Ein Mann schreibt einen Roman. Der Mann heißt Thomas Glavinic, der Roman heißt Die Arbeit der Nacht und der Mann will das, was alle wollen: Erfolg. Er will einen Verlag, einen Preis, Geld. Was er hat, ist ein Manuskript, eine Literaturagentin, Kopfschmerzen und leider zumeist unerträgliche Mitmenschen. Und er hat auch einen netten Freund, der selbst einen Roman geschrieben hat, dessen Verkaufszahlen die Mutter unseres Autors zu dem Aufschrei bringen:"Wann schreibst du denn mal so was?"Mit vollendetem Realismus und aberwitziger Komik spielt Thomas Glavinic ein Spiel mit der Wirklichkeit und ihrer Verdopplung - ein seltenes, ungewöhnliches Lesevergnügen.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.10.2007Den Nabel betrachten, aber den Kopf oben behalten
Wie man sich als Hypochonder behauptet, trotz Hirnschaden gute Romane schreibt und die Selbstbespiegelung als große Kunst betreibt: Thomas Glavinic und sein hinreißend komischer, aber dennoch wahrer Roman „Das bin doch ich” Von Ijoma Mangold
Es ist sehr einfach, etwas gegen das neue Buch von Thomas Glavinic vorzubringen. So einfach, dass man es dafür noch nicht einmal gelesen haben muss. Im Gegenteil, Nicht-Lektüre macht diesen Einwand erst recht plausibel. Er lautet: Dieses Buch ist nichts als eine Nabelschau, in der der Literaturbetrieb sich mit sich selbst beschäftigt. Das klingt immer pfui, Selbstbeschäftigung ist schließlich das mentale Pendant zur Onanie, und der gebricht es an vitaler Männlichkeit. Sie ist in jeder Hinsicht eine klägliche Angelegenheit – aber ihre Kläglichkeit nimmt noch einmal niederschmetterndere Züge an, wenn es sich dabei auch noch um den Literaturbetrieb handelt, von dem unterstellt wird, dass es kaum etwas menschlich Ärmeres, Öderes und Leereres gebe. Das wahre Leben, so erklären Vertreter des Literaturbetriebs gerne, fange immer erst irgendwo „draußen” an.
Dieses Drinnen/Draußen ist eine sehr schlichte Unterscheidung. Richtig ist: Thomas Glavinic hat ein Buch geschrieben, dass sich auf obsessive Weise mit dem eigenen Ich beschäftigt. Das hat, um nur ein willkürliches Beispiel zu nehmen, Rousseau auch schon gemacht – und mit keinem geringen Erfolg. Da es bei Glavinic das Ich eines Schriftstellers ist, spielen naturgemäß berufstypische Eigentümlichkeiten eine nicht unwesentliche Rolle. Aber das ist eine reine Stofffrage, und als solche schon fast wieder äußerlich. Es mögen also noch so viele Figuren des Literaturbetriebs mit Klarnamen auftreten, Thomas Glavinic gelingt es von der ersten Seite an, am Beispiel der eigenen Person das allgemein menschliche Drama, auf Gedeih und Verderb mit dem eigenen Ich leben zu müssen, darzustellen. „Thomas Glavinic”, heißt es einmal mit Blick auf seine kindischen Verhaltensmuster, „ist ein Achtjähriger, und ich muss mit ihm leben”.
Zugegeben, das Neurotische dieser Zwangsgemeinschaft mit dem eigenen Selbst ist in Künstlerkreisen überdurchschnittlich akut – aber das war seit je die Chance des Künstlerromans: nämlich am Beispiel von des Künstlers übersteigerter Empfindsamkeit, Melancholie, Larmoyanz und insgesamt kompliziert-nervendem Charakter das Labile der condition humaine überhaupt zur Anschauung zu bringen.
Nun hat aber Thomas Glavinic’ Beschäftigung mit sich selbst so viele flackernde Effekte, dass sowieso alle Kategorien durcheinanderwirbeln. Interessant ist zum Beispiel dieses: Obwohl in diesem Buch mit dem triftigen Titel „Das bin doch ich” ein Schriftsteller namens Thomas Glavinic auftritt, der eine Frau hat, die Else heißt, und einen kleinen Sohn, der Stanislaus heißt, und einen Schriftstellerfreund, der Daniel heißt und mit seiner „Vermessung der Welt” gerade alle Preise abräumt und die Bestsellerlisten stürmt, obwohl es also alle diese Figuren auch in Wirklichkeit gibt, käme man sich völlig läppisch vor, dieses Buch autobiographisch zu nennen. Und das nicht nur, weil Autobiographie so ernst und soigniert klingt, und Glavinic’ Buch dafür einfach zu komisch und abgedreht ist. Sondern weil es offenbar eine Form so gesteigerter Wirklichkeitsbefassung gibt, dass deren Resultat schon wieder Fiktionsstatus annimmt: Verfremdung durch Authentizität, Manierismus durch Naturalismus, könnte man sagen. Vielleicht hängt das mit einem Moment der Verdichtung, Überzeichnung und Stilisierung zusammen, die dem Fiktionalen eignet, die aber auch die Gestaltung jedes Real-Lebens betrifft, gewissermaßen ein poeto-biographisches Organisationsprinzip – und dies besonders stark dort, wo das Leben in physiognomisch prägnanter Form gelebt wird.
