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Ein Mann schreibt einen Roman. Der Mann heißt Thomas Glavinic, der Roman heißt Die Arbeit der Nacht und der Mann will das, was alle wollen: Erfolg. Er will einen Verlag, einen Preis, Geld. Was er hat, ist ein Manuskript, eine Literaturagentin, Kopfschmerzen und leider zumeist unerträgliche Mitmenschen. Und er hat auch einen netten Freund, der selbst einen Roman geschrieben hat, dessen Verkaufszahlen die Mutter unseres Autors zu dem Aufschrei bringen:"Wann schreibst du denn mal so was?"Mit vollendetem Realismus und aberwitziger Komik spielt Thomas Glavinic ein Spiel mit der Wirklichkeit und ihrer Verdopplung - ein seltenes, ungewöhnliches Lesevergnügen.…mehr

Produktbeschreibung
Ein Mann schreibt einen Roman. Der Mann heißt Thomas Glavinic, der Roman heißt Die Arbeit der Nacht und der Mann will das, was alle wollen: Erfolg. Er will einen Verlag, einen Preis, Geld. Was er hat, ist ein Manuskript, eine Literaturagentin, Kopfschmerzen und leider zumeist unerträgliche Mitmenschen. Und er hat auch einen netten Freund, der selbst einen Roman geschrieben hat, dessen Verkaufszahlen die Mutter unseres Autors zu dem Aufschrei bringen:"Wann schreibst du denn mal so was?"Mit vollendetem Realismus und aberwitziger Komik spielt Thomas Glavinic ein Spiel mit der Wirklichkeit und ihrer Verdopplung - ein seltenes, ungewöhnliches Lesevergnügen.
Autorenporträt
Thomas Glavinic wurde 1972 in Graz geboren. 1998 erschien sein Debüt Carl Haffners Liebe zum Unentschieden. Es folgten u.a. Die Arbeit der Nacht (2006), Das bin doch ich (2007), Das Leben der Wünsche (2009) und Das größere Wunder (2013). Seine Romane Der Kameramörder (2001) und Wie man leben soll (2004) wurden fürs Kino verfilmt. Thomas Glavinic erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen, zuletzt den Literaturpreis des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft. Seine Romane sind in 18 Sprachen übersetzt. Er lebt in Wien.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.09.2007

Das Ich im Kreise seiner Teufel

Verschickt Daniel Kehlmann wirklich seine neuesten Verkaufszahlen per SMS? Der Roman seines Wiener Kollegen Thomas Glavinic scheint nur auf den ersten Blick nicht mehr als eine Satire auf den Literaturbetrieb zu sein.

Von Richard Kämmerlings

Was wäre noch langweiliger als ein Betriebsroman? Vielleicht eine Betriebsanleitung. Eine Satire über den Literaturbetrieb ist so ziemlich das uninteressanteste Vorhaben, das sich ein Autor vornehmen kann. Die Frage, wer mit wem wo und wie lange versackt ist, welcher weltbekannte Autor oder welcher immerhin stadtbekannte Kritiker sich nach der Lesung und dem zehnten Gläschen Wein danebenbenommen hat oder mit der Pressedame ins Hotel verschwunden ist - die dürfte in diesem Land bestenfalls einige hundert Seelen beschäftigen: nämlich genau jene Handvoll Journalisten, Verlagsangestellte, Agenten, Literaturhausprogrammleiter und Dichter, die hoffen könnten, zumindest als Randfigur selbst in einem solchen Buch aufzutreten.

Thomas Glavinic hat einen Roman über den Literaturbetrieb geschrieben. Es ist ein überaus kluges, komisches, interessantes, kurz: lesenswertes Buch. Wie kann das sein? Entweder ist der Leser selbst Teil des Betriebs und damit gespannt, ob er vielleicht selbst verkommt oder wenigstens eine ihm persönlich bekannte Person. Oder es geht in Wahrheit gar nicht in erster Linie um Literatur. Beziehungsweise: Es geht nur um Literatur - und nicht etwa um die Wirklichkeit.

