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Die Kerle in Garrison Keillors Geschichten geben sich alle Mühe, die Frauen glücklich zu machen: Sie lernen, Aquarelle zu malen und Salat zu schleudern, sensibel und monogam zu sein, sie diskutieren ganz offen über Probelme und Gefühle und Betroffenheiten, ohne Witze darüber zu machen, aber sie wissen: Nützen wird ihnen das alles nichts.

Produktbeschreibung
Die Kerle in Garrison Keillors Geschichten geben sich alle Mühe, die Frauen glücklich zu machen: Sie lernen, Aquarelle zu malen und Salat zu schleudern, sensibel und monogam zu sein, sie diskutieren ganz offen über Probelme und Gefühle und Betroffenheiten, ohne Witze darüber zu machen, aber sie wissen: Nützen wird ihnen das alles nichts.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.09.1997

Kleieflocken im Lästermaul
Giftige Heiterkeit: Garrison Keillor erbarmt sich der Männer

Manchmal schreibt Garrison Keillor, Jahrgang 1942, mit typographischen Pausenzeichen. Kein Wunder, denn bevor er Romane veröffentlichte, erlebte er Sternstunden des Erfolgs als Showmaster bei Radiostationen und weiß daher genau, wie man Pointen setzt und wann "Applaus" erwartet werden darf. Auch diese Texte haben etwas von einem mit Reizbegriffen operierenden Redestrom. Zu Wort kommen die schrägen Bekenntnisse enttäuschter Männer, die nur im heimlichen Protest oder in der bierseligen Verschwörung noch einmal gegen die feminine Dominanz zu Felde ziehen.

Zwischen Vermont, Louisiana und Minnesota erstrecken sich die Gefilde eines satirisch eingefärbten Alltagslebens, in dessen Schilderung Keillor aus ehelicher Tristesse und den Bewußtlosigkeiten des Lifestyle-Terrors groteske Effekte konstruiert. Indem er sich der Leiden des domestizierten Mannes annimmt, hat er mehr im Visier als die mickrigen Geschlechterkämpfe der Mittelklasse, die abgestandenen Träume der Underdogs und die im Vorstadtkonformismus erstickten Sehnsüchte der verhinderten Abenteurer. Im Zentrum der Keillorschen Welt stehen die Frauen. Sie sind es, die hier den moralinsauren Duft der political correctness über das Land verbreiten. Starke Mütter und resolute Vertreterinnen trivialer Lebenshilfe verkörpern ein System, das gleichzeitig seinen Leidensdruck und die dazugehörigen therapeutischen Prozeduren hervorbringt. Wie man denken muß - natürlich "positiv" -, ist ebenso klar festgelegt wie die Zuversicht unerschüttert, daß sich psychische Probleme durch Änderung der Eßgewohnheiten oder durch die Teilnahme an Tagungen über "das Gebären unseres Selbstbewußtseins im Zustand des Wohlbefindens" beheben lassen. Oft genügt Keillor ein skurriler Einfall, um die intrikate Mischung von Verklemmung und Optimismus in ihrer südstaatlichen oder neuenglischen Variante zu entlarven. Die Floskel vom "Unitarierkloster in New Hampshire" ruft das Bild geduckter ,Machos' herauf, die nun Kleieflocken essen, Kirschkuchen backen und sich - ohne Rücksicht auf die Nöte des Nächsten - für alle bedrückten Minderheiten in der weiten Welt einsetzen.

Der Satiriker, der nicht mehr wie im Radio "ständig durch Werbespots für Hämorrhoidensalbe" unterbrochen wird, inszeniert den trivialen Klamauk, kennt alle Tricks, wie man parodistisch das gängige Gerede ineinander montiert, verfügt aber auch über die hintergründigen Schreibweisen fabulierlustiger Mythentravestie. Im undurchschauten Unsinn entdeckt er die tieferen Brüche und Kontinuitäten der nordamerikanischen Geschichte. Ob im Fernsehstudio, im Büro oder im komfortablen Wohnzimmer, überall schnurren hier die Rädchen einer gewaltigen Maschine, die Wohlbefinden erzeugen will, indem man einem Komitee zur Rettung von "Tauben Nüssen" beitritt oder sein schlechtes Gewissen dadurch besänftigt, daß nur noch die Brühe aus freilaufenden Hühnern im Topf brodelt.

Garrison Keillor läßt sich nicht auf eine bestimmte Spielart der Kulturkritik festlegen. Er sammelt genießerisch Absurditäten und kondensiert aus seinen Beobachtungen treffsichere Anekdoten, die Heiterkeit noch in der verhaltenen Wut erzeugen und die Entlastungen des Lachens gewähren, weil sie die Hoffnung auf Änderung längst hinter sich gelassen haben. Das Buch präsentiert sich als in Schrift gegossene gigantische Comedy-Show. Daß die Pointen auch hierzulande ankommen, ist der Übersetzerin zu verdanken. Sie entfaltet die verblüffendsten Nuancen des Jargons und findet alle sprachlichen Varianten, in denen die aufgespießte Normalität des Grotesken auch im Deutschen komisch erscheint. So hilft das Buch gegen Depressionen, denn mit vergnüglichem Ingrimm verbreitet es Rezepte, wie man glücklich wird und sein "Hinterteil findet, ohne beide Hände zu benutzen". WILHELM KÜHLMANN

Garrison Keillor: "Das Buch der Kerle". Aus dem Amerikanischen übersetzt von Angelika Kaps. Paul Zsolnay Verlag, Wien 1997. 345 S., geb., 39,80 DM.

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