Es wäre nun allerdings auch tantenhaft, das voyeuristische Vergnügen, das der Text bietet, gänzlich in literaturtheoretischer Meta-Reflexion aufzulösen: Natürlich macht die Lektüre auch deshalb so großen Spaß, weil man sich an den Neurosen, Überspanntheiten, Lächerlichkeiten und Liebenswürdigkeiten des Helden so ungefiltert erfreut und sich zum Beispiel immerzu fragt, wie die sympathische Ehefrau das nur mit dem aushält und woher sie die Geduld nimmt. . .
Vielleicht ist das Erfolgsgeheimnis von Glavinic’ Buch vor allem eine Frage des Taktes: Denn obwohl sein Material authentisch ist, geht er damit bei aller narzisstischen Extremität so delikat um, dass sich der Leser nie wie im Reality-TV fühlt. Und deshalb ist natürlich auch Rousseau der völlig falsche Kronzeuge, weil Glavinic’ Buch überhaupt nichts Bekenntnishaftes eignet.
Ja, dieser Hypochonder von Graden hat ungemein viel Delikatesse!
Und Humor.
„Das bin doch Ich” erzählt davon, wie der Schriftsteller Thomas Glavinic, geboren 1972, das Manuskript seines Romans „Die Arbeit der Nacht” abgeschlossen hat, über seine Agentin Karin Graf einen Verlag sucht, schließlich mit Hanser einen findet; wie er nun dem Veröffentlichungstermin entgegenfiebert, sich dabei den schönsten Hoffnungen hingibt, während er gleichzeitig SMSe seines Freundes Daniel Kehlmann erhält, die ihn über den kein Maß wahrenden Erfolg von dessen „Vermessung der Welt” unterrichten. Glavinic setzt sehr darauf, dass er es mit „Die Arbeit der Nacht”mindestens auf die Short List des Deutschen Buchpreises bringen wird. Das Buch endet damit, dass er es nicht einmal auf die Long List bringt. (Dafür hat es „Das bin doch ich” in diesem Jahr auf die Short List geschafft . . .)
Das Jahr, das bis zum Erscheinungstermin vergeht, ist mit Alltag angefüllt, der vor allem aus drei Lebensinhalten besteht: Aus ungesund heftigem Alkoholgenuss in der literarischen Szene von Wien und Graz. Aus den Größenphantasien eines narzisstischen Autor-Ichs. Und aus Thomas Glavinic’ grotesker Hypochondrie. Wer sich je für einen Hypochonder gehalten hat, dürfte nach Lektüre dieses Buches abwinkend aufatmen. . . Einmal erwischt ihn die Vogelscheiße einer Taube. Sein erster Gedanke: Vogelgrippe! Ein andermal stürzt Glavinic beim Skifahren. Er blutet nicht und kommt auch den Berg runter. Aber die Sorge nagt an ihm. Er fragt seine Frau: „Glaubst du, ich habe innere Verletzungen und bemerke sie nicht?” Diese antwortet: „Ja, einen Hirnschaden.” Dieses Buch zeigt auch, dass ein Hirnschaden etwas ausgesprochen Liebenswertes sein kann.
„Bei Perlentaucher lese ich, jemand schreibt in der Süddeutschen, Daniel sei der beste Autor seiner Generation. Ich zucke zusammen. Das bin doch ich! mein erster Gedanke. Halt! Ich zwinge mich zu denken. Daniel hat ein wunderbares Buch geschrieben. Er verdient sich alles Lob, das er bekommt. Ich kann ihm diesen Zeitungsartikel schon mal verzeihen. (So wie die Titanic mal eine Umfrage in der Fußgängerzone machte: Sollen wir den Juden endlich verzeihen? Und 80 Prozent kreuzten Ja an.)”
Das Delikate, um dieses Wort noch einmal aufzugreifen, an Glavinic’ Stil ist dies: Er kokettiert nicht mit seinem Narzissmus. Er benennt ihn als ein reale und im übrigen auch gar nicht so abwegige Größe, um ihr zugleich eine Vielzahl an psychologisch raffinierten Beobachtungen zu entlocken. „Das bin doch ich” ist ein psychologisch enorm gescheites Buch, das den eigenen Nabel beschaut, ohne darüber den Kopf zu verlieren.
Thomas Glavinic
Das bin doch ich
Roman. Hanser Verlag, München 2007. 238 Seiten, 19,90 Euro.