Der Ich-Erzähler des Romans "Das bin doch ich" ist ein Schriftsteller namens Thomas Glavinic, der gerade das Manuskript seines neuen Romans "Die Arbeit der Nacht" vollendet hat (wie die meisten biographischen Details entspricht das den Fakten, F.A.Z. vom 4. Oktober 2006). Er steckt mitten in jener postnatalen Depression, die Autoren häufig befällt, wenn das Werk vollbracht, aber noch nicht auf der Welt ist, ja, noch nicht einmal ein Verlag gefunden ist. Seine Familie - er hat mit seiner geduldigen Partnerin Else einen zwanzig Monate alten Sohn - ist das erste, aber nicht das einzige Opfer seiner Launen. Dieser Glavinic ist hypochondrisch und neurotisch, misanthrop und larmoyant und checkt fünfmal in der Stunde seine Mails in der Hoffnung auf eine erlösende Nachricht seiner Agentin. Seinen Tag (und oft auch die Nacht) verbringt er mit ungesundem Essen, noch ungesünderem Trinken, stundenlangem Computerspielen und dem Besuch von Literaturveranstaltungen erfolgreicher internationaler Kollegen, bei denen er sich dann hemmungslos volllaufen lässt und danebenbenimmt: ein Porträt des Künstlers als junges Wrack.

Vor allem aber ist Glavinic neidisch. Er ist befreundet mit Daniel Kehlmann, dessen Roman "Die Vermessung der Welt" just zu dieser Zeit die Bestsellerlisten erobert: Per SMS gibt der Kollege die immer phantastischer werdenden Verkaufszahlen seines Romans und weitere Beweise stetig wachsender Berühmtheit durch. Als ein Kritiker schreibt, Kehlmann sei "der beste Autor seiner Generation", durchzuckt Glavinic der Gedanke: "Das bin doch ich", nicht ohne sich gleich über seine Missgunst zu grämen. Es gibt eine Menge solcher Motive, die zu selbstironischen running gags werden, was das Buch mit fortschreitender Lektüre immer vergnüglicher macht. Dem aus dem Ruder laufenden Schriftstelleralltag gewinnt Glavinic eine Nummernrevue von satirischen Szenen ab, sei es eine Lesung des "größten Starautors der westlichen Welt" (gemeint ist wohl Jonathan Franzen), ein Mittagessen mit dem bodenständigen österreichischen Fußballidol Herbert Prohaska oder eine quälende Familienfeier im Dorfgasthof in der Steiermark.

Das Verfahren, das dem Autor zum Verwechseln ähnliche Ich mit der Fiktion so zu verklappen, dass nicht nur die Erzählung wie ein Bericht aus dem Leben wirkt, sondern auch der reale Autor umgekehrt wie eine Kunstfigur, hat Glavinic natürlich nicht erfunden, sondern Pop-Autoren wie Lottmann, Goetz oder Stuckrad-Barre abgelesen. Auch Lottmanns stil- und genrebildendes Buch "Mai, Juni, Juli" erzählt ja von den Nöten eines Autors (allerdings während und nicht nach der literarischen Arbeit). Ego-Morphing, so könnte man diese Verzerrungsstrategien auch nennen, in der der Schriftsteller sich selbst als Stadtneurotiker und lächerliche, infantile Figur präsentiert, die schon am Reifenwechsel scheitert. Doch verbergen sich unter dieser pseudodokumentarischen Oberfläche gehaltvollere Erzählschichten.

Die neue Arbeit der Nacht.

