RHEIN-MAIN Zwei Gartenbücher für Kinder sind erschienen: Ein Bilderbuch für Jüngere, ein Nachschlagewerk für Teenager - und alle mit Interesse an historischen Parks.
Von Mechthild Harting
Alle reden von der Natur: vom Erhalt der Bienen und Bäume, davon, dass die Artenvielfalt in ihren Grundfesten erschüttert ist und der Klimawandel alles verändern wird. Da legt Inken Formann von der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen zwei Bücher vor, die sich mit Gartenkunst beschäftigen. Das mag auf den ersten Blick paradox klingen, ist es aber nicht. Schließlich ist das Anlegen und Pflegen von Gärten und Parks seit jeher der Versuch des Menschen, die Natur auf wenigen Quadratmetern innerhalb eines abgeschlossenen Raums, meist hinter Zäunen und Mauern zu domestizieren und sich an ihrer Schönheit zu erfreuen.
Formann hat aber nicht allgemeine Abhandlungen zur Gartenkunst formuliert. Die promovierte Landschaftsarchitektin, die in der Staatlichen Verwaltung für die Gärten und die Gartendenkmalpflege zuständig ist, hat die Bücher für Kinder und Jugendliche verfasst. Es sind die ersten Werke dieser Art, die es auf dem deutschen Buchmarkt gibt. Bisher beherrschten Werke mit Tipps zum praktischen Gärtnern, zur Naturkunde und zur Pflanzenbestimmung den Markt, sagt Formann. Eine ansprechende, den Wandel der Zeiten wiedergebende Erläuterung der Gartenkunst habe gefehlt.
"Das Bilderbuch zur Gartenkunst" richtet sich an die Jüngsten, an Kinder vom sechsten Lebensjahr an und erläutert auf 16 Din A4 großen Seiten mit vielen Zeichnungen etwa, was ein Küchengarten ist, und versucht auf einer Seite die zentrale Frage zu beantworten, was einen Garten ausmacht. Auf dieser Seite ist auch der bemerkenswerte Hinweis zu finden: "Ein Garten braucht immer jemanden, der ihn regelmäßig und richtig pflegt, sonst übernimmt die Natur und alles verwildert." Um diesen Zustand zu illustrieren, zeigt die benachbarte Skizze zwei an Blättern knabbernde Raupen, daneben blüht ein Löwenzahn. Formann bezeichnet das Bilderbuch als "sehr niedrigschwelliges Angebot". Sie hofft, dass mancher Nachwuchs künftig statt zum Feuerwehr-Bilderbuch zu ihrem Werk mit bunten Zeichnungen von Sebastian Kempke und Katrin Felder greift. Nicht ganz uneigennützig stellt sie auf der letzten Seite den Beruf des Gärtners vor. Formann ist für Pflege und Erhalt von neun historischen Gärten in Hessen zuständig, hat fast 50 Gärtner und 16 Auszubildende unter sich. Und sucht immer Nachwuchs.
Mit 400 Seiten richtig opulent ist Formanns zweites Werk, das sie mit den selben Illustratoren produziert hat: "Gartenkunst für Kinder - Geschichte(n), Gärten, Pflanzen und Experimente". Es ist als Nachschlagewerk angelegt und beginnt damit, wann die ersten Gärten, damals noch zur Versorgung der Menschen mit Lebensmitteln, entstanden sind, und wie spätestens im Alten Ägypten der Mensch begann, die Gärten mit Wasserbecken, Zierfischen und schattenspendenden Pergolen anzulegen. Das Buch reicht bis zu den aktuellen Trends begrünter Häuser und vertikaler Gärten, erwähnt die aktuellen Pflanzkonzepte mit hitzeresistenten Stauden, wie sie viele Städte anwenden, und das "Urban Gardening". Es zeigt die Folgen des Klimawandels für Gärten auf, weist zudem darauf hin, dass viele historische Parks durch "übermäßige und falsche Nutzung" gefährdet seien, etwa durch Großveranstaltungen und zu viel Müll.
Das Handbuch, das sich an Kinder und Jugendliche von neun Jahren an richtet, führt zudem die bekanntesten und wichtigsten Gärten in der Welt auf: Das reicht vom Schloss Peterhof in Russland bis zu den Gärten in Kyoto. Insgesamt 230 Gärten in 24 Ländern sind in dem Handbuch zu finden, jeweils ein Park wird komprimiert dargestellt auf einer Seite. Bei der Auflistung und Beschreibung der bedeutendsten Gärten in Deutschland haben Formanns Kollegen in den Schlösser- und Gartenverwaltungen der anderen Bundesländer geholfen, wie etwa Michael Rohde, Gartendirektor der Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg mit Sitz in Schloss Sanssouci, der bei der Präsentation der Bücher im Staatspark Fürstenlager in Bensheim anwesend war. "Ich glaube, wir müssen künftig Seh-Hilfen und Erklärungen geben und mehr von den wunderbaren Geschichten erzählen, die zu jedem Park gehören."
Das tut Formann mit den Büchern. Da sie selbst Mutter von drei Kindern ist, hat sie das Werk um acht Erklärvideos ergänzt, die man sich auf Youtube ansehen kann. Jugendgerecht erläutert sie im Buch, dass es in den Parks auch immer um das Amüsieren ging und deshalb Spielmöglichkeiten dazu gehörten wie das 1779 erbaute Karussell im Staatspark Hanau-Wilhelmsbad. Es bleibt zu wünschen, dass das Buch viele jugendliche Leser findet. Es ist jedoch für jeden Garteninteressierten eine Bereicherung.
INKEN FORMANN: "GARTENKUNST FÜR KINDER",
28 Euro. "Das Bilderbuch zur Gartenkunst" ist vom 6. März an erhältlich, 9,80 Euro. Weimarer VDG Verlag.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main