Glavinic’Buch befasst sich auf obsessive Weise mit nichts anderem als dem eigenen Ich
Hypochondrie ist ja eine Eigenschaft, die ein Leben ganz und gar auszufüllen vermag
Thomas Glavinic Foto: Peter Peitsch/peitschphoto.com
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
Wie man sich als Hypochonder behauptet, trotz Hirnschaden gute Romane schreibt und die Selbstbespiegelung als große Kunst betreibt: Thomas Glavinic und sein hinreißend komischer, aber dennoch wahrer Roman „Das bin doch ich” Von Ijoma Mangold
Es ist sehr einfach, etwas gegen das neue Buch von Thomas Glavinic vorzubringen. So einfach, dass man es dafür noch nicht einmal gelesen haben muss. Im Gegenteil, Nicht-Lektüre macht diesen Einwand erst recht plausibel. Er lautet: Dieses Buch ist nichts als eine Nabelschau, in der der Literaturbetrieb sich mit sich selbst beschäftigt. Das klingt immer pfui, Selbstbeschäftigung ist schließlich das mentale Pendant zur Onanie, und der gebricht es an vitaler Männlichkeit. Sie ist in jeder Hinsicht eine klägliche Angelegenheit – aber ihre Kläglichkeit nimmt noch einmal niederschmetterndere Züge an, wenn es sich dabei auch noch um den Literaturbetrieb handelt, von dem unterstellt wird, dass es kaum etwas menschlich Ärmeres, Öderes und Leereres gebe. Das wahre Leben, so erklären Vertreter des Literaturbetriebs gerne, fange immer erst irgendwo „draußen” an.
Dieses Drinnen/Draußen ist eine sehr schlichte Unterscheidung. Richtig ist: Thomas Glavinic hat ein Buch geschrieben, dass sich auf obsessive Weise mit dem eigenen Ich beschäftigt. Das hat, um nur ein willkürliches Beispiel zu nehmen, Rousseau auch schon gemacht – und mit keinem geringen Erfolg. Da es bei Glavinic das Ich eines Schriftstellers ist, spielen naturgemäß berufstypische Eigentümlichkeiten eine nicht unwesentliche Rolle. Aber das ist eine reine Stofffrage, und als solche schon fast wieder äußerlich. Es mögen also noch so viele Figuren des Literaturbetriebs mit Klarnamen auftreten, Thomas Glavinic gelingt es von der ersten Seite an, am Beispiel der eigenen Person das allgemein menschliche Drama, auf Gedeih und Verderb mit dem eigenen Ich leben zu müssen, darzustellen. „Thomas Glavinic”, heißt es einmal mit Blick auf seine kindischen Verhaltensmuster, „ist ein Achtjähriger, und ich muss mit ihm leben”.
Zugegeben, das Neurotische dieser Zwangsgemeinschaft mit dem eigenen Selbst ist in Künstlerkreisen überdurchschnittlich akut – aber das war seit je die Chance des Künstlerromans: nämlich am Beispiel von des Künstlers übersteigerter Empfindsamkeit, Melancholie, Larmoyanz und insgesamt kompliziert-nervendem Charakter das Labile der condition humaine überhaupt zur Anschauung zu bringen.
Nun hat aber Thomas Glavinic’ Beschäftigung mit sich selbst so viele flackernde Effekte, dass sowieso alle Kategorien durcheinanderwirbeln. Interessant ist zum Beispiel dieses: Obwohl in diesem Buch mit dem triftigen Titel „Das bin doch ich” ein Schriftsteller namens Thomas Glavinic auftritt, der eine Frau hat, die Else heißt, und einen kleinen Sohn, der Stanislaus heißt, und einen Schriftstellerfreund, der Daniel heißt und mit seiner „Vermessung der Welt” gerade alle Preise abräumt und die Bestsellerlisten stürmt, obwohl es also alle diese Figuren auch in Wirklichkeit gibt, käme man sich völlig läppisch vor, dieses Buch autobiographisch zu nennen. Und das nicht nur, weil Autobiographie so ernst und soigniert klingt, und Glavinic’ Buch dafür einfach zu komisch und abgedreht ist. Sondern weil es offenbar eine Form so gesteigerter Wirklichkeitsbefassung gibt, dass deren Resultat schon wieder Fiktionsstatus annimmt: Verfremdung durch Authentizität, Manierismus durch Naturalismus, könnte man sagen. Vielleicht hängt das mit einem Moment der Verdichtung, Überzeichnung und Stilisierung zusammen, die dem Fiktionalen eignet, die aber auch die Gestaltung jedes Real-Lebens betrifft, gewissermaßen ein poeto-biographisches Organisationsprinzip – und dies besonders stark dort, wo das Leben in physiognomisch prägnanter Form gelebt wird.
Es wäre nun allerdings auch tantenhaft, das voyeuristische Vergnügen, das der Text bietet, gänzlich in literaturtheoretischer Meta-Reflexion aufzulösen: Natürlich macht die Lektüre auch deshalb so großen Spaß, weil man sich an den Neurosen, Überspanntheiten, Lächerlichkeiten und Liebenswürdigkeiten des Helden so ungefiltert erfreut und sich zum Beispiel immerzu fragt, wie die sympathische Ehefrau das nur mit dem aushält und woher sie die Geduld nimmt. . .