Denn das Buch im Buch, um das es hier geht und dessen Inhalt nur ganz dürftig und wie nebenbei referiert wird, Glavinics unheimlicher und spannender realer Vorgängerroman "Die Arbeit der Nacht" nämlich, erzählt von einem Mann namens Jonas, der eines Morgens in seiner Wiener Wohnung aufwacht und sich allein auf der Welt wiederfindet. Alle anderen Menschen sind verschwunden; er versucht, sich Klarheit über seine Lage zu verschaffen, durchrast erst die Stadt, dann das Land und schließlich den Kontinent auf der Suche nach Hinweisen und Lebenszeichen. Dann aber geschehen Dinge, die er sich nur durch die Anwesenheit anderer Menschen erklären kann. Doch nach und nach stellt sich heraus, dass er selbst, im Schlaf, verrückte, sogar selbstzerstörerische Dinge tut, von denen er später nichts mehr weiß - die "Arbeit der Nacht" eben.

Auch "Das bin doch ich" stellt die Frage nach der Identität, und zwar doppelt - auf der poetologischen Ebene als Verrätselung des Autorsubjekts, aber auch in der Persönlichkeitspaltung der Figur: Ganz wie Jonas arbeitet sein Autor Glavinic gegen sich selbst. Wie der mysteriöse "Schläfer" hinter dem Rücken des wachen, rationalen Bewusstseins die leere Autobahn wieder in die Gegenrichtung zurückfährt, so hat der ehrgeizige Schriftsteller Angst, er könnte nachts im Suff irgendwelchen Kritikern Hassmails schreiben und damit seine Chance auf den Bucherfolg selbst torpedieren. Die "Arbeit der Nacht" ist hier zur zeitvernichtenden Session mit dem Strategiespiel "Civilisation" geworden: Ich ist ein Anderer.

So hat "Das bin doch ich" hinter seiner komischen Fassade eine ernste, existentielle Substanz. Der Roman lässt sich auch lesen als kleines, durchaus boshaftes Satyrspiel zum Einsamkeitsdrama des Vorgängers; zahlreiche Parallelen oder auch Kontraste im Detail - der Alkoholmissbrauch, die Ernährungsgewohnheiten, die fast obszön-machohafte Technikfaszination von Jonas und die entsprechende Unbeholfenheit Glavinics in allen praktischen Dingen - verknüpfen die beiden Bücher. Am Ende ist "Das bin doch ich" sogar ebenfalls eine, wenn auch gut versteckte Liebeserklärung - an die Frau, die diesen Albtraum teilen muss. Wenn der Mensch mit seinen Dämonen allein wäre, wäre das Leben eine Hölle.

