicher Subversion und Erkrankungen wie Schizophrenie oder Depression wurde und wird viel diskutiert. Die 1970er und 80er Jahre sind in dieser Hinsicht besonders aufschlussreich: Angeregt durch die Antipsychiatrie-Bewegung, befassen sich zahlreiche Autorinnen und Autoren mit dem Thema Wahnsinn, darunter Peter Schneider, Karin Struck, Martin Walser, Heinar Kipphardt, Maria Erlenberger, Rainald Goetz u.v.a. Die vorliegende Arbeit setzt sich kritisch mit den Mechanismen der Pathologisierung und der Idealisierung des Wahnsinns auseinander, die für diese Zeit charakteristisch sind. Unter Rückgriff auf Michel Foucaults Werk "Wahnsinn und Gesellschaft" wird eine Theorie des Bewusstseins vom Wahnsinn entwickelt, die das viel beschworene "Schweigen des Wahnsinns" als literarische Inszenierung entlarvt und die ganze Bandbreite der mit psychopathologischen Phänomenen verbundenen Vorstellungen zumGegenstand der Analyse macht. Anhand von ausgewählten deutschsprachigen Romanen und Erzählungen wird gezeigt, dass eine Geschichte des Wahnsinns, wie sie Foucault anstrebt, zwar unmöglich, eine Geschichte des Bewusstseins vom Wahnsinn, insbesondere eine Literaturgeschichte, jedoch durchaus möglich und zielführend ist.