Vielleicht ist das Erfolgsgeheimnis von Glavinic’ Buch vor allem eine Frage des Taktes: Denn obwohl sein Material authentisch ist, geht er damit bei aller narzisstischen Extremität so delikat um, dass sich der Leser nie wie im Reality-TV fühlt. Und deshalb ist natürlich auch Rousseau der völlig falsche Kronzeuge, weil Glavinic’ Buch überhaupt nichts Bekenntnishaftes eignet.
Ja, dieser Hypochonder von Graden hat ungemein viel Delikatesse!
Und Humor.
„Das bin doch Ich” erzählt davon, wie der Schriftsteller Thomas Glavinic, geboren 1972, das Manuskript seines Romans „Die Arbeit der Nacht” abgeschlossen hat, über seine Agentin Karin Graf einen Verlag sucht, schließlich mit Hanser einen findet; wie er nun dem Veröffentlichungstermin entgegenfiebert, sich dabei den schönsten Hoffnungen hingibt, während er gleichzeitig SMSe seines Freundes Daniel Kehlmann erhält, die ihn über den kein Maß wahrenden Erfolg von dessen „Vermessung der Welt” unterrichten. Glavinic setzt sehr darauf, dass er es mit „Die Arbeit der Nacht”mindestens auf die Short List des Deutschen Buchpreises bringen wird. Das Buch endet damit, dass er es nicht einmal auf die Long List bringt. (Dafür hat es „Das bin doch ich” in diesem Jahr auf die Short List geschafft . . .)
Das Jahr, das bis zum Erscheinungstermin vergeht, ist mit Alltag angefüllt, der vor allem aus drei Lebensinhalten besteht: Aus ungesund heftigem Alkoholgenuss in der literarischen Szene von Wien und Graz. Aus den Größenphantasien eines narzisstischen Autor-Ichs. Und aus Thomas Glavinic’ grotesker Hypochondrie. Wer sich je für einen Hypochonder gehalten hat, dürfte nach Lektüre dieses Buches abwinkend aufatmen. . . Einmal erwischt ihn die Vogelscheiße einer Taube. Sein erster Gedanke: Vogelgrippe! Ein andermal stürzt Glavinic beim Skifahren. Er blutet nicht und kommt auch den Berg runter. Aber die Sorge nagt an ihm. Er fragt seine Frau: „Glaubst du, ich habe innere Verletzungen und bemerke sie nicht?” Diese antwortet: „Ja, einen Hirnschaden.” Dieses Buch zeigt auch, dass ein Hirnschaden etwas ausgesprochen Liebenswertes sein kann.
„Bei Perlentaucher lese ich, jemand schreibt in der Süddeutschen, Daniel sei der beste Autor seiner Generation. Ich zucke zusammen. Das bin doch ich! mein erster Gedanke. Halt! Ich zwinge mich zu denken. Daniel hat ein wunderbares Buch geschrieben. Er verdient sich alles Lob, das er bekommt. Ich kann ihm diesen Zeitungsartikel schon mal verzeihen. (So wie die Titanic mal eine Umfrage in der Fußgängerzone machte: Sollen wir den Juden endlich verzeihen? Und 80 Prozent kreuzten Ja an.)”
Das Delikate, um dieses Wort noch einmal aufzugreifen, an Glavinic’ Stil ist dies: Er kokettiert nicht mit seinem Narzissmus. Er benennt ihn als ein reale und im übrigen auch gar nicht so abwegige Größe, um ihr zugleich eine Vielzahl an psychologisch raffinierten Beobachtungen zu entlocken. „Das bin doch ich” ist ein psychologisch enorm gescheites Buch, das den eigenen Nabel beschaut, ohne darüber den Kopf zu verlieren.
Thomas Glavinic
Das bin doch ich
Roman. Hanser Verlag, München 2007. 238 Seiten, 19,90 Euro.
Glavinic’Buch befasst sich auf obsessive Weise mit nichts anderem als dem eigenen Ich
Hypochondrie ist ja eine Eigenschaft, die ein Leben ganz und gar auszufüllen vermag
Thomas Glavinic Foto: Peter Peitsch/peitschphoto.com
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.09.2007Das Ich im Kreise seiner Teufel
Verschickt Daniel Kehlmann wirklich seine neuesten Verkaufszahlen per SMS? Der Roman seines Wiener Kollegen Thomas Glavinic scheint nur auf den ersten Blick nicht mehr als eine Satire auf den Literaturbetrieb zu sein.
Von Richard Kämmerlings
Was wäre noch langweiliger als ein Betriebsroman? Vielleicht eine Betriebsanleitung. Eine Satire über den Literaturbetrieb ist so ziemlich das uninteressanteste Vorhaben, das sich ein Autor vornehmen kann. Die Frage, wer mit wem wo und wie lange versackt ist, welcher weltbekannte Autor oder welcher immerhin stadtbekannte Kritiker sich nach der Lesung und dem zehnten Gläschen Wein danebenbenommen hat oder mit der Pressedame ins Hotel verschwunden ist - die dürfte in diesem Land bestenfalls einige hundert Seelen beschäftigen: nämlich genau jene Handvoll Journalisten, Verlagsangestellte, Agenten, Literaturhausprogrammleiter und Dichter, die hoffen könnten, zumindest als Randfigur selbst in einem solchen Buch aufzutreten.