- Thomas Glavinic: "Das bin doch ich". Roman. Hanser Verlag, München 2007. 240 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Literaturbetriebsromane interessieren niemanden, meint der Rezensent Richard Kämmerlings, jedenfalls keinen außerhalb des Literaturbetriebs. Und auf den ersten Blick sieht Glavinics neuestes Werk ganz und gar nach einem Literaturbetriebsroman aus, steht im Zentrum doch ein Autor und Ich-Erzähler namens Glavinic, der auch noch mit einem anderen, neidvoll beäugten Autor namens Daniel Kehlmann befreundet ist. Der Roman-Glavinic kommt eher nicht so gut weg, narzisstisch und infantil wie er ist. Durch diese Oberfläche freilich dürfe man sich, warnt Kämmerlings, nicht täuschen lassen, denn es geht darunter um ernstere Dinge als bloß den Literaturbetrieb. Um Fragen der Identität nämlich und die Angst vor der Persönlichkeitsspaltung. Das ist dann die unheimliche Unterseite eines komischen Romans, den der Rezensent offenkundig sehr gerne gelesen hat.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Eine lesenswerte Höllenfahrt durch die Abgründe der Alltagswelt." Alexander Cammann, Die taz, 22.09.07 "So ein Buch gehört sich eigentlich nicht. Ein Roman über den Literaturbetrieb, der sich und seine Leser in den lakonischen Irrwitz treibt. Wer es liest, hat über Stunden hin zu lachen." Ursula März, Die Zeit, 20.09.07 "Eine furiose Egomanie. Auf komischste Art doppelt gemoppelt ist das Buch des jungen österreichischen Schriftstellers. Es handelt von den Leiden eines Schreibenden, von der Sehnsucht nach öffentlicher Wahrnehmung und den Zumutzungen durch ihre Protagonisten, ohne deshalb eine Literaturbetriebssatire zu sein. Das könnte banal sein, wäre da nicht Glavinics virtuoser Umgang mit dem Komischen." Paul Jandl, Neue Zürcher Zeitung, 12.09.07 "Ein überaus kluges, komisches, interessantes, kurz: lesenswertes Buch." Richard Kämmerlings, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 01.09.07 "Ein kurzweiliger, komischer und durchgeknallter Roman, der tiefe Einblicke in die komplexe Psyche eines jungen, aber nicht unerfahrenen Schriftstellers verschafft." Gerrit Bartels, Der Tagesspiegel, 23.08.07 "Humor ist schwer. Selbstironie vielleicht noch schwerer. Glavinic beherrscht dieses Metier." Daniela Strigl, Der Standard, 18.08.07 "Thomas Glavinic gelingt das seltene Kunststück, eine halbfiktive Figur auf der Grundlage seines eigenen, eher durchschnittlichen Lebens zum Hanswurst zu machen und dabei stilistisch auf hohem Niveau zu operieren." Kolja Mensing, Deutschlandradio, 21.08.07 "Die Kunst dieses Romans besteht darin, dass all das so flüssig, leicht und komisch bis zum bitteren Ende heruntererzählt ist. Und dazu komplett selbstironisch. Denn der Teufel steckt vor allem in Glavinic selbst." Gerrit Bartels, Der Tagesspiegel, 23.08.07 "Natürlich macht die Lektüre auch deshalb so großen Spaß, weil man sich an den Neurosen, Überspanntheiten, Lächerlichkeiten und Liebeswürdigkeiten des Helden so ungefiltert erfreut"'Das bin doch ich' - das soll das lustigste deutschsprachige Buch dieses Herbstes sein, wie es nun werbemäßig von vielen Dächern pfeift? Stimmt genau. Der in Wien lebende Schriftsteller Thomas Glavinic, 35, hat ein gerissenes, wüstes und nicht die Bohne banales Buch geschrieben über das Saufen, das Fressen, das Reden - und die Sehnsucht nach dem Deutschen Buchpreis." Wolfgang Höbel, Der Spiegel, 41/2007 "Vielleicht ist das Erfolgsgeheimnis von Glavinic' Buch vor allem eine Frage des Taktes: Denn obwohl sein Material authentisch ist, geht er damit bei aller narzisstischen Extremität so delikat um, dass sich der Leser nie wie im Reality-TV fühlt. ... 'Das bin doch ich' ist ein psychologisch enorm gescheites Buch, das den eigenen Nabel beschaut, ohne darüber den Kopf zu verlieren." Ijoma Mangold, Süddeutsche Zeitung, 09.10.07 "Es ist große komische Kunst, wie der Autor Glavinic die Ängste, Wünsche und Neurosen seines Roman-Doppelgängers in einem pointierten, nie überdrehten Parlando-Ton notiert, als feile er an einer ans Amt für Schriftstellererfolg gerichteten Beschwerdeschrift. Es ist hinreißend, wie waghalsig hier einer mit Fiktion und Exhibitionismus jongliert. Das schönste, seltsame Wunder dieses Buchs aber bewirkt, dass einem der paranoide, glücklich verzweifelte Held nicht bloß die Lachtränen in die Augenwinkel treibt, nein: Er wächst einem wirklich ans Herz." Wolfgang Höbel, Der Spiegel, 41/2007 "Thomas Glavinic ist sicherlich eine der Entdeckungen des Jahres. ... Sein Roman 'Das bin doch ich' war der mit Abstand ungewöhnlichste Schmöker auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis." Brigitte Helbling, Welt am Sonntag, 11.11.07…mehr