„Wird deine Frau dir Fragen stellen? … Liebst du mich, Tony?“ André Despierre und Tony Falcone treffen sich regelmäßig im blauen Zimmer. Hier, im Hotel seines Bruders, findet jeden Donnerstag zur Mittagszeit das leidenschaftliche Schäferstündchen statt, dabei sind alle beide
verheiratet.
Angefangen hatte alles, als André auf der Landstraße eine Panne hatte und Tony angehalten hatte. Bereits…mehr„Wird deine Frau dir Fragen stellen? … Liebst du mich, Tony?“ André Despierre und Tony Falcone treffen sich regelmäßig im blauen Zimmer. Hier, im Hotel seines Bruders, findet jeden Donnerstag zur Mittagszeit das leidenschaftliche Schäferstündchen statt, dabei sind alle beide verheiratet.
Angefangen hatte alles, als André auf der Landstraße eine Panne hatte und Tony angehalten hatte. Bereits hier kam es schon im Straßengraben zum ersten Geschlechtskontakt. Aus dieser zufälligen Begegnung wird schnell das wöchentliche Rendezvous: ein kraftvoller Mann italienischer Herkunft und ein heißblütiges Weib. Dabei ist Tony eigentlich glücklich mit Gisèle verheiratet, die eine gute, ja ausgezeichnete Hausfrau und Mutter ist. Sie führen eine gute Ehe, doch das ist alles. Tony braucht scheinbar diese Seitensprünge. Manchmal liegt er stundenlang schlaflos neben Gisèle, überwältigt von phantastischen Träumereien. Der Gedanke an eine Scheidung ist ihm allerdings völlig fremd.
Für André, verheiratet mit Nicolas, dem Besitzer eines Dorfladens, ist die Gefühlslage eine andere, denn sie kann sich schon eher ein Leben an Tonys Seite vorstellen. Ihr Nicolas leidet an Epilepsie und jeder neue Anfall schwächt weiter seine Gesundheit und seinen Körper. Aber dann endet die Affäre plötzlich und Tony kommt auf den Boden der Tatsachen zurück. Er macht mit seiner Familie Urlaub, um über die ganze Angelegenheit zu vergessen.
Soweit so gut … aus, Schluss, vorbei. Aber nicht bei Georges Simenon, denn die Hand-lung wird von Tony in zahlreichen, vielfach geschachtelten Rückblenden in Gesprächen (Verhören) mit einem Untersuchungsrichter, einem Psychiater und einem Rechtsanwalt erzählt. Was ist passiert, fragt sich der Leser und kann nur Vermutungen über die Verhaftung anstellen. Doch Simenon versteht es geschickt, dieses Geheimnis um das blaue Zimmer nur äußerst langsam zu lüften. Mit Menschenkenntnis und Einfühlungsvermögen zeigt er, wie sich dieses Liebesabenteuer zu einer großen Tragödie entwickeln konnte.
Der psychologisch genau geschilderte Roman erschien 1964, noch im selben Jahr wurde bereits die deutsche Erstausgabe veröffentlicht. Die vorliegende Übersetzung erschien 1979 erstmals im Diogenes Verlag und wurde jetzt für die neue Edition der „Ausgewählten Romane“ noch einmal überarbeitet.