Thomas Glavinic hat einen Roman über den Literaturbetrieb geschrieben. Es ist ein überaus kluges, komisches, interessantes, kurz: lesenswertes Buch. Wie kann das sein? Entweder ist der Leser selbst Teil des Betriebs und damit gespannt, ob er vielleicht selbst verkommt oder wenigstens eine ihm persönlich bekannte Person. Oder es geht in Wahrheit gar nicht in erster Linie um Literatur. Beziehungsweise: Es geht nur um Literatur - und nicht etwa um die Wirklichkeit.
Der Ich-Erzähler des Romans "Das bin doch ich" ist ein Schriftsteller namens Thomas Glavinic, der gerade das Manuskript seines neuen Romans "Die Arbeit der Nacht" vollendet hat (wie die meisten biographischen Details entspricht das den Fakten, F.A.Z. vom 4. Oktober 2006). Er steckt mitten in jener postnatalen Depression, die Autoren häufig befällt, wenn das Werk vollbracht, aber noch nicht auf der Welt ist, ja, noch nicht einmal ein Verlag gefunden ist. Seine Familie - er hat mit seiner geduldigen Partnerin Else einen zwanzig Monate alten Sohn - ist das erste, aber nicht das einzige Opfer seiner Launen. Dieser Glavinic ist hypochondrisch und neurotisch, misanthrop und larmoyant und checkt fünfmal in der Stunde seine Mails in der Hoffnung auf eine erlösende Nachricht seiner Agentin. Seinen Tag (und oft auch die Nacht) verbringt er mit ungesundem Essen, noch ungesünderem Trinken, stundenlangem Computerspielen und dem Besuch von Literaturveranstaltungen erfolgreicher internationaler Kollegen, bei denen er sich dann hemmungslos volllaufen lässt und danebenbenimmt: ein Porträt des Künstlers als junges Wrack.
Vor allem aber ist Glavinic neidisch. Er ist befreundet mit Daniel Kehlmann, dessen Roman "Die Vermessung der Welt" just zu dieser Zeit die Bestsellerlisten erobert: Per SMS gibt der Kollege die immer phantastischer werdenden Verkaufszahlen seines Romans und weitere Beweise stetig wachsender Berühmtheit durch. Als ein Kritiker schreibt, Kehlmann sei "der beste Autor seiner Generation", durchzuckt Glavinic der Gedanke: "Das bin doch ich", nicht ohne sich gleich über seine Missgunst zu grämen. Es gibt eine Menge solcher Motive, die zu selbstironischen running gags werden, was das Buch mit fortschreitender Lektüre immer vergnüglicher macht. Dem aus dem Ruder laufenden Schriftstelleralltag gewinnt Glavinic eine Nummernrevue von satirischen Szenen ab, sei es eine Lesung des "größten Starautors der westlichen Welt" (gemeint ist wohl Jonathan Franzen), ein Mittagessen mit dem bodenständigen österreichischen Fußballidol Herbert Prohaska oder eine quälende Familienfeier im Dorfgasthof in der Steiermark.
Das Verfahren, das dem Autor zum Verwechseln ähnliche Ich mit der Fiktion so zu verklappen, dass nicht nur die Erzählung wie ein Bericht aus dem Leben wirkt, sondern auch der reale Autor umgekehrt wie eine Kunstfigur, hat Glavinic natürlich nicht erfunden, sondern Pop-Autoren wie Lottmann, Goetz oder Stuckrad-Barre abgelesen. Auch Lottmanns stil- und genrebildendes Buch "Mai, Juni, Juli" erzählt ja von den Nöten eines Autors (allerdings während und nicht nach der literarischen Arbeit). Ego-Morphing, so könnte man diese Verzerrungsstrategien auch nennen, in der der Schriftsteller sich selbst als Stadtneurotiker und lächerliche, infantile Figur präsentiert, die schon am Reifenwechsel scheitert. Doch verbergen sich unter dieser pseudodokumentarischen Oberfläche gehaltvollere Erzählschichten.
Die neue Arbeit der Nacht.
Denn das Buch im Buch, um das es hier geht und dessen Inhalt nur ganz dürftig und wie nebenbei referiert wird, Glavinics unheimlicher und spannender realer Vorgängerroman "Die Arbeit der Nacht" nämlich, erzählt von einem Mann namens Jonas, der eines Morgens in seiner Wiener Wohnung aufwacht und sich allein auf der Welt wiederfindet. Alle anderen Menschen sind verschwunden; er versucht, sich Klarheit über seine Lage zu verschaffen, durchrast erst die Stadt, dann das Land und schließlich den Kontinent auf der Suche nach Hinweisen und Lebenszeichen. Dann aber geschehen Dinge, die er sich nur durch die Anwesenheit anderer Menschen erklären kann. Doch nach und nach stellt sich heraus, dass er selbst, im Schlaf, verrückte, sogar selbstzerstörerische Dinge tut, von denen er später nichts mehr weiß - die "Arbeit der Nacht" eben.
Auch "Das bin doch ich" stellt die Frage nach der Identität, und zwar doppelt - auf der poetologischen Ebene als Verrätselung des Autorsubjekts, aber auch in der Persönlichkeitspaltung der Figur: Ganz wie Jonas arbeitet sein Autor Glavinic gegen sich selbst. Wie der mysteriöse "Schläfer" hinter dem Rücken des wachen, rationalen Bewusstseins die leere Autobahn wieder in die Gegenrichtung zurückfährt, so hat der ehrgeizige Schriftsteller Angst, er könnte nachts im Suff irgendwelchen Kritikern Hassmails schreiben und damit seine Chance auf den Bucherfolg selbst torpedieren. Die "Arbeit der Nacht" ist hier zur zeitvernichtenden Session mit dem Strategiespiel "Civilisation" geworden: Ich ist ein Anderer.
So hat "Das bin doch ich" hinter seiner komischen Fassade eine ernste, existentielle Substanz. Der Roman lässt sich auch lesen als kleines, durchaus boshaftes Satyrspiel zum Einsamkeitsdrama des Vorgängers; zahlreiche Parallelen oder auch Kontraste im Detail - der Alkoholmissbrauch, die Ernährungsgewohnheiten, die fast obszön-machohafte Technikfaszination von Jonas und die entsprechende Unbeholfenheit Glavinics in allen praktischen Dingen - verknüpfen die beiden Bücher. Am Ende ist "Das bin doch ich" sogar ebenfalls eine, wenn auch gut versteckte Liebeserklärung - an die Frau, die diesen Albtraum teilen muss. Wenn der Mensch mit seinen Dämonen allein wäre, wäre das Leben eine Hölle.
- Thomas Glavinic: "Das bin doch ich". Roman. Hanser Verlag, München 2007. 240 S., geb., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Verschickt Daniel Kehlmann wirklich seine neuesten Verkaufszahlen per SMS? Der Roman seines Wiener Kollegen Thomas Glavinic scheint nur auf den ersten Blick nicht mehr als eine Satire auf den Literaturbetrieb zu sein.
Von Richard Kämmerlings
Was wäre noch langweiliger als ein Betriebsroman? Vielleicht eine Betriebsanleitung. Eine Satire über den Literaturbetrieb ist so ziemlich das uninteressanteste Vorhaben, das sich ein Autor vornehmen kann. Die Frage, wer mit wem wo und wie lange versackt ist, welcher weltbekannte Autor oder welcher immerhin stadtbekannte Kritiker sich nach der Lesung und dem zehnten Gläschen Wein danebenbenommen hat oder mit der Pressedame ins Hotel verschwunden ist - die dürfte in diesem Land bestenfalls einige hundert Seelen beschäftigen: nämlich genau jene Handvoll Journalisten, Verlagsangestellte, Agenten, Literaturhausprogrammleiter und Dichter, die hoffen könnten, zumindest als Randfigur selbst in einem solchen Buch aufzutreten.
Thomas Glavinic hat einen Roman über den Literaturbetrieb geschrieben. Es ist ein überaus kluges, komisches, interessantes, kurz: lesenswertes Buch. Wie kann das sein? Entweder ist der Leser selbst Teil des Betriebs und damit gespannt, ob er vielleicht selbst verkommt oder wenigstens eine ihm persönlich bekannte Person. Oder es geht in Wahrheit gar nicht in erster Linie um Literatur. Beziehungsweise: Es geht nur um Literatur - und nicht etwa um die Wirklichkeit.
Der Ich-Erzähler des Romans "Das bin doch ich" ist ein Schriftsteller namens Thomas Glavinic, der gerade das Manuskript seines neuen Romans "Die Arbeit der Nacht" vollendet hat (wie die meisten biographischen Details entspricht das den Fakten, F.A.Z. vom 4. Oktober 2006). Er steckt mitten in jener postnatalen Depression, die Autoren häufig befällt, wenn das Werk vollbracht, aber noch nicht auf der Welt ist, ja, noch nicht einmal ein Verlag gefunden ist. Seine Familie - er hat mit seiner geduldigen Partnerin Else einen zwanzig Monate alten Sohn - ist das erste, aber nicht das einzige Opfer seiner Launen. Dieser Glavinic ist hypochondrisch und neurotisch, misanthrop und larmoyant und checkt fünfmal in der Stunde seine Mails in der Hoffnung auf eine erlösende Nachricht seiner Agentin. Seinen Tag (und oft auch die Nacht) verbringt er mit ungesundem Essen, noch ungesünderem Trinken, stundenlangem Computerspielen und dem Besuch von Literaturveranstaltungen erfolgreicher internationaler Kollegen, bei denen er sich dann hemmungslos volllaufen lässt und danebenbenimmt: ein Porträt des Künstlers als junges Wrack.
Vor allem aber ist Glavinic neidisch. Er ist befreundet mit Daniel Kehlmann, dessen Roman "Die Vermessung der Welt" just zu dieser Zeit die Bestsellerlisten erobert: Per SMS gibt der Kollege die immer phantastischer werdenden Verkaufszahlen seines Romans und weitere Beweise stetig wachsender Berühmtheit durch. Als ein Kritiker schreibt, Kehlmann sei "der beste Autor seiner Generation", durchzuckt Glavinic der Gedanke: "Das bin doch ich", nicht ohne sich gleich über seine Missgunst zu grämen. Es gibt eine Menge solcher Motive, die zu selbstironischen running gags werden, was das Buch mit fortschreitender Lektüre immer vergnüglicher macht. Dem aus dem Ruder laufenden Schriftstelleralltag gewinnt Glavinic eine Nummernrevue von satirischen Szenen ab, sei es eine Lesung des "größten Starautors der westlichen Welt" (gemeint ist wohl Jonathan Franzen), ein Mittagessen mit dem bodenständigen österreichischen Fußballidol Herbert Prohaska oder eine quälende Familienfeier im Dorfgasthof in der Steiermark.
Das Verfahren, das dem Autor zum Verwechseln ähnliche Ich mit der Fiktion so zu verklappen, dass nicht nur die Erzählung wie ein Bericht aus dem Leben wirkt, sondern auch der reale Autor umgekehrt wie eine Kunstfigur, hat Glavinic natürlich nicht erfunden, sondern Pop-Autoren wie Lottmann, Goetz oder Stuckrad-Barre abgelesen. Auch Lottmanns stil- und genrebildendes Buch "Mai, Juni, Juli" erzählt ja von den Nöten eines Autors (allerdings während und nicht nach der literarischen Arbeit). Ego-Morphing, so könnte man diese Verzerrungsstrategien auch nennen, in der der Schriftsteller sich selbst als Stadtneurotiker und lächerliche, infantile Figur präsentiert, die schon am Reifenwechsel scheitert. Doch verbergen sich unter dieser pseudodokumentarischen Oberfläche gehaltvollere Erzählschichten.
Die neue Arbeit der Nacht.
Denn das Buch im Buch, um das es hier geht und dessen Inhalt nur ganz dürftig und wie nebenbei referiert wird, Glavinics unheimlicher und spannender realer Vorgängerroman "Die Arbeit der Nacht" nämlich, erzählt von einem Mann namens Jonas, der eines Morgens in seiner Wiener Wohnung aufwacht und sich allein auf der Welt wiederfindet. Alle anderen Menschen sind verschwunden; er versucht, sich Klarheit über seine Lage zu verschaffen, durchrast erst die Stadt, dann das Land und schließlich den Kontinent auf der Suche nach Hinweisen und Lebenszeichen. Dann aber geschehen Dinge, die er sich nur durch die Anwesenheit anderer Menschen erklären kann. Doch nach und nach stellt sich heraus, dass er selbst, im Schlaf, verrückte, sogar selbstzerstörerische Dinge tut, von denen er später nichts mehr weiß - die "Arbeit der Nacht" eben.
Auch "Das bin doch ich" stellt die Frage nach der Identität, und zwar doppelt - auf der poetologischen Ebene als Verrätselung des Autorsubjekts, aber auch in der Persönlichkeitspaltung der Figur: Ganz wie Jonas arbeitet sein Autor Glavinic gegen sich selbst. Wie der mysteriöse "Schläfer" hinter dem Rücken des wachen, rationalen Bewusstseins die leere Autobahn wieder in die Gegenrichtung zurückfährt, so hat der ehrgeizige Schriftsteller Angst, er könnte nachts im Suff irgendwelchen Kritikern Hassmails schreiben und damit seine Chance auf den Bucherfolg selbst torpedieren. Die "Arbeit der Nacht" ist hier zur zeitvernichtenden Session mit dem Strategiespiel "Civilisation" geworden: Ich ist ein Anderer.
So hat "Das bin doch ich" hinter seiner komischen Fassade eine ernste, existentielle Substanz. Der Roman lässt sich auch lesen als kleines, durchaus boshaftes Satyrspiel zum Einsamkeitsdrama des Vorgängers; zahlreiche Parallelen oder auch Kontraste im Detail - der Alkoholmissbrauch, die Ernährungsgewohnheiten, die fast obszön-machohafte Technikfaszination von Jonas und die entsprechende Unbeholfenheit Glavinics in allen praktischen Dingen - verknüpfen die beiden Bücher. Am Ende ist "Das bin doch ich" sogar ebenfalls eine, wenn auch gut versteckte Liebeserklärung - an die Frau, die diesen Albtraum teilen muss. Wenn der Mensch mit seinen Dämonen allein wäre, wäre das Leben eine Hölle.
- Thomas Glavinic: "Das bin doch ich". Roman. Hanser Verlag, München 2007. 240 S., geb., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Literaturbetriebsromane interessieren niemanden, meint der Rezensent Richard Kämmerlings, jedenfalls keinen außerhalb des Literaturbetriebs. Und auf den ersten Blick sieht Glavinics neuestes Werk ganz und gar nach einem Literaturbetriebsroman aus, steht im Zentrum doch ein Autor und Ich-Erzähler namens Glavinic, der auch noch mit einem anderen, neidvoll beäugten Autor namens Daniel Kehlmann befreundet ist. Der Roman-Glavinic kommt eher nicht so gut weg, narzisstisch und infantil wie er ist. Durch diese Oberfläche freilich dürfe man sich, warnt Kämmerlings, nicht täuschen lassen, denn es geht darunter um ernstere Dinge als bloß den Literaturbetrieb. Um Fragen der Identität nämlich und die Angst vor der Persönlichkeitsspaltung. Das ist dann die unheimliche Unterseite eines komischen Romans, den der Rezensent offenkundig sehr gerne gelesen hat.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Eine lesenswerte Höllenfahrt durch die Abgründe der Alltagswelt." Alexander Cammann, Die taz, 22.09.07 "So ein Buch gehört sich eigentlich nicht. Ein Roman über den Literaturbetrieb, der sich und seine Leser in den lakonischen Irrwitz treibt. Wer es liest, hat über Stunden hin zu lachen." Ursula März, Die Zeit, 20.09.07 "Eine furiose Egomanie. Auf komischste Art doppelt gemoppelt ist das Buch des jungen österreichischen Schriftstellers. Es handelt von den Leiden eines Schreibenden, von der Sehnsucht nach öffentlicher Wahrnehmung und den Zumutzungen durch ihre Protagonisten, ohne deshalb eine Literaturbetriebssatire zu sein. Das könnte banal sein, wäre da nicht Glavinics virtuoser Umgang mit dem Komischen." Paul Jandl, Neue Zürcher Zeitung, 12.09.07 "Ein überaus kluges, komisches, interessantes, kurz: lesenswertes Buch." Richard Kämmerlings, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 01.09.07 "Ein kurzweiliger, komischer und durchgeknallter Roman, der tiefe Einblicke in die komplexe Psyche eines jungen, aber nicht unerfahrenen Schriftstellers verschafft." Gerrit Bartels, Der Tagesspiegel, 23.08.07 "Humor ist schwer. Selbstironie vielleicht noch schwerer. Glavinic beherrscht dieses Metier." Daniela Strigl, Der Standard, 18.08.07 "Thomas Glavinic gelingt das seltene Kunststück, eine halbfiktive Figur auf der Grundlage seines eigenen, eher durchschnittlichen Lebens zum Hanswurst zu machen und dabei stilistisch auf hohem Niveau zu operieren." Kolja Mensing, Deutschlandradio, 21.08.07 "Die Kunst dieses Romans besteht darin, dass all das so flüssig, leicht und komisch bis zum bitteren Ende heruntererzählt ist. Und dazu komplett selbstironisch. Denn der Teufel steckt vor allem in Glavinic selbst." Gerrit Bartels, Der Tagesspiegel, 23.08.07 "Natürlich macht die Lektüre auch deshalb so großen Spaß, weil man sich an den Neurosen, Überspanntheiten, Lächerlichkeiten und Liebeswürdigkeiten des Helden so ungefiltert erfreut"'Das bin doch ich' - das soll das lustigste deutschsprachige Buch dieses Herbstes sein, wie es nun werbemäßig von vielen Dächern pfeift? Stimmt genau. Der in Wien lebende Schriftsteller Thomas Glavinic, 35, hat ein gerissenes, wüstes und nicht die Bohne banales Buch geschrieben über das Saufen, das Fressen, das Reden - und die Sehnsucht nach dem Deutschen Buchpreis." Wolfgang Höbel, Der Spiegel, 41/2007 "Vielleicht ist das Erfolgsgeheimnis von Glavinic' Buch vor allem eine Frage des Taktes: Denn obwohl sein Material authentisch ist, geht er damit bei aller narzisstischen Extremität so delikat um, dass sich der Leser nie wie im Reality-TV fühlt. ... 'Das bin doch ich' ist ein psychologisch enorm gescheites Buch, das den eigenen Nabel beschaut, ohne darüber den Kopf zu verlieren." Ijoma Mangold, Süddeutsche Zeitung, 09.10.07 "Es ist große komische Kunst, wie der Autor Glavinic die Ängste, Wünsche und Neurosen seines Roman-Doppelgängers in einem pointierten, nie überdrehten Parlando-Ton notiert, als feile er an einer ans Amt für Schriftstellererfolg gerichteten Beschwerdeschrift. Es ist hinreißend, wie waghalsig hier einer mit Fiktion und Exhibitionismus jongliert. Das schönste, seltsame Wunder dieses Buchs aber bewirkt, dass einem der paranoide, glücklich verzweifelte Held nicht bloß die Lachtränen in die Augenwinkel treibt, nein: Er wächst einem wirklich ans Herz." Wolfgang Höbel, Der Spiegel, 41/2007 "Thomas Glavinic ist sicherlich eine der Entdeckungen des Jahres. ... Sein Roman 'Das bin doch ich' war der mit Abstand ungewöhnlichste Schmöker auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis." Brigitte Helbling, Welt am Sonntag, 11.11.07